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Himmelsjäger: Roman (German Edition)

Himmelsjäger: Roman (German Edition)

Titel: Himmelsjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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und sie vereinten sich nun mit den Erkenntnissen, die sie als weibliches gewann – daraus ergab sich der Weg zur Weisheit.
    Wie alle reifen Astronomen war Memor zu einer Sie des Volkes geworden, nachdem sie direkt und unmittelbar den männlichen Blick auf die Welt kennengelernt hatte. Als Er erfuhren Angehörige des höheren Volkes die legendären großen Wünsche, die Bereitschaft, Risiken einzugehen, zu verändern und zu erneuern. Diese Phase des Elans und der Emotion dauerte fast zwölf hoch zwei Annuale. Memor erinnerte sich an die Er-Traurigkeit, als jene intensiven Empfindungen schwanden und sich der Körper zu verwandeln begann. Die Reminiszenzen blieben und hinterließen einen Schatten der Sehnsucht nach einem Er, der nie zurückkehren würde.
    Im Wandel der Offenbarung hatte Memor kontroverses Verlangen und widerstreitende Empfindungen in seinem/ihrem Körper gefühlt. Die Schmerzen und das veränderte Verlangen spielten eine große Rolle in der Literatur und dem Tanz des Volkes, aber kaum jemand wünschte sich die Rückkehr des anstrengenden emotionalen Chaos.
    Die Offenbarung hatte Memor den langen Blick einer Sie verliehen, gleichzeitig aber die Erfahrungen der langen Er-Periode bewahrt. Dadurch errang sie ein besseres Urteilsvermögen und die Anteilnahme der anderen Astronomen, ein wichtiges stabilisierendes Element, vom Volk im Lauf vieler Zwölfjahrtausende in ferner Vergangenheit entwickelt.
    Diese unerlässliche Balance – eigentlich mehr ein Tanz – zwischen dem Er und Sie versuchte Memor nun auf das beunruhigendste Ereignis ihres Lebens anzuwenden, auf die Begegnung mit den Letzten Eindringlingen. Zum Glück war es beim Eintreffen jener Piraten zur Offenbarung gekommen; die doppelte Er/Sie-Perspektive ihnen gegenüber half.
    »Memor! Wir haben uns lange nicht begrüßt!«, erklang eine ernste, tiefe Stimme.
    Memor drehte sich um und sah den schmalen Kopf von Asenath, dem Oberhaupt der Weisheit. Den Gruß einer so erlauchten Person zu empfangen war zweifellos ein gutes Zeichen – oder? »Ich habe mir lange gewünscht, Sie wiederzusehen«, erwiderte Memor. »Ich brauche Ihren Rat.«
    »Und Sie werden ihn bekommen«, sagte Asenath sanft. »Mir gefallen Ihre Probleme. Sie sind faszinierender als die üblichen.«
    Asenath drehte sich und benutzte ihre Körpermasse als akustischen Schirm – vielleicht wollte sie die nächsten Worte vor einer Person abschirmen, die sich außerhalb von Memors Blickfeld befand. »Nicht jede Aufgabe muss langweilig sein, Memor, aber es könnte so aussehen, während Sie Ihren Weg beschreiten.«
    »Ich bin geehrt«, sagte Memor, fügte ein angemessenes Brummen des Respekts hinzu und merkte sich die Worte, um sie später von ihren inneren Revisoren prüfen zu lassen. Sie wollte etwas erwidern, doch eine andere Stimme kam ihr zuvor.
    »Ich werde ebenfalls Interesse zeigen«, sagte jemand, und es lag eine Drohung in diesen Worten.
    Memor drehte sich voller Unbehagen um und erkannte Kanamatha, die Biologie-Gruppenmeisterin des Rates. »Ich hoffe, dass Sie mit mir zufrieden sind«, sagte sie.
    »Ich werde viele Fragen haben«, sagte Kanamatha glatt und wandte sich an Asenath. »Die ich den Ihren hinzufügen werde.«
    Memor wusste, dass sie noch etwas hätte sagen sollen, aber das Geläut verkündete den letzten Aufruf. Begleitet von angenehmen Düften und wechselndem Licht kamen alle zusammen. In Zwölfern betraten sie den großen Saal, der sie mit Schönheit und Pracht begrüßte. In ehrfürchtiger Stille schritten sie an glänzenden Alabaster-Gebäuden und überdimensionierten Statuen der Erbauer vorbei, die den Weg zur Zitadelle des Rates säumten, an kleinen Tempeln mit Tiergöttern, in ihre alten Gewänder gehüllt, an Grotten für diskrete Verhandlungen und auch für amouröse Begegnungen, wenn die Zeit reif war.
    Das Gefolge bestand aus Schriftgelehrten, kleinen Musikern mit ihren Instrumenten, Weghütern, Lampisten, Mathisten, Savant-Betreuern, Ölmasseuren und zahlreichen Hofierern.
    Die Formalitäten dauerten eine Weile, und anschließend erforderten Routineberichte ihre Zeit. Jede Gruppe fügte den Vorgängen ihr eigenes Ritual hinzu und überschüttete die Berichterstatter mit Fragen.
    Im Rat gab es drei Hauptfraktionen: die Bauern, die das ländliche Leben der Himmelsschale bestimmten; die Regulatoren und Gestalter, die die komplexen Netzwerke der Bauern in die physische Struktur der Schale integrierten; und die Astronomen, die all dies aus einer übergeordneten

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