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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Ohr, da begriff er, dass nicht sie es war, die etwas verloren hatte. Sie hatte ihr Leben behalten.
    Brijan blieb einige Tage am Hofe des Königs, in dessen Dienst die beiden Mägde standen. Sehr bald wurde ihm bewusst, dass die Wesen ihm nicht nur das Geschenk gemacht hatten, im Meer leben zu können. Auch die Verführungskraft des Ozeans war ihm durch sie zuteilgeworden. Zuckte manch ein Weib bei der ersten Berührung mit seiner kalten, feuchten Haut auch zurück, so gab es keine Frau, die ihn nicht ein zweites Mal berührte. Sie konnten ihm nicht widerstehen. In wenigen Nächten lehrten sie ihn die Liebe. Das, was sie dafür hielten.
    Brijan jedoch ging es zunehmend schlechter. Das Meer flüsterte ihm zu, nach Hause zu kommen, doch wie konnte er, der alle haben konnte, sich für eine Frau entscheiden, wenn es vielleicht eine gab, die ihm noch besser gefiel?
    Als er vom Innenhof des Schlosses aus zum ersten Mal Prinzessin Seirēn an einer Balustrade stehen sah, wie sie voller Sehnsucht in den Himmel blickte, an dem Mond und Sonne zugleich standen, da traf er seine Wahl. Es war weniger der Wunsch nach dieser Frau, der ihn trieb, als der, nach Hause zu gehen. Das Meer brauchte eine Königin. Was lag da näher, als ihm eine Prinzessin zu bringen?
    Es war so einfach wie immer. Ein Blick zog ein Lächeln nach sich. Ein Lächeln einen Gruß. Ein Gruß einen Kuss, ein Kuss eine Nacht voller Küsse. Am Morgen folgte sie ihm ins Meer. Sie vergrub ihr Gesicht ängstlich an seiner Schulter, als die Meereswesen nach ihr griffen. Als sie hinabgezogen wurde, lag sein Name in ihrem Schrei.
    Brijan aber sah noch etwas anderes als die Verwandlung seiner Frau. Er sah, wie ihm die Mägde und Dienerinnen, all die Frauen, die er geliebt hatte, folgten. Ins Meer, wo sie jämmerlich ertranken. Die Ufer waren voll von Männern, die die Leichen an sich drückten, welche vom Meer wieder ausgespuckt wurden, wie ungenießbare Gräten. Nach und nach brachten sie ihre Toten heim, um sie zu bestatten. Nur der König stand noch im Morgengrauen dort und wartete auf den Leib seiner Tochter, die er nie wiedersehen würde.
    Â»Ich schwöre dir den Krieg«, brüllte der König übers Meer. »Wer immer du bist, was immer du bist. Ich werde dein Herz in meiner Hand zerdrücken, wie du das meine.«
    Brijan hielt seine weinende Braut im Arm und fühlte seine ehemaligen Geliebten in den Wellen nach ihm greifen. »Was habe ich getan?«, fragte er, ohne eine Antwort zu verlangen.
    Â»Du hast den zweiten …«
    Â»â€¦Â Preis gezahlt«, zischten die Wesen. Das Leben der Toten pulsierte in ihren Adern und ließ ihre schuppigen Leiber vor Befriedigung leuchten.
    Â»War doch ganz billig.«
    Wünsch mir eine gute Nacht, Magpie, denn schlafen kann ich heute sicher nicht.
    Â»Er nennt dich Magpie? Eine diebische Elster?« Rosalia fiepte wie ein Meerschweinchen, ich musste den Hörer von meinem Ohr weghalten, um keinen Tinnitus zu riskieren. »Wie romantisch! Noa, du hast sein Herz gestohlen – begreifst du nicht?«
    Ich schnaubte. Mein eigenes Herz flatterte noch immer vor Aufregung. Nachdem ich die Geschichte zu Ende gelesen hatte, war es mir derart in der Brust herumgesprungen, dass ich mich beim Versuch, Rosalia anzurufen, dreimal verwählt hatte.
    Â»Ich begreife, dass er mich abserviert hat, schon vergessen? Noch mal zur Erinnerung, Rosa. Er muss den zweiten Teil der Geschichte heute Vormittag geschrieben haben. Bevor das alles passiert ist.« Bevor er etwas beendete, was nicht einmal begonnen hatte.
    Â»Aber doch nur, weil er dich beschützen will. Ist doch ganz klassisch, genauso ist es in jedem vernünftigen Liebesroman. Würdest du so was lesen, wärst du auch up to date. Er besteht auf Abstand, weil er gefährlich ist.« Rosalia seufzte, ein Laut tief aus einer Seelennische, die sie mit reichlich rosa Zuckerwatte ausgepolstert haben musste.
    Â»Aber er ist doch mir nachgerannt, nicht ich ihm. Er hätte sich doch von vornherein von mir fernhalten können, wenn er wirklich … gefährlich wäre.« Ich machte eine wegwerfende Handbewegung, obwohl Rosalia das nicht sehen konnte. Gefährlich, pah!
    Â»Fassen wir mal zusammen«, ertönte Rosalias Stimme aus dem Telefonhörer. »Marlon hat dich abserviert, nachdem du ihm von Bastien erzählt hast und davon, kein Opfer sein zu wollen. Ergo: Er würde

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