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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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du die Wärter?«
    »Du kannst sie nennen, wie du willst. Ich habe Pepe trotzdem erkannt.«
    Geraldine gab keine Antwort. Laura stellte es mit Befriedigung fest. Offenbar begriff ihre Freundin endlich, dass die Täuschungsmanöver nicht mehr verfingen. Während Geraldine ihr Taschentuch hervorholte, um sich die Nase zu putzen, tastete Laura mit den Augen das Zimmer ab. Es musste doch irgendeinen Anhalt dafür geben, was sie hier die ganze Zeit getrieben hatte.
    Plötzlich zuckte sie zusammen.
    Auf der Marmorplatte ihres Nachttischs lag eine Puppe: Sie war aus rotem Stoff und hatte grüne Wollhaare. Wie ein böses Gift kehrte die Erinnerung zurück und machte sie so traurig, als hätte ihr Herz aufgehört zu schlagen.
    »Harry war hier«, sagte sie. »Es war ein schlimmer Besuch.«
    »Harry?«, wiederholte Geraldine.
    »Stell dich nicht dümmer, als du bist! Du hast doch selbst dafür gesorgt, dass er kommt. Das war ja deine Überraschung. Zu meinem angeblichen Geburtstag.«
    Geraldine machte ein Gesicht, als könne sie nicht bis drei zählen. »Du meinst, Harry war hier in der Klinik?«
    »Wo denn sonst, wenn ich die ganze Zeit hier war?«
    Laura wunderte sich, wie begriffsstutzig ihre Freundin manchmal sein konnte. Erst jetzt merkte sie, dass sie vollkommen nackt war. Aber was waren das für Punkte auf ihrer Haut? Ihr ganzer Körper war davon übersä t – winzig kleine rote Punkte. Waren das Mückenstiche? Oder stammten sie von den Spritzen? Vorsichtig fasste sie sich an den Bauch. Gott sei Dank, das Kind war noch da. Obwohl sich nichts in ihrem Bauch regte, spürte sie den Klumpen ganz deutlich.
    »Harry wollte unbedingt mit mir schlafen«, sagte sie. »Er war so verrückt nach mir, dass ihm fast die Augen aus den Höhlen gesprungen sind. Aber er hat sich nicht getraut. Aus Angst vor dem Feind.«
    »Das kann nicht sein, Laura. Glaub mir! Harry ist nie hier gewesen. Das bildest du dir nur ein.«
    »Wie kannst du das behaupten? Du warst doch nicht dabei! Du sagst ja selbst, dass du ihn nicht gesehen hast. Woher willst du es dann wissen?«
    »Weil es die Wahrheit ist.«
    Geraldine streckte den Arm nach ihr aus, wollte sie berühren. Aber Laura spürte die unreine Macht, die von ihr ausging, und versteckte ihre Hände unter ihren Schenkeln. Niemand, der nicht rein war, durfte sie berühren!
    »Das kommt alles nur von diesem Teufelszeug«, sagte Geraldine, »von diesem Insulin. Das gaukelt dir irgendwelche Sachen vor, die gar nicht existieren, während du glaubst, sie wären Wirklichkeit.«
    »Unsinn, Geraldine. Harry war hier. Ich erinnere mich ganz genau.« Laura blies sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Ich wollte ihm unser Kind zeigen. Aber als ich versucht habe, es aus meinem Bauch zu holen, ist er zu Eis geworden. Außerdem hat er von mir verlangt, dass ich mich umbringe.« Als sie das erschrockene Gesicht ihrer Freundin sah, überwand sie ihre Trauer und warf Geraldine einen aufmunternden Blick zu. »Freust du dich denn gar nicht auf mein Kind? Du sollst doch seine Patentante werden.«
    Geraldine erwiderte ihren Blick mit einem Lächeln. Doch Laura spürte, wie schwer ihr dieses Lächeln fiel. Es hielt sich keine zwei Sekunden auf ihren Lippen. Dann war es tot. Wie der Klumpen in ihrem Bauch.
    »Wir müssen so bald wie möglich zurück nach England«, sagte Geraldine. »Dieses Leben bekommt dir nicht.«
    »Du willst mich zu meinen Eltern bringen?« Laura war entsetzt. »Auf gar keinen Fall!«
    »Ja natürlich zu deinen Eltern! Sie machen sich fürchterliche Sorgen. Außerde m – wohin willst du denn sonst?«
    Laura dachte fieberhaft nach, wie sie ihrer Freundin diesen Plan austreiben konnte. England war das Königreich ihres Vaters! Und ihr Vater war Lubber s – der Feind, der die Welt regierte!
    Es klopfte an der Tür.
    »Herein!«, rief Geraldine.
    Bevor Laura protestieren konnte, betrat ein Mann den Raum, den sie noch nie zuvor gesehen hatte. Er hatte grau gewelltes Haar, trug einen dunklen Straßenanzug und war ihr auf den ersten Blick sympathisch. Obwohl er mindestens so alt war wie Harry, gehörte er nicht zu den Vätern. Das erkannte sie an dem winzig kleinen Zwerg an seiner Hand, einem richtigen Däumling. Mit dem konnte man sich bestimmt über die Erwachsenen lustig machen.
    »Miss Paddington?«, fragte der Mann.
    »Ja«, sagte sie.
    Plötzlich war sie so aufgeregt, dass sie keinen weiteren Ton mehr hervorbrachte. Sie hatte nur einen Gedanken. War der Tag des großen Saubermachens gekommen?
    Mit

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