Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Himmels-Taler

Titel: Himmels-Taler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
Antwort hatte sich aus der Frage selbst ergeben. Sie mußte einfach jünger erscheinen. So hatte sie das Benehmen und Aussehen einer Achtjährigen angenommen. In ihren drei Formen hatte sie schon immer lieblich ausgesehen, sie mußte nur ihre menschliche Gestalt ein wenig zurückentwickeln. Sie war erst in den vergangenen beiden Jahren richtig frauenhaft geworden, so daß es ihr nicht schwerfiel, diesen Prozeß umzukehren. In einer Hinsicht war sie allerdings ein Kind geblieben: Sie hatte noch nicht das Geheimnis des Storches entdeckt. Vor etwa einem Jahr war sie in dieser Sache zum König gekommen und hatte gesagt: »Jetzt bin ich erwachsen; sieh mal, mein Körper ist voll entwickelt. Sage mir, wie man den Storch ruft.« Doch ihr Vater hatte das Thema gewechselt, was sie als einen Vertrauensmißbrauch betrachtet hatte. Es war einfach ungerecht vom König, sie immer noch als Kind anzusehen, wo sie doch schon dreizehn, ja, jetzt sogar vierzehn war. Doch nun war sie ganz froh darüber, daß sie die Rolle eines wirklichen Kindes spielen mußte. Sie hatte sogar daran gedacht zu vergessen, wie man küßte; sie fand, daß das ein recht netter, raffinierter Zug gewesen war.
    So hatte Prinz Dolph keinen Verdacht geschöpft, und sie kamen gut miteinander aus. Sie würde zufrieden sein, wenn er nie die Wahrheit erfuhr, und nie würde sie ihm offenbaren, wieviel mehr sie doch wußte als er. Für das Wohlergehen ihres Volks wollte sie alles tun. Der Verlust ihres persönlichen Glücks war ein kleiner Preis verglichen mit dieser Ehre.
    Doch sie wünschte sich, daß sie nie auf diese Insel des Essens gestoßen wären! Die anderen Inseln waren schon schlimm genug gewesen; sie hatte ihr Entsetzen nicht erst spielen müssen, als das häßliche Gespenst sie bedrohte, oder als sie die Krakin im Meer ausgemacht hatte. Vorsicht hatte sie nur ganz zu Anfang walten lassen, als sie nämlich Mark Knochen aus der Hand der Kobolde befreiten. Sie hatte erst in den vergangenen drei Jahren Musikinstrumente zu spielen gelernt und konnte weitaus besser spielen als jede Achtjährige. Doch es war dringend erforderlich gewesen, daß sie auf der Flötenwinde spielte, und so hatte sie es riskiert, gut darauf zu spielen, im Vertrauen, daß der Prinz nicht wissen würde, wieviel Können das in Wirklichkeit verlangte. Der Rest war leicht gewesen: die entzückten Rufe und Schreie, als sie in die Lüfte entschwebten, und so weiter. Es machte Spaß, wieder jung zu sein, vor allem zusammen mit Dolph, der ein netter Junge war. Sie könnte seine Freundin sein und würde später seine Frau werden, obwohl sie ihn natürlich niemals lieben würde. Dazu war er einfach zu jung. Wenn er erst einmal alt genug dafür geworden war, würde sie zu alt sein. Nicht daß es eine Rolle spielte: Ihr Vater hatte ihr erklärt, daß in einer Zweckehe die Liebe keine Rolle spielte und daß königliche Ehen selten darauf Rücksicht nahmen.
    »He! Gold!«
    Dolphs Ruf riß Nada aus ihren Gedanken. Sie blickte sich um. Tatsächlich, die Landschaft war golden geworden.
    »Das muß die Goldküste sein«, bemerkte Mark. »Hier ist fast alles aus Gold. Wir müssen uns ein Stück landeinwärts begeben, um sie zu umgehen und um Nahrung für euch zu finden.«
    »Aber diese Äpfel dort sehen doch gut aus!« rief Dolph und glitt zu einem goldenen Baum hinüber, an dem drei leuchtende goldene Äpfel hingen.
    »Ich glaube nicht, daß du die Äpfel versuchen solltest«, sagte Mark und trieb sie alle weiter.
    Sie stießen ins Binnenland vor, und die goldene Vegetation verschwand. Natürlich riskierten sie auf diese Weise, daß sie möglicherweise eine weitere Insel vor der Goldküste verpaßten, aber das ließ sich nicht ändern.
    Am Abend teilten sich Nada und Dolph eine Eintopfpastete von einem Pastetenbaum, mehr Appetit hatten sie nicht. Sie wuschen sich in einem kleinen Bach, sogar hinter den Ohren, wenn auch unter Protest. Nada erinnerte sich noch daran, wie sie diese Waschzeremonien als Kind gehaßt hatte, und so haßte sie sie natürlich auch wieder, um ihre Rolle zu wahren.
    Dann verwandelten Mark und Grazi sich wieder in Hütten, und Nada und Dolph legten sich zur Nacht nieder. Diese Knochenbauten waren erstaunlich bequem, weil sie die Luft filterten und eine gleichmäßige Temperatur bewahrten, und sicher waren sie auch – kein feindliches Wesen konnte dort eindringen. Die Skelette waren ebensolche Gestaltwandler wie alle anderen Kreaturen, wenn sie auch Skelette blieben. Prinz Dolph

Weitere Kostenlose Bücher