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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Einfamilienhäuser, klein, aber mit eigenem Grundstück darum herum. Verkehrsberuhigte Zonen, wohin man sah. Kinder, die auf den Straßen Fahrrad fuhren oder Seil sprangen und winkend Platz machten, wenn wir heranrauschten. Ältere Leutchen, die uns nachsahen und angesichts des fremden Nummernschilds sogleich wissend nickten. In ihren Augen waren wir junge, aber sicher wohlhabende Touristen, die ans Meer wollten. Für uns waren das einheimische Spitzel, die uns allesamt an den erstbesten Jäger verraten würden, der freundlich nach uns fragte.
    Herrgott. Wir mussten von hier fort und konnten nicht.
    Â»Es ist jetzt umso wichtiger, dass wir meine Familie finden. Wenn wir sie nicht finden, tun die Huntsmen es bei Vollmond.«
    Marlon hatte es erfasst.

 

    Wie man den schönsten Tag des Lebens
aus dem Ärmel schüttelt
    Â»Papa? Ein Geständnis und eine Bitte.«
    Schweigen am anderen Ende der Leitung. Schweigen, wie so oft in letzter Zeit. Ich wickelte mir die Schnur des Münztelefons um die Hand, bis sich das Blut in meinen Fingern staute.
    Â»Okay, hör mir bitte einfach zu. Ich werde ein paar Tage nicht nach Hause kommen …«
    Â»Noa, jetzt gehst du zu weit. Es ist zehn Uhr durch, ich will sofort wissen, wo du bist!«
    Â»â€¦Â und ich bitte dich nicht, mir das zu verzeihen. Aber versuch es zu akzeptieren. Es ist wichtig, ich habe hier zu tun.«
    Â»Hat es mit diesem Kerl zu tun? Noa, mit dem Typen stimmt etwas nicht. Der macht mich nervös.«
    Oh, mich auch Papa. So sehr, dass es mich zerreißt und ich nicht mehr weiß, wo ich meine Einzelteile finden kann.
    Â»Er braucht mich aber.«
    Â»Wart’s ab, der kann was erleben!«, schrie mein Vater mich durchs Telefon an.
    Ich sah den Hotelflur entlang. Am anderen Ende lag die Bar. Marlon saß am Tresen, beide Hände um ein Bierglas geschlossen. Daneben stand eine Cola für mich.
    Â»Ich liebe diesen Kerl. Bevor die Schule wieder anfängt, bin ich zurück.«
    Â»Auf gar keinen Fall! Du kommst sofort zurück. Ich hole dich. Wo. Bist. Du?«
    Â»Ich weiß zu schätzen, dass du sauer bist. Das glaubst du mir vielleicht nicht, aber es ist wirklich so. Danke dafür. Sybille wäre nicht sauer. Aber ich kann nicht zurückkommen, verstehst du? Noch nicht. Marlon und ich müssen erst etwas regeln. Nur ein paar Tage.«
    Ich hörte Papa den Atem ausstoßen, es klang, als kämpfte er mit den Tränen. »Habt ihr Probleme, Noa?«, fragte er und seine Stimme war plötzlich ruhig und versöhnlich. »Ich kann euch doch helfen.«
    Â»Dann hilf mir.« Meine eigene war zu hoch. Das lag daran, dass ich weinte. »Vertrau mir einfach. Bitte. Ein paar Tage, dann komme ich zurück und erkläre dir alles.« Dafür würde ich jede Menge Fantasie brauchen, so viel stand fest. »Ich passe auf mich auf, versprochen.«
    Papa antwortete nicht. Gutes Zeichen. Tat trotzdem weh.
    Â»Pass du auch auf dich auf, ja? Nur für den Fall …« Ich presste den Hörer fester an mein heißes Ohr, doch meine freie Hand lag auf der Telefongabel und hatte das Gespräch bereits unterbrochen.
    Alle Verbindungen waren gekappt, die Handys vernichtet, das Auto versteckt und gegen den erstbesten Ersatz, einen überteuerten rostigen Fiat, eingetauscht.
    Wir waren auf uns gestellt.
    Ich ging zu Marlon und setzte mich auf den Barhocker neben ihm. Wir waren die einzigen Gäste, selbst die Bedienung hatte sich in die Küche zurückgezogen. Im Radio sangen B.o.B. und Hayley Williams, dass sie einen Wunsch gebrauchen könnten. Ging mir auch so.
    Mit dem Daumen wischte Marlon mir die verschmierte Mascara unter den Augen fort. »Ich kann dich jederzeit nach Hause bringen, Noa.«
    Â»Das ändert nichts an den Huntsmen.« Ich schauderte. »Nein, wir müssen das durchziehen. Es wäre nur einfacher, wenn es einen Plan zum Durchziehen gäbe.«
    Â»Hast du Angst?«, fragte er, ganz leise und sanft.
    Â»Ja.«
    Er zog ein flaches Päckchen aus seinem Rucksack. »Ich habe nur Schokolade. Wollen wir teilen?«
    Das taten wir. Wir teilten Angst und Schokolade, weil wir nichts anderes hatten, und tranken Cola und Bier dazu.
    Als es spät wurde und meine Augen beim Blinzeln brannten, als hätte ich Staub darin, gingen wir auf unser Zimmer. Wie das restliche Hotel war es altmodisch eingerichtet. Die braunen Teppiche und Möbelstücke rochen

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