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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Engel, Aliens … all diese Spinnereien schlängelten sich in einer kribbelnden Spirale meine Wirbelsäule hoch und runter. Ein angenehmes Gefühl, denn in Wahrheit würde alles nur halb so wild sein. Geheimnisse lösten sich doch immer auf ganz unspektakuläre Weise auf. Warum also den Nervenkitzel nicht genießen?
    Â»Ich will ehrlich zu dir sein, Noa: Das mit uns, das wird nichts.«
    So viel zum Thema Nervenkitzel.
    Marlons Worte waren sachlich und bestimmt, ohne Bedauern, mit Nachdruck ausgesprochen, wie man mit jemandem spricht, der etwas schwer von Begriff ist. Tatsächlich brauchte ich eine Weile, musste den Satz auseinandernehmen, neu sortieren und wieder zusammenfügen, bevor ich verstand, was er mir sagen wollte.
    Was er tat und was er sagte, passte nicht zusammen.
    Ich war nicht vom Typ Unwiderstehlich. Mich abzuweisen, war Marlons gutes Recht. Trotzdem war es seltsam. Warum sollte er mich verfolgen, nur um mir dann mitzuteilen, dass er nichts von mir wollte? Dass ein Junge wie Marlon sich für mich interessierte, war für mich bis gestern eher eine Wunschvorstellung als Realität gewesen, und genau das musste es auch sein. Ich träumte. In Träumen tun Menschen oft Dinge, die keiner Logik folgen. Leider taten mir die Füße weh, was meine Traumtheorie untergrub und in sich zusammenfallen ließ. Im Traum spürt man keine Schmerzen.
    Â»Erklär mir das«, forderte ich, die Stirn so krausgezogen, dass ich bestimmt Kopfschmerzen bekommen würde. Mein Blut war plötzlich voller Splitter und Scherben, zerschnitt alles in mir. »Warum das alles? Du wolltest mich sehen, du bist mir heimlich gefolgt, du wolltest dich mit mir treffen. Das alles, nur um mir zu erzählen, dass …« Allein die Vorstellung, von einer Beziehung – oder eben keiner Beziehung – zu sprechen, war so absurd, dass ich es nicht über die Lippen bekam. Und dann ging mir ein Licht auf.
    Â»Du wolltest nur austesten, ob du mich so weit bekommst, oder? Du wolltest mich dazu bringen, dass ich mich in dich ver…« Das Wort versoff in einem aus Wut gewachsenen Lachen. Ich konnte nicht fassen, auf so etwas Abscheuliches hereingefallen zu sein. Herrgott, es war keine zwei Stunden her, da hatte ich mich von ihm trösten und im Arm halten lassen.
    Â»Es ist nicht so, wie du denkst«, erwiderte der Mistkerl. Alles an seiner Stimme klang falsch. Da schwang keine Melodie mehr mit und die Betonung der T und D war verschwunden. All das war bloß Show gewesen.
    Â»Noa, ich habe eingesehen, dass alles zwischen uns nur Probleme bringen würde. Ich wollte es zuerst nicht wahrhaben. Ich meine, sieh dich an. Du bist süß und –«
    Â»Und ich muss mich gleich sehr süß übergeben.« Ich sprang von der Mauer und stöckelte ein paar Schritte, um Abstand zwischen uns zu bringen. Ich begann zu begreifen, was ihn störte. Er hatte mich für mutig und stark gehalten. Dass ich gegen Bad Boy Basti nicht bestehen konnte und vor ihm weglief, zeigte Marlon, wie ich wirklich war. Feige. Er war also genauso oberflächlich wie alle anderen. Bloß hatte er es nicht so mit der Optik. Doch ein Kratzer auf der perfekt wirkenden Psyche und ich war ihm nicht mehr gut genug.
    Â»Ich würde dir nur wehtun«, meinte er lahm. Er hatte nicht mal den Mumm, mich anzusehen, stierte nur auf seine Hände. Gleich kam: Lass uns Freunde bleiben, jede Wette.
    Â»Bullshit«, fauchte ich. »Wehtun können mir allenfalls Menschen, die mir etwas bedeuten. Glaubst du wirklich, du würdest mir etwas bedeuten, du Möchtegern-Mysterium? Komm mal runter von deinem hohen Gaul.« Meine Augen brannten vor Wut. Ich wartete zwei hastige Herzschläge lang auf eine Antwort, die nicht kam, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte nach Hause, wobei ich jeden Schritt mitzählte, um nicht Gefahr zu laufen, loszurennen. Weg von diesem wunden Gefühl, das sich von meinen Füßen ausgehend immer weiter in mir ausbreitete.
    In meinem Genick nagte die garstige Gewissheit, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Vielleicht waren es aber auch Marlons Blicke, die ich im Rücken spürte. Ich sah über meine Schulter, wollte ihn anbrüllen, mir nicht nachzuglotzen – aber das tat er nicht. Er stand mit dem Rücken zu mir, bewegungslos, immer noch gegen die Mauer gelehnt – mit hängendem Kopf und hängenden Schultern. Plötzlich erwachte er aus seiner

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