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Himmelsjäger: Roman (German Edition)

Himmelsjäger: Roman (German Edition)

Titel: Himmelsjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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lustig.
    Memor neigte sich zurück, und Zorn brodelte plötzlich in ihr. Das kleine Wesen verspottete sie, beleidigte sie mit ihren Gedanken.
    Sie überließ es dem Untergeist, mit diesem unerwarteten Geschehen fertigzuwerden. Schon kurze Zeit später fühlte sie sich von beruhigenden mentalen Strömungen durchzogen, die den Zorn auflösten. Ihr Blick ging erneut zur Zweibeinerin und stellte fest, dass sie sich jetzt wieder im normalen Zustand befand. Vielleicht glaubte das fremde Geschöpf, die gewünschte Botschaft übermittelt zu haben.
    Nun gut. Memor beschloss, ihrem Beispiel zu folgen. Dies hatte sie etwas Wichtiges gelehrt – die Zweibeiner waren einfallsreich trotz ihrer geistigen Beschränkungen. Sie durfte nicht vergessen, dass das Gehirn dieser Spezies zwar geteilt war, aber auch ebenso groß wie ihr eigenes.
    Die Zweibeinerin sprach direkt zu ihr. »Ich möchte jetzt zu meinen Gefährten zurück.«
    Natürlich. Es waren gesellige Geschöpfe, und auf den Schirmen sah sie die Linien des Ärgers in ihrem Untergeist. Diese Weibliche der Letzten Eindringlinge erkannte ihre eigenen Emotionen nicht so deutlich, nahm sie nur unbewusst wahr.
    In Zeiten der Anspannung brauchten solche Geschöpfe offenbar die Gesellschaft von Artgenossen. Als Memors Untergeist zu diesem Schluss gelangte, erkannte der Obergeist sofort die Gründe dafür. Für die Evolution konnten derartige Dinge eine große Rolle spielen – kooperatives und altruistisches Verhalten begünstigten das Überleben und die Fortpflanzung. Dies war eine absolute Wahrheit im alten Wissen, und in der langen Geschichte der Himmelsschale hatte es sich oft bestätigt. Die Evolution schlief nie, nicht einmal in der großen Konstanz der Welt.
    Memor reagierte mit sanften Worten, um den Ärger der Zweibeinerin zu lindern. Die fremden Wesen zeigten eine große mental-evolutionäre Selektion. Ob es an natürlichen Vorgängen lag oder das Ergebnis genetischer Manipulation war, blieb ungewiss. Ihr verborgener Untergeist war ein besonders anpassungsfähiger Teil des Bewusstseins, der sie befähigte, die Umwelt schnell einzuschätzen, sich Ziele zu setzen und zu entscheiden. Auch das war verständlich, denn immerhin hatten sich die Zweibeiner an einem Ort entwickelt, wo es auf Schnelligkeit ankam. Das Vogel-Volk hingegen schätzte langfristige Bewertungen, denn es plante in größeren zeitlichen Maßstäben. Die Primaten waren eine junge Spezies, unerprobt.
    Irgendwie funktionierten die Methoden der Zweibeiner, selbst auf dem chemischen Wartungsniveau. Ihr Bewusstsein hatte kaum Kontakt mit dem Teil, der die Körperfunktionen steuerte – es schien nicht in der Lage zu sein, den Untergeist zu »sehen«. Memor erinnerte sich plötzlich an einen Hinweis der Weiblichen. Sie hatte gesagt: »Mir ist gerade etwas eingefallen.«
    Womit sie vermutlich meinte, dass Denkresultate des Untergeistes plötzlich in ihrem Obergeist erschienen. Offenbar wussten die Letzten Eindringlinge nicht, woher ihre Ideen kamen. Schlimmer noch: Sie konnten innerlich nicht dorthin gehen, wo die Ideen entstanden. Der Zugang zu einem wichtigen Teil ihres Selbst blieb ihnen verwehrt.
    Bemerkenswert! Und doch funktionierten sie.
    Aber die Gefahr bei dieser Strategie des Lebens und Agierens bestand aus einem Mangel an Bewusstheit. Diese Wesen waren sich selbst fremd. Sie trafen Entscheidungen, ohne die wahren Elemente hinter den Entscheidungen zu kennen. Vielleicht wussten sie nicht einmal, warum sie bestimmte Partner wählten!
    Woraus sich eine weitere Frage ergab.
    Hatten sie mehr geistige Freiheit als das Vogel-Volk oder weniger? Den Untergeist zu verbergen … Ergab sich irgendein Nutzen daraus? Obwohl es sich um ein gefährlich destabilisierendes Element handelte, wie die frühen Phasen der Geschichte des Volkes zeigte? Der Untergeist konnte Leidenschaften hervorbringen, die ganze Gesellschaften erschütterten und hinwegfegten. Stabilität ergab sich erst, wenn man dies erkannte, wenn man es deutlich sah und unter Kontrolle hielt.
    Memor hatte nie zuvor an diese Möglichkeit gedacht: dass sich für eine andere Spezies Vorteile daraus ergeben mochten, den Untergeist zu verbergen. Der Gedanke daran stellte die Überlegenheit des Volkes infrage, sogar seine Freiheit.
    Sie wusste, dass man an den freien Willen glauben musste, trotz oder gerade wegen der Fähigkeit, das Bewusstsein detailliert zu analysieren. Das galt auch für die fremden Wesen. Die Logik war ganz einfach: Wenn der freie Wille

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