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Himmelskrieg: Roman (German Edition)

Himmelskrieg: Roman (German Edition)

Titel: Himmelskrieg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Goyer
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das war eine fruchtlose Gedankenspielerei. Sogar wenn Pav recht hatte und dieser Tunnel sich in gerader Linie durch Keanu hindurchzog und auf der anderen Seite endete … ohne Proviant konnten sie nicht hundert Kilometer weit laufen.
    Sie schafften nicht mal zwanzig.
    »Ich glaube«, sagte er mit der Art von vorgetäuschtem Optimismus, mit dem man einen Gefangenen verhörte, »dass wir einen Abzweig oder eine Biegung oder einen Ausgang finden werden, sobald wir das Ende unseres Habitats erreicht haben.«
    »Müsste dieser Punkt nicht schon ganz in der Nähe sein?«, fragte Pav. Er war ein junger Bursche – tätowiert, verkabelt, ungeduldig. Zhao hatte viele Jugendliche seines Schlags kennengelernt, nicht nur in Indien, sondern auch auf seinen verschiedenen Posten in China. Er fand, sie waren schwer zu kontrollieren, jedenfalls wenn man länger als ein paar Stunden mit ihnen zusammen war.
    Obwohl er nicht ernsthaft damit rechnete, Pav länger als ein paar Stunden kontrollieren zu müssen. »Lasst uns weitergehen«, sagte er. »Pav, du bist dran mit zählen.«
    Beide Teenager setzten sich wieder in Marsch.
    Rachel stellte ein größeres Problem dar als Pav. Zhao wusste, auf welche Knöpfe er drücken musste, um einen intelligenten, unreifen männlichen Teenager auf Linie zu halten. Aber er kannte kein Mittel, das vorhersehbare Resultate bei einem intelligenten, unreifen weiblichen Teenager erzielen würde, zumal dieses Mädchen auch noch Amerikanerin war.
    Obendrein befand sich ihr Vater in der Nähe und beeinflusste ihr Verhalten.
    Und als Krönung des Ganzen war ihre tote Mutter erst kürzlich wiederbelebt worden, nur um nicht lange danach ein zweites Mal zu sterben.
    Pav hatte bis 140 gezählt, als alle drei abrupt stehenblieben.
    »Habt ihr das gespürt?«, fragte Rachel.
    »Es war ein Gefühl, als würde ich gegen die Wand gezogen!«, sagte Pav.
    Er war sehr aufgeregt, und Zhao konnte es ihm nicht verdenken. Er selbst hatte auch etwas gespürt … ein Kribbeln, das unter seinen in Sneakers steckenden Füßen begann und an einer Seite seines Körpers hochschoss. »Mach bitte Licht«, sagte er.
    Pav schaltete das Licht an seinem Tablet ein, und verblüfft stellte Zhao fest, dass der Schacht seine zylindrische Form verloren hatte. Die senkrechten Wände waren von einem schimmernden Weiß, wie die Kacheln in einer neuen U-Bahn-Station. Zu ihrer Rechten zweigte ein Gang in eine Richtung ab, die nach Zhaos Einschätzung vom Habitat der Menschen wegführte. Der Hauptschacht verlief weiter geradeaus.
    »Wann fing dieses Theater eigentlich an, dass plötzlich alles so unheimlich wurde?«, gab Rachel von sich. Sie sprach in dem für sie üblichen sarkastischen Teenager-Tonfall, aber Zhao hörte einen Anflug von Panik heraus.
    Mit festem Griff packte er sie bei der Schulter. »Mach das Licht aus«, befahl er Pav. »Ich habe nichts Besonderes gespürt …«
    »… bis auf diesen seltsamen Zug«, beendete Pav für ihn den Satz, worüber Zhao sich ärgerte.
    »Jetzt weiß ich, warum mir diese Umgebung so gruselig vorkommt«, erklärte Rachel. Sie drängte sich so dicht an Zhao heran, dass er spürte, wie sie zitterte. »Das hier ist kein Tunnel, sondern ein Rohr.«
    »Was ist der Unterschied?«, erkundigte sich Pav.
    Zhao staunte über Rachels Erkenntnis und fragte sich, wie ihm dieser Umstand entgangen sein konnte. »Menschen und Maschinen benutzen Tunnel, um irgendwohin zu gelangen. Rohre sind dazu da, Flüssigkeiten zu transportieren …« Er litt nur an wenigen Phobien, aber in einem finsteren, geschlossenen Raum zu ertrinken stand ganz oben auf der kurzen Liste.
    »Die Wände waren aber trocken«, sagte Pav, offenkundig bemüht, etwas Positives zu sagen.
    »Das hat gar nichts zu bedeuten«, fauchte Rachel.
    »Es stellt sich die Frage«, sagte Zhao, »ob dieser neue Abzweig genauso ein Rohr ist wie das, durch das wir gerade gelaufen sind.«
    »Ich bin dafür, dass wir hier abbiegen«, sagte Rachel und steuerte bereits auf die Abzweigung zu.
    »Und geben es auf, nach dem Hund zu suchen?«, fragte Pav.
    »Seit einer Stunde haben wir ihn weder gesehen noch gehört«, sagte Zhao. »Ich finde …«
    Just in diesem Moment fühlte alle drei wieder das seltsame Ziehen und Kribbeln.
    Aber dieses Mal wurden sie gegen die Wand geschleudert und sofort in die Richtung des neuen Abzweigs gezerrt wie Metallspäne, die von einem Magneten angezogen werden. Ein Weilchen hingen sie auf halber Höhe der Wand, dann ließ der Zug nach und

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