Himmels-Taler
könnte mit ihm ein paar Knochen rupfen, aber…«
»Knochen rupfen? Soll das heißen, daß ihr Streit habt?«
»Ganz und gar nicht! Das ist unsere Methode, uns in dem zu vereinen, was du wohl Ehe nennen würdest. Knochen herausrupfen und ein Babyskelett daraus machen. Aber natürlich bin ich seiner unwürdig, denn ich bin eine Ausgestoßene, und so darf ich das Thema gar nicht ansprechen.«
»Aber es ist doch offensichtlich, daß Mark dich mag, und ihr beide arbeitet so gut zusammen«, wandte Nada ein. »Dieses Segelboot…«
»Aber würde er mich noch mögen, wenn er von meinem Verbrechen wüßte?«
»Es war doch gar kein Verbrechen!« widersprach Nada.
»Nein, es war ein Verrat an meiner Art, genau wie der Troll seine Art verraten hat.«
»Aber das ist doch Unsinn!«
»Vielleicht nach deinen Maßstäben. Aber Mark ist auch ein Gerippe. Wie würde er wohl die Sache sehen?«
Darauf wußte Nada nichts zu erwidern. Nach einem kurzen Moment des Schweigens begann sie, ihren Kummer zu beichten. »Und deshalb weine ich um das Glück, das ich niemals haben werde«, schloß sie. »Mein Traum, einen stattlichen und magischen Prinzen zu heiraten, wird zwar Wirklichkeit werden, aber die wahre Liebe werde ich niemals finden.«
»Nur weil er jünger ist als du? Das verstehe ich nicht.«
»Das Mädchen soll immer jünger sein als der Junge. Ich könnte nur einen älteren Prinzen lieben.«
»Aber das ist doch Unsinn!«
Nada lächelte voller Tränen. »Vielleicht nach deinen Maßstäben. Aber ich bin überzeugt, daß Prinz Dolph entsetzt wäre, wenn er davon erführe.«
Grazi überlegte eine Weile. »Mußt du ihm denn dein Alter mitteilen?«
»Das brauche ich eigentlich nicht zu tun! Ich werde seine Erwartungen in jeder Hinsicht erfüllen, also wird er glücklich sein. Mein eigener Kummer aber darf nicht bekannt werden.«
»Ich habe dir ja schon versichert, daß ich dein Geheimnis wahren werde, aber ich verstehe immer noch nicht, weshalb der Altersunterschied von Wichtigkeit sein sollte.«
»Wenn Dolph davon erführe, würde er unsere Verlobung lösen und mein Volk wäre verloren.«
»Wir beide sind wirklich sehr verschieden!«
»Warum erzählst du denn Mark nicht, wie du empfindest? Er würde mit Sicherheit gern einen Knochen mit dir rupfen.«
»Dann müßte ich ihm aber zuerst von meinem Verbrechen erzählen, und danach würde er mich verachten.«
»Wir sind wirklich verschieden«, bestätigte Nada. »Aber ich glaube, wir haben sehr ähnliche Probleme. Wir müssen jene täuschen, denen wir am nächsten stehen.« Mit diesen Worten schlief sie ein.
Am nächsten Tag gelangten sie in einen Wald und wurden von vielen lieblichen Wesen umringt, deren Schönheit allerdings durch einen tierischen Zug gestört wurde. Die meisten von ihnen waren hübsche junge Frauen, in Weiß gekleidet und mit langem hellen Haar. Doch manche besaßen Hundepfoten oder Bussardfedern, gelegentlich auch einen Schlangenschwanz. Alle trugen Bögen, deren Sehnen gespannt waren, die Pfeile auf sie gerichtet. »Halt, Eindringlinge!« rief ihr Anführer, ein stattlicher junger Menschenmann, der allerdings Entenfüße hatte. »Weist euch aus!«
Da es Dolphs Queste war, ergriff er das Wort. »Ich bin Prinz Dolph von den Menschen, und das hier ist Prinzessin Nada von den Naga, Mark und Grazi vom Kürbis. Wer seid Ihr, und warum haltet Ihr uns auf?«
»Wir sind die Feen, und ich bin Gunter Ganter, und wir haben vor, uns mit euch zu paaren, um unsere aussterbende Art aufzufrischen. Dazu darf sich jeder von euch unter uns einen Partner aussuchen.«
Dolph lächelte. »Das können wir nicht tun. Nada und ich sind verlobt, und…«
»Das hat für uns keine Bedeutung. Wen ihr auch aussucht, er wird für immer euer Partner sein, und mit diesem werdet ihr euch den Rest eures Lebens paaren. Und nun wählt.«
»Und wir sind auch erst neun beziehungsweise acht Jahre alt«, schloß Dolph. »Wir könnten uns nicht einmal mit euch paaren, wenn wir wollten. Wir wissen noch nicht, wie man den Storch ruft. Und was die Skelette angeht, so gehören sie nicht zu eurer Art.«
»Euer Alter und eure Art spielen keine Rolle«, erwiderte Ganter. »Dann werden wir euch eben einfach solange bei uns behalten, bis ihr im entsprechenden Alter seid, um euch dann zu zeigen, wie man den Storch ruft. Wir werden Gestalten annehmen, die sich mit den Skeletten paaren können. Unsere Fähigkeit zur Verwandlung ist zwar begrenzt, hierfür genügt sie aber. Wählt!«
Dolph
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