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Himmelsbett - Neue schwedische Liebesgeschichten

Himmelsbett - Neue schwedische Liebesgeschichten

Titel: Himmelsbett - Neue schwedische Liebesgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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scheu.
»Bist du jetzt gesund?« fragte er.
»Gesund, aber noch krank geschrieben. Jetzt überlege ich nur
noch, ob ich eine oder zwei Wochen länger bleiben soll.«
»Wo arbeitest du?«
»Ich bin Kellnerin in Norrköping. Und du? Ach ja, du wolltest
ja Förster werden. Wie heißt du übrigens?«
»Sten.«
»Süß.«
»Nein, beschissen.«
Ich mochte nicht protestieren. Er fuhr fort.
»Du bist die erste, mit der ich hier auf der Insel spreche. Es ist
schwer zu wissen, wo man anfangen soll.«
Wir waren bei dem ersten japanischen Trawler angekommen.
Man hatte zwei Scheinwerfer auf das rostfarbene Schleppnetz
gerichtet, das achtern an einem Kran aufgehängt war. Aber das
ganze Schiff war von unzähligen Lampen erleuchtet, wie in
einem Theater, wir konnten genau in die Kajüten hineinsehen, in
denen kleine Japaner, alle in weißen Unterhemden, entweder
Karten spielten oder in ihren Kojen lagen und lasen oder an die
Decke starrten. In der Pantry goß der Koch Wasser in einen
Topf. Er beugte sich hinunter und sprach mit jemandem, der
offensichtlich auf dem Boden saß. Eine Frau? Eine Hand wurde
zu ihm hochgestreckt, verschwand aber wieder.
Draußen an Deck standen drei Japaner an die Reling gelehnt.
Einer von ihnen, der eine weiße Mütze mit einem langen Schirm
auf dem Kopf hatte, beugte sich vor und rief uns:
»English?«
»Swedish«, antwortete ich. »Sweden, Norrköping.« Der Mann
fing an zu lachen und sich auf den Bauch zu klatschen.
»Vögeln«, rief er in völlig verständlichem Schwedisch, beinahe
in Göteborgsdialekt, und er lächelte über das ganze Gesicht.
Was soll man darauf antworten? Ich suchte nach einer pas
senden Erwiderung, aber Sten kam mir zuvor.
»Wo kommst du her?« fragte er ruhig und bestimmt, und sei
nem Englisch war anzumerken, daß er das Abitur hatte.
»Aus Muttis kleinem Loch«, antwortete der Japaner und führte
sich auf wie ein echter Schwede von der Westküste.
»Geh zum Teufel«, sagte Sten, und es klang bedeutend schär
fer, als ich von ihm je erwartet hätte.
Der Japaner zeigte auf mich.
»Ist das deine Frau? Sie ist hübsch. Küß sie.«
Nein, jetzt war es wirklich genug mit dem Kontakt ݟber die
Grenzen hinweg‹. Ich nahm Stens Arm, aber er blieb stehen und
hatte offenbar keine Lust zu gehen.
»Mach so«, sagte der Japaner.
Er nahm seine Mütze und setzte sie einem seiner Kameraden
auf den Kopf, der nicht älter als zwölf aussah, aber bestimmt
fünfzig war.
»Guck mal.«
Er kitzelte den Kameraden unterm Kinn, beugte sich dann
vor und küßte ihn auf den Hals, es war ein langer, bohrender
Kuß, während er mit der einen Hand in den doppelt gefalteten
Hosenlatz des anderen hineinfuhr. Dieser machte zuerst einen
Anlauf, ihn zu bremsen, hielt aber dann still, leicht kichernd.
»Was spüre ich denn da, oho, oho. Was habe ich denn da in
der Hose zu fassen?«
Ohne ein Wort drehten Sten und ich uns um, wir gingen zu
rück, und ich schloß schneller an seiner Seite auf.
»Kommt her, kommt zurück«, schrie der Japaner uns nach. »Ich will sie küssen, bürsten. Die ganze Nacht. Komm her mit
ihr.«
Ohne zu antworten, gingen wir zurück.
Erst nach einer Weile hatten wir uns genügend gefangen, um
wieder miteinander sprechen zu können.
»Jetzt würde eine Erfrischung guttun«, sagte Sten. »Eine Li
monade.«
»Einverstanden.«
Wir gingen an einer neuen Gruppe von Japanern vorbei, die
mit einer Spanierin sprachen. Sie streckte sich vor und schien den
Abstand zwischen ihren Knien und Hüften nachzumessen, und
dann hielt sie die Hände hoch wie ein Sportangler.
»Es würde mich interessieren, wie es auf einem japanischen
Schiff aussieht, am Tage, meine ich«, sagte ich. »Sie sollen so
schicke Küchengeräte haben.«
»Du scheinst gutem Essen nicht abgeneigt zu sein.«
»Stimmt. Hast du die alte Markthalle hier unten im Hafenvier
tel gesehen? Man bekommt solchen Appetit, wenn man sieht,
was es alles gibt.«
Wir waren schon an dem niedrigen Zollhäuschen angelangt.
Sten blieb stehen. Er sah mich etwas unschlüssig an.
»Du bist vielleicht müde?«
»Ich überhaupt nicht. Ich mache alles mit. Fast alles.«
»Es ist erst zehn Uhr. Wir könnten in einen Nachtklub gehen,
zum Beispiel.«
»Fangen wir mit einer Bar an.«
Ein Weilchen später saßen wir in einem Straßencafe am
Markt, an einem wackligen Tisch unter einem hohen Baum, der
von einer Lampengirlande angestrahlt wurde. Wir hatten rasch
ein paar Cognacs in uns hineingekippt, und ich fühlte mich schön

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