Himmelskraft
Kupfer mit gediegenem Rauchzeug besetzt. Ein wohlhabender Mann mußte es sein, der sich dieses Heim für seine alten Tage errichtet hatte. Alles, was Turner sich bisher über den Alten zurechtgelegt hatte, zerflatterte, als er diese Einrichtung betrachtete. Abgesehen davon war hier nichts Besonderes zu entdecken. Turner wagte sich weiter und betrat ein Nebengemach. Ein Speisezimmer, ebenfalls sehr luxuriös und gediegen eingerichtet, aber Mr. Turner interessierte es nicht länger als zwei Minuten. Wenn es in diesem Hause überhaupt etwas für ihn zu holen gab, so konnte es nur in dem Arbeitszimmer des Alten sein. Das hieß es jetzt aufzufinden, und zu dem Zweck mußte er sich entschließen, die Treppe emporzusteigen. Lautlos gelangte er nach oben und hatte bei seinem nächsten Versuch offenkundig Glück. Das Zimmer, das er jetzt betrat, war zweifellos das Arbeitszimmer des Alten.
Das erste, was ihm auffiel und ihn gar nicht erfreute, war ein moderner Stahlschrank. Selbst eine mit modernstem Schweißgerät ausgerüstete Verbrecherbande hätte viele Stunden benötigt, um diesem hochmodernen Safe mit Erfolg zu Leibe zu gehen. Für Turner war die Sache von Anfang an aussichtslos.
Der Tresor schied also aus. Blieb noch die große Bibliothek, die in offenen Regalen in die ebenfalls mit edlem Holz getäfelten Wände eingebaut war. Begierig stürzte sich Turner darauf, um hier wenigstens
Anhaltspunkte zu finden, und wieder einmal erlebte er eine Enttäuschung. In der Hauptsache enthielt diese Bibliothek nur Werke aus dem Gebiet der Hortikultur. Wieder und immer wieder griff Turner in die Regale, aber nur Fachwerke der genannten Art fielen ihm in die Hände. Ärgerlich schob er schließlich den letzten Band wieder zurück.
Ein anderer Gedanke kam ihm, als er einen Blick auf die Standuhr in dem Raum warf. Schon mehr als eine Viertelstunde weilte er jetzt in dem verlassenen Haus. Der junge Mensch war mit einem Rad fortgefahren, vielleicht nur, um eine kleine Besorgung in der Nähe zu machen. Unter Umständen konnte er in jedem Augenblick zurückkehren, und dann sah die Lage für Mr. Turner wenig freundlich aus. Vorsichtig schloß er alle Türen hinter sich, war bald auch mit der Eingangstür fertig und stand bereits im Garten.
Auf kürzestem Wege gedachte er wieder über den Rasen zu der Gartentür zu gehen, als sich etwas ereignete, das weder der junge Mann, der während der Abwesenheit des alten Zacharias das Haus verwaltete, noch Mr. Turner selbst voraussehen konnten. Eins der Bienenvölker war schwarmlustig. Das hatte der brave Jochen vor seinem Weggang noch entdeckt, aber beim besten Willen war es ihm nicht möglich, im Garten zu bleiben und das Ereignis abzuwarten, denn er hatte für den Haushalt eine dringende Besorgung im Dorf zu verrichten.
Immerhin hatte er vor seinem Fortgang noch jenen eigenartigen Holzkasten, den Turner von seinem Beobachtungsplatz bemerkte, in nächster Nähe des Stockes auf einen Stuhl gestellt. Ging die Sache gut, dann würde der ausfliegende Schwarm wahrscheinlich nach Jochens Rückkehr in den Beutekasten einziehen, der zur besseren Sicherheit noch mit einigen Wabenwänden ausgerüstet war. Ging die Sache anders, würde der Schwarm sich in nächster Nähe der Stöcke an irgendeinem Baum oder Busch anhängen, und Jochen Dannewald würde bei seiner Rückkehr vor der Aufgabe stehen, ihn mit einem Schwarmkasten einzufangen und in einen leeren Stock einzusetzen.
Ein kleiner Umstand sollte diesen Gang der Dinge durchkreuzen.
Dieser Umstand war ein in lichtestem Gelb schimmernder Panamahut, den Mr. Turner zu tragen pflegte. Daß der fällige Bienenschwarm inzwischen ausgeflogen war und in beträchtlicher Höhe über Mr. Turner seinen Hochzeitsflug vollführte, während er über den Rasen stelzte, davon hatte der Agent in diesem Augenblick keine Ahnung. Sein einziges Bestreben war darauf gerichtet, die Gartentür zu erreichen und wieder ins Freie zu gelangen.
Aber auf den Weisel, die Bienenkönigin, schien dieser so schön in der Junisonne schimmernde Panamahut eine besondere Anziehungskraft auszuüben. In jähem Sturzflug stieß sie aus der Höhe hinab und ließ sich darauf nieder, und nun ist es ja eine allgemein bekannte Tatsache, daß dorthin, wo die Königin sich zur Ruhe setzt, ihr der ganze Schwarm folgt. Ehe Mr. Turner noch eine Ahnung davon hatte, daß die Königin des jungen Schwarmes sich ausgerechnet seinen schönen Panamahut zum Ruheplatz gewählt hatte, spürte er bereits ein von
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