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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Lippen mit den Fingerspitzen, fuhr sie nach, ehe ich tat, worum er gebeten hatte. Marlon seufzte, als hätte ich einen Schmerz gelindert, und schob mich gegen die Wand. Ich schauderte, weil sie kühl gegen meinen Rücken drückte, presste mich an ihn und spürte ein Verlangen zwischen uns, das ich nicht länger ignorieren wollte. Verdammt sollte ich sein – und das war wortwörtlich gemeint. Wozu gab es ersten Sex, wenn man ihn nicht mit seiner ersten Liebe auslebte? Warum sollten gerade wir unser bisschen Zeit mit Warten verbringen?
    Â»Worauf – zum Teufel noch mal! – warten wir überhaupt?«
    Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass ich laut gedacht hatte.
    Marlon streichelte meine Brüste, küsste gleichzeitig meine Schulter und mir wurde heiß und kalt. Ich war verzweifelt und euphorisch, es fühlte sich an, als würde mein gesamter Körper rebellieren. Es kribbelte, brannte, schauderte. Alle Gefühle lagen unmittelbar unter meiner Haut und Marlon küsste und berührte sie durch eine hauchfeine Membran, die immer weiter schmolz. Sie war noch zu dick, sie sollte verschwinden. Keine Grenzen mehr.
    Â»Schlaf mit mir«, flüsterte ich.
    Er stöhnte. »Ich darf nicht.« Aber wir bewegten uns längst in Richtung Bett. »Noa, du weißt nicht, was du tust.«
    Â»Komm mir nicht mit deinen Märchen.« Ich provozierte ihn bewusst. Und noch viel mehr, indem ich meine Hand über seinen harten Bauch gleiten ließ. Tiefer. »Deine Flüche können mir nichts anhaben, weil ich nicht an sie glaube.«
    Â»Und wenn ich daran glaube?«
    Â»Wenn es so sein sollte, dass ich mich mein Leben lang nach dir sehne, dann nicht wegen dummer Flüche, sondern weil ich dich liebe. Das ist stärker als ein Fluch – und nicht mehr rückgängig zu machen.«
    Â»Das ist nicht fair. Es heißt, wir würden Menschen manipulieren. So wie Brijan, dem kein Mädchen widerstand. Was, wenn es wahr ist? Dann willst du mich nicht wirklich.«
    Ich küsste ihn, bevor ich antwortete. Lang und innig, was meinerseits nicht fair war. »Dann manipuliere mich. Aber ich entscheide, wie weit das geht. Es ist zu spät, Marlon. Niemand verändert einen anderen Menschen. Ich will es. Und du auch.«
    Wir sanken aufs Bett, verbargen uns unter der Decke. Seine Jeans und Boxershorts blieben draußen. Mein BH folgte, wenig später auch mein Slip. Wir waren zum ersten Mal völlig nackt, Haut an Haut, und für eine Weile zu beschämt, um uns ins Gesicht zu sehen. Wir blieben unter der Decke, bis der Sauerstoffmangel und die Hitze uns schwindelig machten und wir beide vor Schweiß, Erwartung und ein wenig Angst klebten. Schließlich warfen wir die Decke zurück und schnappten nach Luft. Wir sahen uns an, von nichts verhüllt als etwas Mondschein und dem gelben Licht der Straßenlaterne vor dem Fenster. Marlon lag zwischen meinen Beinen. Ich spürte ihn so innig wie noch nie zuvor.
    Die Zeit stand still, dehnte den entscheidenden Moment zu einer Ewigkeit, die nicht lang genug war. Es gab keine zu kleinen Brüste oder zu großen Füße mehr. Es gab keine Zauberflüche und keine Jäger. Nur noch Marlon und Noa. Nichts anderes auf der Welt.
    Â»Wir müssen das nicht tun«, sagte er an meiner Wange.
    Â»Nein, wir müssen überhaupt nichts.« Ich reckte den Arm und zog die Nachttischschublade auf, in der ich Kondome deponiert hatte. Nur für den Fall der Fälle und nebenbei für heute Nacht. »Aber wir wollen.«
    Â»Und das ist wichtiger.« Er griff in die Schublade.
    Â»Ãœberlebenswichtig.«
    Er war vorsichtig, seine Bewegungen langsam, zögerlich und intensiv. Er zitterte ein klein bisschen und genoss es sehr. Der Schmerz war das Gegenteil. Kurz und heftig. Er hinterließ etwas derart Vertrautes, dass mir die Tränen kamen. Ich konnte an nichts anderes mehr denken. Die Narbe würde ewig sein, unentdeckt für jeden außer für ihn und mich.
    Â»Habe ich dir wehgetan?«, flüsterte er und hielt inne.
    Ja. Und das war gut so. »Es brennt«, antwortete ich und lächelte, weil ich wusste, dass er es verstehen würde.
    Ich hatte angenommen, es würde mich verändern, mit ihm geschlafen zu haben, und wunderte mich, weil dem nicht so war. Vielleicht hätte ich unter anderen Umständen auf Wolken geschwebt – ja, ganz sicher sogar –, doch alle

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