Himmelskrieg: Roman (German Edition)
sprach Hindi!
ISRO schickte ein kleines Unterstützungsteam nach Star City. Diese Leute waren die einzigen Menschen, mit denen sich die Familie unterhalten konnte, und das jüngste Mitglied des Teams war siebenundzwanzig Jahre alt. Gezwungenermaßen war man aufeinander angewiesen, vielleicht ein bisschen zu sehr, denn Pavs Mutter, Amita, verliebte sich in … Vikram Nayar. Als das herauskam, hatte Taj sich von ihr getrennt. Und Nayar wollte auch nichts mehr von ihr wissen.
Amita war dann ein Verhältnis mit einem Russen in Star City eingegangen. Und Pavs Leben, das zu der Zeit nicht gerade angenehm war, hatte sich noch weiter verschlechtert.
Pav musste so schnell wie möglich Russisch lernen. Seine ersten Vokabeln waren chorny mat – »schwarzer Arsch«, der reizende Ausdruck, mit dem seine russischen Klassenkameraden jemanden mit dunkler Haut bezeichneten.
Allmählich liefen die Dinge jedoch besser, denn die Russen überschlugen sich immer noch für jemanden, der das klassische Klavierspiel beherrschte, und auf diesem Gebiet glänzte Pav tatsächlich. Aber es wurde nie richtig toll oder auch nur einigermaßen gut. Im Augenblick dachte Pav immer noch, dass das irre Schweben in dem stinkenden Objekt und der erste gruselige Tag auf Keanu nicht so schrecklich waren wie seine ersten Monate in Russland.
Schon wieder sauste etwas an ihm vorbei! Irgendwas war eindeutig rund zehn Meter vor ihm auf den Scheißboden gefallen.
Langsam stemmte Pav sich auf die Füße und schlüpfte in die Sandalen. Das wollte er sich aus der Nähe ansehen.
Vorsichtig pirschte er sich an die betreffende Stelle heran, wo das verdammte Dingsbums gelandet war.
Zwei Gegenstände lagen im Dreck. Pav bückte sich und hob sie auf … ein Lippenstift und eine Münze, ein amerikanischer Vierteldollar.
»Buh!«
Er hatte mit so was gerechnet, trotzdem zuckte er zusammen. »Gottverdammt!«, fluchte er. Mehr fiel ihm nicht ein.
»Tut mir leid, aber ich konnte nicht anders. Du bist Pav, richtig?« Es war Rachel, Zack Stewarts Tochter. Auf der Erde waren sie sich mindestens zweimal begegnet, aber das lag Jahre zurück, damals musste sie ungefähr elf gewesen sein. Sie war größer und kräftiger geworden. Das Gleiche galt allerdings für Pav. Jetzt war er fast eins achtzig groß.
»Seit wann beobachtest du mich?«
»Noch nicht lange.« Rachels Stimme klang neutral, und in diesem beschissenen Zwielicht konnte Pav nicht erkennen, ob sie ihn hämisch angrinste, weil sie gesehen hatte, wie er an sich selbst herumgefummelt hatte.
»Willst du deine Sachen zurück haben?« Er hielt ihr den Lippenstift und den Vierteldollar hin.
»Nur, wenn du mir zeigst, wo ich sie benutzen kann.«
»Tja, ich denke, mit dem Vierteldollar kannst du hier nicht viel anfangen. Aber den Lippenstift könntest du noch brauchen.«
»Zu welcher Gelegenheit? Beim Schulabschlussball?«
Doch sie nahm ihn und stopfte ihn in eine Tasche ihrer Jeans.
»Was machst du hier draußen?«, erkundigte er sich.
»Dasselbe wie du.« Es klang so harmlos, dass er aufatmete. Sie hatte ihn nicht ertappt.
»Wolltest du nur mal allein sein?«
»Ja, sicher.« Sie blickte auf das Tablet in seiner Hand. »Mein Gott, du hörst Musik?«
»Für ein Weilchen.«
»Darf ich auch mal? Wen hörst du gerade?«
»Summer Jihad.«
»Die kenne ich!«
»Na so was.« Er glaubte ihr kein Wort, aber trotzdem gab er ihr das Tablet.
»Scheiße, yeah! ›Blow Me, Blow You‹, ›Down, Up, Down‹. Die hab ich auch alle auf meinem Tablet.«
»Wo ist deiner abgeblieben?«, fragte er. Er musste fast brüllen, denn Rachel hatte die Ohrstöpsel reingeschoben und tanzte herum, fasziniert von der Musik.
»Ich hab ihn verbuddelt!«, schrie sie zurück. »Im Grab meiner Mom!«
Natürlich wusste Pav alles über Megan Stewarts Tod. Er und sein Vater waren im Kennedy Space Center dabei gewesen, als Zack die Nachricht von dem Unfall erhielt. Dann waren sie in den Vereinigten Staaten geblieben, um an der Beisetzung teilzunehmen.
Und im Bangalore Control Center hatte er auch die seltsamen Gerüchte gehört, dass Megan Stewart hier auf Keanu irgendwie von den Toten wiedererweckt worden war.
»Welches Grab meinst du?«, fragte er und wagte es, über ein sehr heikles Thema zu scherzen.
Und er traf einen Nerv. Rachel nahm die Ohrstöpsel heraus. »Es gibt nur eines«, antwortete sie und wurde auf einmal sehr ernst.
»Na ja, und was geschah dann? Angeblich sind hier die tollsten Sachen passiert …«
»Zum
Weitere Kostenlose Bücher