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Himmelskinder

Himmelskinder

Titel: Himmelskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Feldhausen
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war eine üble Bande aus Osteuropa dabei, auch in Karlsbach mitzuspielen. Bordelle auf der Lennenstraße hatten in den letzten Wochen auffällig viele Damen aus der Ukraine im Angebot.
    »Nein, ihr seid auf dem neuesten Stand. Auf jeden Fall keine Angebote für Pädophile.«
    Bulleken fragte in die Runde, was denn nun der Unterschied zwischen Pädophilen und Pädosexuellen sei.
    »Nee, Chef, jetzt nicht noch ein Fachvortrag. Ich will nach Hause, ich kann nicht mehr. Mann, der eine ist es, der andere tut es oder so ähnlich, google dir das gefälligst.«
    Es war deutlich, Meiners hatte die Schnauze voll, und er war nicht der Einzige.
    Nach einer weiteren Stunde, in der gereizte Stimmen dies und das erörterten, fasste Alvermann ihre bisherigen Ergebnisse zusammen und blies dann zum Aufbruch:
    »Schlaft euch aus. Montag früh um halb acht, das muss reichen.«
    Alvermann versuchte zum wiederholten Mal, Masur abzupassen, um mit ihm allein zu reden. Aber der hatte sich in Rauch aufgelöst, wohl wissend, was ihm blühte. Bulleken klüngelte noch herum und packte Tüten und Geschirr zusammen.
    »Und«, wollte Alvermann wissen, »war es eine schöne Feier?«
    Bulleken lachte: »Ja, fand ich schon.«
    »Na denn«, sagte Alvermann. Er hätte schon gerne gewusst, was es zu feiern gegeben hatte.
    Unschlüssig stand er noch in seinem Büro und überlegte, bei Masur vorbeizufahren.
    Bin zu kaputt, dachte er und fuhr nach Hause.

20
    Sein Kühlschrank gähnte ihn mit leerem Maul an. Er sollte sich endlich bei Janne melden; er könnte zum Beispiel mit ihr essen gehen. Du bist eine feige Sau, Alvermann. Irgendwann steht es sowieso an, dann kannst du es auch gleich erledigen. Bald eine Woche Funkstille.
    Er rief nicht an. Stattdessen setzte er sich mit einem letzten Joghurt in seinen Lieblingssessel. Die Glotze bot die übliche freitägliche Abendunterhaltung.
    Viel Schrott und hin und wieder ein Mensch.
    Eine Gruppe Sitzender beschäftigte sich mit Fragen, die niemanden interessieren konnten, zum Beispiel, was ein »absolutes No Go« sei. Alvermann wurde richtig sauer, als er die Auflösung zu hören bekam, nämlich etwa mit offener Hose vom Klo zu kommen oder sich öffentlich in den Zahnzwischenräumen herumzustochern. Er fasste es nicht und schmiss ein Kissen in Richtung Flimmerkasten.
    Hör auf, mit deinem Leben rumzuschlampen.
    Er raffte sich auf, ging in sein Gästezimmer und nahm sich seine Victoria aus Italien zur Hand. Liebevoll strich er über ihre Knöpfe und Tasten. Nach einer Viertelstunde war die linke Hand wieder beweglicher, und er versank im wilden Fließen einer Tarantella. Bei »Sous le ciel de Paris« wurde ihm schwindelig. Er musste sich setzen. Er horchte nach innen, ob die Stelle über dem Ohr die Chance ergriff und mitmischte. Sie meldete sich nicht, dafür war plötzlich vor seiner Flurtür ein ziemliches Getöse zu vernehmen. Er legte Victoria auf das Gästebett und ging nachschauen.
    Vor der Tür bot sich ihm ein Anblick, den er so schnell nicht wieder vergessen würde. Frau Nösser aus dem ersten Stock saß auf der obersten Treppenstufe, ein Glas mit irgendwas neben sich, und kämpfte sich durch einen ihrer Asthmaanfälle. Alvermann sah hilflos auf sie herunter, während sie beruhigend mit der Hand zu ihm hoch wedelte. Langsam beruhigte sie sich.
    »Ich sitze hier oft, wenn Sie spielen, Herr Alvermann.«
    Ein Blick auf die Uhr, Mitternacht war vorüber.
    »Tut mir leid, ich habe die Zeit vergessen.«
    Frau Nösser lachte jungmädchenhaft und war gar nicht mehr siebzig und drüber.
    »Das ist meine Zeit, wissen Sie?«
    Sie stand mühsam auf und langte nach ihrem Glas.
    »Ich gehe jetzt; ich wollte Sie nicht stören.«
    Wenig später saß Frau Nösser in seinem Wohnzimmer auf dem bequemen Sessel und schaukelte ein wenig mit. Und bei »Besame mucho« liefen ein paar Tränen. Aber sie sah nicht traurig aus.
    Als er später im Bett lag, beteuerte er wem immer, in Zukunft einmal in der Woche seine Victoria zu spielen.
    Er erlaubte sich noch kurz ein paar Gedanken, die weniger erfreulich waren. Er sah das Gesicht des Mädchens ohne Namen vor sich und musste Masur recht geben: Ihre Ermittlungen gingen keinen Schritt voran. Und dann war da noch der andere Masur, der jedem Gespräch aus dem Weg ging.
    Morgen, dachte er im Einschlafen, morgen ist auch noch ein Tag.

21
    Masur hatte sich gerade einen Rotwein eingegossen, als es an der Wohnungstür klingelte. Mist, er hätte kein Licht machen sollen. Er ahnte, wer da

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