Himmelskinder
was?«
»Hm, außerdem ist Mitte letzten Jahres Günter Karasch entlassen worden. Habe mich mal umgehört. Soll eine Therapie machen, was immer das bringen soll.«
»Gut, auch dranbleiben.«
Die Gruppe hatte neue Anhaltspunkte, aber konkret zeigte sich erst mal nichts.
Die Befragungen der Anwohner waren so gut wie abgeschlossen. Nur einer von ihnen, ein Hans Kottawa, war immer noch nicht zu erreichen gewesen. Meiners hatte erst heute den Arbeitgeber des Mannes ermitteln können und von ihm erfahren, dass der Angestellte am Mittwoch in aller Frühe zu einer Messe nach Paris gefahren war. Er sollte sich eigentlich heute bis mittags bei seiner Firma zurückgemeldet haben. Das war nicht geschehen. Seine Firma hatte schon zweimal mitgeteilt, dass Kottawas Handy eingeschaltet war, sich aber niemand gemeldet habe. Und eben Elsbeth Kremin mit ihrem Männi. Aber hier stimmten die Zeiten einfach nicht. Niemand wollte sich allerdings von dem Mann mit den eleganten Schuhen trennen, aber niemand hatte auch eine Idee, wieso er alleine um kurz nach sechs Uhr noch mal im Park gewesen sein sollte. Und wo, verdammt, war sein Begleiter geblieben? Frederik hatte sich um 5.25 Uhr in der Ambulanz gemeldet, und um 5.50 Uhr war das Mädchen bereits in der Klinik gewesen.
Alvermann hatte Frederik inzwischen befragt. Er konnte sich an die Schuhe der Männer nicht erinnern, weder an die Farbe noch an die Form.
»Übrigens, wenn es von beiden Seiten gut klappt, könnte das Ehepaar, bei dem er jetzt ist, seine Pflegefamilie werden. Der Junge schien ganz zufrieden, man darf also hoffen.«
Bulleken, der etwas zu feiern hatte, aber partout nicht mit der Sprache herauswollte, um was es ging, hatte mehrere Tüten Gebäck angeschleppt. Alvermann griff als Erster erfreut zu. Ein Nussring verschwand gerade in seinem Mund. Meiners, der neben Bulleken saß, flüsterte ihm zu:
»Guter Einsatz, Kollege, weiter so, da muss ich ja um meine Bestände nicht fürchten.«
Masur, der seit den Tränen der alten Dame deren fünf Sinne standhaft verteidigte, brachte jemand Neues ins Spiel:
»Was ist denn, wenn dieser Freund italienischer Designerschuhe von einem schwulen Date kam, da in den Gebüschen. Mit diesen Schuhen doch gut möglich, oder?«
Meiners war anderer Meinung:
»Morgens um die Zeit? Blödsinn. Man trifft sich in den Kreisen bei Mondschein auf den Autobahnparkplätzen und rennt da durchs Gehölz, schön romantisch, nicht bei Sonnenaufgang.«
»Nein, lass doch mal. Wenn der sich da rumgetrieben hat, um sich beglücken zu lassen, ist er auf jeden Fall ein interessanter Zeuge, oder? Auch ein Grund, uns daran festzuhalten«, beharrte Masur und grinste, als Alvermann erneut nach den Tüten griff.
Alvermann zog die Hand zurück.
»Wie kann jemand«, spottete Masur, »der so viel frisst wie du, so dürr bleiben?«
»Ich treibe Sport, Masur!«
König wartete, ob der kleine Dialog weiterging. Dann ließ sie ihre Ideen hören:
»Es kann doch wohl nicht wahr sein, Herrgott. Über hundertsechzig Anwohner, und eine Aussage bleibt über. Mal sehen: Also erstens könnte unser Männi vielleicht schon früher als gewöhnlich Kackdrang gehabt haben. Soll ja vorkommen. Zweitens, wenn es einer unserer Täter war, und egal um welche Uhrzeit, hat er vielleicht etwas verloren, was zu seiner Identifizierung führen könnte. Ansonsten wäre es ihnen doch wohl darum gegangen, schnell und ungesehen zu verschwinden und verschwunden zu bleiben.«
Königs Stimme war lauter geworden. Sie hatte begonnen, sich in ihren dunklen Lockenkopf kleine Zöpfchen zu flechten, die in alle Richtungen von ihrem Kopf abstanden, ein sicheres Zeichen für Eifer und Tatendrang. Masur musterte die neue Haartracht anerkennend und meinte:
»Die Spurensicherung hat sicher nichts übersehen. Aber natürlich – wenn es denn einer der Täter war, kann es so sein, und vielleicht ist er fündig geworden. Aber alles reine Spekulation, oder? Wir sitzen fest. Und Kottawa wird auch eine Pleite, da wette ich meinen Arsch drauf. «
Masurs Einschätzung gab letztlich die Frustration aller wieder. Die Ermittlungen traten auf der Stelle, so viel konnte man als gesichert annehmen. Selbst wenn es einen Schritt voranging, hieß das gar nichts, denn wenig später ging es zwei zurück.
König wollte von Masur wissen, ob es Neuigkeiten von der Lennenstraße gab. Der hatte inzwischen noch einmal mit seinem Informanten sprechen können und dessen Weisheiten bereits an das Team weitergegeben. Angeblich
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