Himmelsgöttin
nach seinem Geschmack gewesen. (Vielleicht hätte man ja auch diese Ben-Hur-mäßigen Fleischwölfe an die Räder montieren und es ausdrücklich erlauben können, den Gegner zu Hackfleisch zu machen.) Aber so wie sich Golf in seiner traditionellen Form darstellte, konnte Tuck ihm nie etwas abgewinnen. Seltsam, daß er just in diesem Augenblick nichts so sehnlich herbeiwünschte wie ein Siebener Eisen – oder vielleicht eine Schrotflinte.
Bereits vor Sonnenaufgang war Tuck aufgewacht – und zwar äußert unsanft und seitdem jeden Schlafes beraubt durch etwa acht Millionen Hähne, die nun, da es mittlerweile zehn Uhr war, noch immer nicht die geringsten Anstalten machten, endlich den Schnabel zu halten. Was für ein Vergnügen, das schmatzende Geräusch eines Siebener Eisens in einem Büschel roter Federn zu vernehmen, das Wohlgefühl beim Aufprall eines sorgsam ausbalancierten Metallwerkzeugs auf Geflügelfleisch (das augenblicklich verstummt und außerdem als Entschädigung für die eigenen Bemühungen und erlittenes Ungemach auch noch weichgeklopft wird). Er sah sich, wie er durch einen Käfig voller Hähne schritt, sein Siebener Eisen schwingend wie der Sensenmann im Auftrag des Colonel Kentucky. Meine lieben gefiederten Freunde, willkommen im Todeslager von Tucker Case! In Kürze werden euch die Klöten zermatscht, seid bitte so nett, und macht euch schon mal fertig.
Tucker Case war alles andere als ein Morgenmensch.
Er kam zu dem Entschluß, daß er den Viechern noch fünf Minuten geben würde, um dann zum Doc zu rauschen und sich ein Siebener Eisen zu leihen. Als er fünf Minuten später gerade aus dem Haus gehen wollte, klopfte Beth Curtis an die Tür und trat ein, ohne eine Einladung abzuwarten. Sie trug eine blaue Wegwerfmontur für den OP und ein Haarnetz, außerdem keinerlei Make-up, und auch von ihrem leeren Hausfrauenlächeln war nichts zu sehen.
»Mr. Case, Sie müssen in zwei Stunden bereit sein zu fliegen. Schaffen Sie das?«
»Ähm, klar. Glaube ich zumindest. Wo geht's denn hin?«
»Japan. Die genauen Koordinaten sind bereits in den Bordcomputer des Flugzeugs einprogrammiert. Was ich von Ihnen verlange, ist, daß Sie die Maschine auftanken und startklar machen, damit wir losfliegen können.«
Tucker hatte das Gefühl, als sei dies nicht im geringsten die Person, mit der er die ganze letzte Woche lang zu tun gehabt hatte. Die sanfte Weiblichkeit war völlig verflogen, statt dessen hatte er knallharte Geschäftsmäßigkeit vor sich.
»Ich bin bisher noch nicht dazu gekommen, mich mit den Instrumenten vertraut zu machen.«
»Sie haben den Job doch angenommen, oder? Können Sie das Ding fliegen?«
Tuck nickte.
»Dann seien Sie in zwei Stunden soweit.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und marschierte in Richtung Krankenhaus. Tuck wollte ihr schon folgen, doch dann bemerkte er bei einem Blick zwischen die Bäume hindurch, daß sich unten am Strand etwas bewegte: Männer luden Treibstoffässer von einem langen Beiboot auf den Pier. Er sah einen weißen Frachter, der außerhalb des Riffes vor Anker lag.
»Mrs. Curtis!« rief er.
Sie drehte sich um und schaute ihn an wie ein lästiges Insekt. »Ja, Mr. Case.«
»Das Schiff da. Sie haben mir nichts von einem Schiff gesagt.«
»Das ist für Sie ohne Belang. Die bringen lediglich diverse Vorräte. Und jetzt machen Sie bitte das Flugzeug startklar.«
»Aber wenn Sie Vorräte geliefert bekommen, warum müssen wir dann …?«
»Mr. Case«, blaffte sie ihn an, »kümmern Sie sich um Ihre Arbeit. Der Doktor braucht mich.« Sie riß die Tür zum Krankenhaus auf und trat hinein.
»Fragen Sie ihn, ob er mir sein Siebener Eisen leihen kann«, sagte Tuck kleinlaut.
Schlurfenden Schrittes ging Tuck zurück zu seinem Bungalow. Er hatte gerade mal ein paar Sekunden in der prallen Sonne gestanden, und schon bekam er solche Kopfschmerzen, daß er befürchtete, jeden Augenblick ohnmächtig zu werden. Er würde wieder fliegen. Ihm war schlecht und schwindlig, er halluzinierte von sprechenden Fledermäusen, und gerade jetzt sollte er das einzige tun, worin er jemals gut gewesen war. Er hatte die Hosen gestrichen voll.
Es war fünfzig Jahre her, seit zum letzten Mal Männer mit Gewehren in die Hütten der Haifischmenschen eingedrungen waren. Während die vier Wachleute von Haus zu Haus gingen, schritt Malink die Pfade ab, die durch das Dorf führten, und trug sein drahtloses Telefon spazieren, damit seine Leute sehen konnten, daß er alles unter Kontrolle
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