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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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enthielten sie Anordnungen des Feindes. Damit er in Ruhe die Welt regieren konnte.
    »Stecken wir sie gleich in die Wanne, oder soll sie erst unter die Dusche?«
    »Am besten, wir nehmen den Schlauch und spritzen sie ab.«
    Laura horchte auf. Meinten sie mit »Spritzen« das Zeug, das sie ihr gaben, wenn sie das Essen brachten? Das Essen war ungenießbar, sie rührte es nicht an, aber vor den Spritzen hatte sie keine Angst. Im Gegenteil. Die Spritzen beflügelten ihren Geist. Sie konnte dann Dinge sehen, die andere nicht sehen konnten. Ideen für Bilder, die sie malen würde, wenn Harry endlich Zeit hatte und sie befreite.
    »Ziehst du sie aus oder ich?«
    »Ich schlage vor, wir werfen eine Münze.«
    Jetzt hatten sie sich verraten! Eine Münze bedeutete Geld! Laura musste sich beherrschen, um sich ihren Triumph nicht anmerken zu lassen. Sie fragte sich nur, woher sie Jesús kannte. Irgendwo hatte sie sein hübsches Bauerngesicht mit den roten Wangen schon mal gesehen.
    »Kopf oder Zahl?«
    Santos warf gerade eine Münze in die Luft, da ging die Tür auf, und herein kam Harry. Im selben Moment wurde Laura bewusst, dass sie unter ihrem Umhang nackt war. Ihr ganzer Körper brannte plötzlich vor Lust. Sie sprang auf und lief auf ihn zu. Seit der Zeugung ihres Kindes hatte Harry sie nicht mehr berührt. Obwohl die Lust sie fast zerriss, begrüßte sie ihn mit einem Hofknicks, wie sie ihn für den Debütantinnenball gelernt hatte.
    »Sei willkommen, mein Erlöser.«
    Als sie sich wieder aufrichtete, erwiderte Harry ihren Blick. Trotz der dicken Brillengläser sah sie, dass seine Augen fast aus ihren Höhlen sprangen. Kein Zweifel, er war genauso erregt wie sie.
    »Komm zu mir, mein Zauberer. Ich habe dem Himmel diese Stunde für uns gestohlen.«
    Mit beiden Händen riss sie sich den Umhang vom Leib. Während seine Augen größer und größer wurden, wich Harry vor ihr zurück.
    »Rühren Sie mich nicht an!«
    »Du brauchst dich nicht zu verstellen! Ich sehe doch, wie sehr du mich begehrst!«
    »Keinen Schritt näher!«
    Harry rang sichtlich um Fassung. Dann ging ein Ruck durch seinen Körper, und er richtete seine Augen auf sie. Laura spürte ihre Kraft. So hatte ihr Vater sie immer angeschaut, wenn sie als Kind ungezogen gewesen war. Dieser Blick war eine Mauer. Es war unmöglich, ihn zu durchbrechen.
    »Ich denke, wir sollten Sie zuerst waschen«, sagte er.
    »Und dann schläfst du mit mir, mein Geliebter?«
    Traurig schüttelte er den Kopf. »Ich bin Ihr Arzt, Miss Paddington. Nicht Ihr Geliebter!«
    »Warum lügst du mich an? Glaubst du wirklich, du kannst mich täuschen?«
    »Sie sind krank. Sie brauchen Hilfe.«
    »Oder schämst du dich, weil wir Zuschauer haben? Das brauchst du nicht! Wir zwei sind unsichtbar. Nur der Himmel kann uns sehen.«
    Wieder schüttelte Harry den Kopf. »Arme, kranke Miss Paddington«, sagte er leise.
    Dabei zog er ein so schmerzliches Gesicht, dass ihr Herz sich zusammenkrampfte, und die Lust, die gerade noch in ihr gebrannt hatte, wich der abgrundtiefen Trauer, die aus seinen Augen in ihre Seele sank. Nein, Harry konnte sie nicht täuschen, sosehr er es auch versuchte. Sie kannte ihn viel zu gut und wusste, dass er sie nur belog, um sie zu schonen. Er litt genauso wie sie, vielleicht sogar noch mehr. Sie sah es an seinem Gesicht. Er schaffte es nicht, mit ihr in den Himmel zu fliegen.
    »Warum, Harry? Warum quälst du dich? Hat der Feind dir verboten, mich zu berühren?«
    »Welcher Feind?«
    »Der Herr im Haus der Angst!« Sie griff nach seiner Hand, doch wieder wich er vor ihr zurück.
    »Sollen wir ihr eine Injektion geben, Dr. Gonzáles?«
    Laura drehte sich um. Mit der Spritze in der Hand kam Jesús auf sie zu. Auf einmal wusste sie, wer er war. Sie hatte ihn nur nicht erkannt, weil er sonst statt eines weißen Kittels immer eine blaue Uniform trug.
    »Pepe?«, fragte sie verwundert. »Wo kommst du denn her?«
    Er gab ihr eine Antwort, die sie nicht verstand. Obwohl sie neugierig war, weshalb er plötzlich reden konnte, ließ sie ihn stehen. Sie hatte keine Zeit für ihn. Sie musste Harry aus seinem Bann erlösen.
    »Warum hast du keinen Mut? Die Schutzgötter passen auf uns auf. Ich bin doch deine Windsbraut! Und du bist der Große Zauberer! Niemand kann uns etwas tun!«
    »Was sind Sie? Eine Windsbraut?« Harry schien so verwirrt, als höre er den Namen zum ersten Mal.
    »Ja, mein Geliebter! So hast du mich doch immer genannt! Wie kannst du das nur vergessen? Aber warte! Ich kann

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