Himmels-Taler
Feld-Wald-und-Wiesen-Wesen, genau wie er selbst in seiner gegenwärtigen Verkleidung. Manche davon wirkten dennoch sehr ungewöhnlich, beispielsweise der geflügelte Zombiedrache und das Greifskelett aus dem Kürbis. Es war ein beeindruckender Anblick.
Schließlich war es Zeit für die eigentliche Hochzeit. Die Ungeheuer bildeten einen großen Kreis, und eine seltene geflügelte Meerjungfrau sang ein Sololied von solcher Schönheit und Wehmut, daß so ziemlich alle anwesenden Ungeheuer sich am liebsten ins stürmische Meer gestürzt hätten, während Dolph einen schrecklichen Anfall von Bedauern darüber erlitt, daß er die Meerfrau Mela zurückgelassen hatte. Ihm fiel ein, daß alle Meerjungfrauen von Sirenen abstammen mußten, und alle konnten sie sehr betörend singen, wenn sie wollten. Die Mutter dieses Exemplars mußte offenbar ein Flügelwesen betört haben, so daß als Ergebnis diese Kreuzung herausgekommen war, die noch als Flügelungeheuer durchging. Jedenfalls wirke sie äußerst bezaubernd!
Dann flog die Meerjungfrau zu einem großen Wasserbehälter, den man für sie bereitgestellt hatte, weil es ihrem Schwanz unlieb war, wenn er austrocknete; offensichtlich besaß sie zwar Flügel, verfügte aber nicht über die Fähigkeit, aus ihrer Schwanzflosse Beine zu machen. Das war bedauerlich. »Und nun der Simurgh«, flüsterte Draco. »Sei bloß still.«
Dolph war erstaunt. Er hatte dieses weibliche Wesen im Webteppich gehört. Es war der älteste und weiseste aller Vögel, so alt, daß er schon dreimal die Zerstörung und die Wiedererneuerung des Universums mitangesehen hatte. Der Simurgh saß auf einem Ast vom Samenbaum auf dem Berg Parnaß, und er bestimmte, wo all die Samen hinkamen. Dolphs Mutter besaß viele seltene und wunderbare Samen, die ihr vom Simurgh geschenkt worden waren, aber noch nie hatte er davon gehört, daß der große Vogel einem gesellschaftlichen Ereignis beigewohnt hätte.
Erwartungsvoll schwiegen die Ungeheuer, nicht das leiseste Knurren störte die Stille. Alle Augen waren auf eine riesige hölzerne Sitzstange gerichtet, die man auf einer Seite der Lichtung aufgebaut hatte. Sie bestand aus mehreren dicken Baumstämmen, die mit Gewirrbaumtentakeln zusammengebunden waren.
Im Süden erschien ein leuchtender Vogel von der Größe eines Rokh, so schnell und sicher war sein Flügelschlag, daß es keinen Zweifel daran gab, daß er wußte, wohin er flog. Die Federn des weiblichen Ungeheuers sahen wie Schleier aus Licht und Schatten aus. Der Kopf schien von Feuer gekrönt zu sein, so schillernd funkelte er. Es war der prächtigste Vogel, von dem Dolph je hätte träumen können. Er war weiblichen Geschlechts, und Dolph hatte ihr Bild zwar bereits im Webteppich gesehen, aber die Wirklichkeit war noch viel überwältigender. Es lag nicht allein an der Größe und an der Farbe, der Simurgh besaß eine Präsenz , die immer deutlicher zu spüren war, je näher er kam.
Sauber setzte sie auf der Landestange auf, die, ebenso wie das ganze Plateau, zu beben begann. Dann legte sie die phänomenalen Flügel an, entspannte sich und blickte um sich. Ihr Blick schien jedes der anwesenden Ungeheuer persönlich zu berühren, und alle senkten respektvoll den Kopf. Selbst Dolph wurde von ihm getroffen: Obwohl er eine der winzigsten Kreaturen hier war, verloren inmitten der Ungeheuerschar, sah sie ihn doch.
WAS TUST DU HIER, PRINZ DOLPH? fragte sie ihn im Geist. DU BIST DOCH GAR KEIN UNGEHEUER!
Sie erkannte ihn! Sie wußte, daß er hier unberechtigterweise eingedrungen war! Dolph wollte antworten, doch mit ihren mächtigen Gedanken brachte sie ihn sofort zum Schweigen. DAS WAR NUR RHETORISCH GEFRAGT, GUTES KIND. BERUHIGE DICH UND LERNE.
Dann wandte sie einem anderen Wesen ihre Aufmerksamkeit zu, und er konnte sich entspannen. Welch eine Erfahrung! Der Simurgh hatte ihn inmitten der Menge sofort erspäht und gleich durchschaut. Er begriff, daß sie mit einem Blick nicht nur ihm, sondern auch alle anderen Wesen erkannt hatte.
FAHRT FORT, dachte sie und schickte den Gedanken an die ganze Versammlung.
Nun erschien zum ersten Mal der Bräutigam: Cheiron Zentaur, ein stattlicher Zentaurenhengst mit großen, angelegten Silberschwingen und goldenen Hufen. Seine Mähne war säuberlich gestriegelt, ebenso sein Schweif; jedes Haar lag an seinem Platz. Sowohl sein menschlicher als auch sein pferdischer Teil war muskulös. Langsam schritt er erst auf die Zentaurin zu, dann drehte er sich um, um sich vor dem Simurgh
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