Himmelsfelsen
werden.
»Manchmal auch mit dem Fahrrad, ja, warum?«
»Das genügt«, meinte Häberle und stand auf,
»wenn Ihnen noch etwas einfällt, was für uns interessant sein könnte, dann melden
Sie sich bitte.«
Auch Linkohr hatte sich erhoben. »Sie sollen
wissen, dass wir an der Sache dran bleiben. Und Sie sollten bedenken, wer die Sonderkommission
leitet. Das ist Herr Häberle«, er deutete auf seinen Chef, »der hat bisher so gut
wie keinen Fall ungelöst zu den Akten gestellt. Denken Sie dran.«
»Dem haben wir ganz schön eingeheizt«, stellte Linkohr beim Wegfahren
zufrieden fest.
Häberle kurbelte das Seitenfenster des Audis
herab. Sie fuhren jetzt der noch hoch im Westen stehenden Sonne entgegen.
»Dass sein Name unter ›G‹ im Handy programmiert
war, haben Sie absichtlich nicht ins Spiel gebracht?«, fragte Linkohr.
»Genau, das sparen wir uns auf. Vielleicht
kommen wir ja noch hinter dieses Geheimnis.«
»Ich wette, der Knabe legt sich jetzt nicht
mehr aufs Ohr«, stellte Linkohr fest, als sich Häberles Handy meldete. Er nahm es
aus dem Hemdentäschchen und drückte die grüne Taste.
»Häberle«, sagte er und lauschte. Es war der
Kollege Schmidt: »Chef, es gibt was Neues, hochinteressant.«
»Also, los …«, sagte Häberle und lehnte sich
zurück.
»Ein Anrufer hat uns mitgeteilt, dass er gestern
früh gegen vier Uhr einen Geländewagen zum Waldrand in Stötten hat abbiegen sehen.«
Häberle verzog das Gesicht und lauschte. Schmidt
fuhr fort: »Und jetzt kommt’s, Chef: Der Zeuge, der den Wagen am Ende der Steige
eingeholt hat, hat sich sogar das Kennzeichen gemerkt.«
»Ich werd’ verrückt«, entfuhr es dem Kommissar.
Linkohr schaute ihn gespannt an.
»Wir haben es bereits abgecheckt«, teilte Schmidt
mit, »das Auto gehört Graf von Ackerstein.« Häberle verschlug es die Sprache.
»Dem alten Graf von Ackerstein aus Eybach«,
wiederholte Schmidt.
Häberle atmete tief ein und sagte dann: »Okay,
dann fahren wir gleich zu ihm hin.« Er wollte das Gespräch schon beenden, als ihm
noch eine Frage einfiel: »Wer ist denn unser Zeuge?«
»Ein Schichtarbeiter, der oft um diese Zeit
von Geislingen nach Treffelhausen heimfährt, immer über Stötten.«
»Danke«, sagte Häberle und drückte den roten
Aus-Knopf.
Er teilte Linkohr mit, worum es gegangen ist.
Der griff zu seiner üblichen Kommentierung: »Da haut’s dir’s Blech weg« und »Nichts,
wie hin«.
Während des Gesprächs waren die beiden Kriminalisten
die Steige abwärts gefahren und hatten nun wieder das Tal erreicht. Dort bog Linkohr
links ab und beschleunigte den Audi auf der bolzgeraden Straße nach Eybach kurz
auf 120. Das Schloss, in dem die Ackersteins residierten, befand sich links der
Ortsdurchfahrt, an den Hang gedrückt, der hier steil zum Himmelsfelsen aufragte.
Ungeachtet des Verbotsschildes steuerte Linkohr den Audi durch den Torbogen in den
Schlosshof hinein, der an allen Seiten von Gebäudeflügeln oder Anbauten umgeben
war.
Die beiden Kriminalisten, die nie zuvor hier
gewesen waren, blickten sich um und entdeckten an einem Querflügel eine größere
Eingangstür mit Klingelknöpfen und Sprechanlage. Dort war jedoch kein Name angebracht.
Linkohr drückte auf den mittleren Knopf. Irgendwo bellte ein Hund. Nach einer halben
Minute versuchte es Linkohr mit dem oberen Knopf. Erst nach geraumer Zeit knackte
es in der Sprechanlage. »Ja?«,meldete sich eine Männerstimme.
»Kriminalpolizei«, sagte Häberle und trat nah
an den Lautsprecher heran, »wir hätten gerne Herrn Graf von Ackerstein gesprochen.«
Die Stimme antwortete erst fünf Sekunden später:
»Ich komme herunter.«
Es dauerte weitere drei Minuten, bis die schwere
Tür von innen geöffnet wurde. Vor den Kriminalisten stand ein schlanker Mann im
Trachtenjanker, gewiss der Senior, dachte Häberle, aber fit und äußerst rege. Er
schaute die Besucher erwartungsvoll an. »Ja, bitteschön?«, fragte er betont höflich.
»Entschuldigen Sie, mein Name ist Häberle,
ich bin Kriminalhauptkommissar, und das ist mein Kollege Linkohr. Wir sind mit dem
schrecklichen Fall befasst, Sie werden wissen, was ich meine …«,erklärte Häberle.
»Ja, wir haben natürlich davon gehört«, sagte
der Graf, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. »Können wir Ihnen helfen?«
»Reine Routine«, sagte Häberle wieder, »dürfen
wir einen Augenblick reinkommen?«
»Aber gewiss doch«, erwiderte der Graf, ohne
jedoch eine Miene zu verziehen. Er bat die Männer in den
Weitere Kostenlose Bücher