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Himmelsgöttin

Himmelsgöttin

Titel: Himmelsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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hatte. Seit dem Zeitpunkt, als die vier Japaner ins Dorf gekommen waren, hatte er immer wieder versucht, den Medizinmann anzurufen, doch stets hatte er nur den Anrufbeantworter erreicht. Also hatte er allen gesagt, daß sie in ihre Häuser gehen und den Wachen keinen Widerstand leisten sollten, und hätte man nicht hie und da ein verängstigtes Kind schluchzen hören, man hätte glatt den Eindruck gewinnen können, das Dorf sei verlassen. Malink hörte, wie die Wachen die Haufen von Kokoshülsen niedertrampelten, die in den Kochhütten als Brennmaterial aufgestapelt waren.
    Plötzlich stand Favo neben ihm. Jener Favo, der während des Krieges gesehen hatte, wie die Japaner auf der Insel eingefallen waren, und der das Gemetzel miterlebt hatte. »Warum läßt Vincent das zu?«
    Malink wußte auch keine Antwort. An diesem Morgen hatte er das Zippo angezündet und Vincent um Rat gefragt. »Es ist der Wille des Medizinmannes, also ist es auch Vincents Wille. Sie wollen den Weibsmann.«
    »Wir sollten kämpfen«, sagte Favo. »Wir sollten die Wachen umbringen.«
    »Mit Speeren gegen Maschinengewehre, Favo? Sollen unsere Kinder etwa auch ohne Väter aufwachsen, genauso wie wir? Nein. Die werden den Weibsmann finden, und dann gehen sie wieder.«
    »Der Weibsmann lebt doch jetzt bei Sarapul. Hast du ihnen das erzählt?«
    »Hab ich. Ich habe den Medizinmann zu ihm geführt.«
    Die Wachen traten aus der alten Kirche und kamen in einer Reihe den knirschenden Pfad entlang auf Malink und Favo zu. Die alten Männer rührten sich nicht vom Fleck, so daß die Wachen durch einen Farnstrauch trampeln mußten, um an ihnen vorbeizukommen. Favo stieß einen Fluch aus, doch es war zu lange her, seit er zum letzten Mal Japanisch gesprochen hatte, und außerdem eignete sich diese Sprache ohnehin nicht sonderlich zum Fluchen. Alles, was er zustande brachte, war die Bemerkung, daß ihre Lastwagenreifen nach Sardinen stanken, und dafür erntete er keinerlei Reaktion.
    »Spitzenfluch«, sagte Malink in der Hoffnung, zur Verbesserung der Laune seines Freundes beizutragen.
    »Ich muß noch dran feilen. Englisch ist einfach besser geeignet zum Fluchen.«
    »Die haben Maschinengewehre, Favo.«
    »Blöde Scheißer«, sagte Favo.
    »Amen«, sagte Malink und bekreuzigte sich im Zeichen des B-26-Bombers.
    Die beiden alten Männer trotteten den Wachen hinterher, folgten ihnen von Haus zu Haus und warteten draußen, damit die Dorfbewohner sie sehen konnten, wenn sie aus ihren Häusern gescheucht wurden.
    Was die Wachen anging, so waren sie völlig gefrustet von dem ganzen Aufstand, den sie hier veranstalteten. Sie hatten sich darauf gefreut, ein paar Türen einzutreten, um nun feststellen zu müssen, daß die Haifischmenschen überhaupt keine Türen hatten. Es gab auch keine Betten, die man umschmeißen konnte, keine Hinterzimmer, in die man hätte hineinstürmen können, keine Schränke, mit anderen Worten nichts, wo ein Mann sich hätte verstecken können, ohne bereits bei der oberflächlichsten Durchsuchung sofort aufzufallen. Und zu allem Überdruß hatte der Doktor ihnen auch noch befohlen, daß niemand verletzt werden durfte. Sie wollten auf gar keinen Fall einen Fehler machen. Mochten sie auch noch so martialisch wirken mit ihrem militärischen Gehabe, im Grunde genommen waren sie nichts als ein Haufen Versager. Nummer eins war Wachmann in einem Atomkraftwerk gewesen, bis man ihn wegen Drogenkonsums gefeuert hatte; zwei andere waren Brüder, die aus dem Polizei-Department von Tokio ausgeschlossen worden waren, weil sie Bestechungsgelder von den Yakuza angenommen hatten, und der vierte stammte aus Okinawa, wo er als Jiu-Jitsu-Lehrer gearbeitet hatte, bis er einen deutschen Touristen in einer Bar totgeprügelt hatte, weil dieser sich beim Karaoke zu sehr danebenbenommen hatte. Die vier waren angeheuert worden von einem Mann, der ihnen schwarze Uniformen verpaßt und ihnen unmißverständlich zu verstehen gegeben hatte, daß dies ihre letzte Chance war. Sie hatten zwei Möglichkeiten zur Auswahl: Erfolg und Reichtum oder Tod. Folglich nahmen sie ihren Job ziemlich ernst.
    »Vielleicht steckt er in den Bäumen«, sagte Favo auf japanisch. »Seht mal in den Bäumen nach!«
    Ohne stehenzubleiben blickten die Wachen nach oben zu den Bäumen, mit dem Resultat, daß sie ineinanderrasselten. Über ihren Köpfen ertönte das Geflatter von Flügeln, und dem Mann aus Okinawa klatschte eine Ladung Fledermausschiß auf die Stirn. Er zog den Abzug seiner Uzi, und

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