Himmelsmechanik (German Edition)
mikrometrischen Hingabe an das Gefühl für das Maßnehmen.
Ich habe bei einem ausgezeichneten Chemie-Professor am Rutherford College von Newcastle studiert, und am Caius College habe ich mich in der Physik der chaotischen Systeme bei Allison perfektioniert, aber mehr als diese hat mich die Santarellina ausgebildet, die mir beibrachte, auf ihre Art zu tanzen. Die Tangos zu tanzen, die die Duse an manchen Samstagen spielte, wenn sie mit einem verqueren Gefühl von der Schule der Capria zurückkam, und dann zog sie sich die Stiefel aus und ging als erstes das Akkordeon holen. Und ließ ihren Sohn mit ihrer besten Freundin tanzen, um festzustellen, dass wenigstens dort alles in Ordnung war und sie sich eine halbe Stunde Pause gönnen konnte, bevor sie wieder zur Lehrerin wurde. Und wir beide, ihre Liebsten, ihre Schützlinge, die nichts anderes taten, als sich um sie zu kümmern, hatten die ganze Woche über am Radio trainiert, um uns nicht zu blamieren, damit die Duse sicher sein konnte, dass wir ein eingespieltes Paar waren, und sie nichts fürchten musste, weder für uns noch für sie.
In Sachen Tango brauchte sie gewiss nicht um mich oder die Santarellina zu fürchten, denn wir waren so gut wie zwei große Diven der Tanzfläche geworden. Da habe ich meinen Sinn für das Maßnehmen gelernt. Und es war diese besondere Feinfühligkeit, die mir in den Fingern und den Fußsohlen kribbelte und die, ohne jede Anstrengung des Willens, der ewigen Unbeständigkeit zweier von der Musik bewegter Körper ein dauerhaftes Gleichgewicht verlieh. Der Körper eines kleinen Jungen und einer Zwergin, auf eine so ungleiche Weise zusammengebracht, dass es in jedem anderen Zusammenhang als dem eines ihrer leidenschaftlichen Tänze komisch und lächerlich gewesen wäre.
Aber bevor ich die Santarellina führte, war sie es, die mich führte; sie war es, die mich auf das Kribbeln hinwies, das ich spüren würde, wenn es soweit wäre, die Rolle zu wechseln, und ich geeignet wäre, Kavalier zu werden. Das wusste Nita nicht, und ich habe es ihr gesagt; denn es ist gut, dass sie weiß, dass alles, was jetzt zwischen uns ist, die neue Nachgiebigkeit, die uns dazu bringt, Häuser zu bauen und Hexen zu trotzen, nichts anderes ist als unser leidenschaftlicher Tanz, sein perfektes Maß. Nichts anderes ist als mein Beruf.
Auch das habe ich ihr gesagt: dass ich nicht mit der Berufung zum Bombenleger geboren wurde, sondern mit der Notwendigkeit, einen Beruf zu haben. Und auch wenn die Duse dies gewiss nicht im Sinn hatte, als sie ihre Erbschaft verkaufte, die Osteria, um mich zum Studieren zu schicken, so habe ich nie an etwas anderes gedacht als an meinen Beruf. Und den habe ich mir gesucht. Es war nicht schwierig, habe ich ihr erklärt: Er kam im Ausschlussverfahren.
Ich erzählte ihr, wie die Duse mich nach Newcastle schickte, wobei sie eine Schule auswählte, die eine Osteria pro Semester kostete, und mir auftrug, mich bei allem, was ihre Ressourcen überstieg, allein durchzuschlagen. Ihr Gedanke war, dass dort die Santarellina war, dass dort etwa hundert Landsleute und vielleicht mehr waren; keiner von ihnen war so gut versorgt aufgebrochen wie ich, keiner, um so entspannende Dinge zu tun, wie in einem College von reichen Leuten zu studieren; doch keiner, keiner hatte, um das zu erreichen, für das er aufgebrochen war, jemals etwas nötig gehabt, was er nicht mit seinen Händen tun konnte. Sie hatte recht, und ich habe mich an die Regel gehalten.
Als ich losfuhr, war die Santarellina schon seit ein paar Jahren da, um Kartoffeln und kleine Fische zu braten, aber ich bin sie nur zu manchen Feiertagen besuchen gegangen; sie nahm es mir nicht übel: Auch sie wusste, dass es mir nicht guttun würde, dass ich so tun müsste, als wäre niemand da, mit dem ich über all das sprechen konnte, was vor dem College der reichen Leute von Rutherford gewesen war. Ich hatte einen guten Chemielehrer. Er hieß Gallup, wie die berühmte Meinungsforschungsgesellschaft und der Porridge, den sie uns zum Frühstück gaben. Ihm zufolge war ich für die Chemie und Rugby geboren. Ihm zufolge waren Rugby und Chemie eng miteinander verwandt, und alle beide reichten aus, um alles andere vom Leben zu begreifen. Es ist nur eine Frage der starken Verbindungen und schwachen Verbindungen, alles kommt daher, von den Verbindungen und von den Wechseln. Das verstand ich, und mir gelang es besser als allen anderen in der Klasse, Moleküle zusammenzubauen und wieder
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