Himmelsmechanik (German Edition)
ein paar Jahrtausenden umtreibt und uns den Kopf verdreht, bis es damit endet, dass wir einander fremd werden. Und fremd gewordene Menschen machen sich am Ende immer böse Gedanken über die Freiheit.
Die Freiheit ist ein einsames Opfer und eine Qual der Seele, und deshalb versuchen wir sie zu besänftigen, sie etwas zahmer zu machen. Hier gibt es Friedhöfe voller Menschen, die für die Freiheit kämpften, bis sie dabei draufgingen, etliche von ihnen sind Tausende von Kilometern weit weg von dort gestorben, wo sie geboren wurden, und haben von Freiheit sprechen hören, bis sie diese zu ihrer Leidenschaft gemacht haben. Menschen, die in Paraguay, in Polen, in Spanien, in Griechenland, in Russland starben, vor mehr als hundert Jahren, noch weiter zurück in der Zeit. Ohne all die zu zählen, die hier zu Hause gestorben sind. Auf ihren Grabsteinen steht immer nur FÜR DIE FREIHEIT GESTORBEN. Doch ihr Tod, wenn man so sagen kann, war eine einfache und ehrliche Angelegenheit. Und dann sind es auch nicht so viele gegenüber denen, die »an Freiheit« gestorben sind. Die hundert Jahre gelebt haben, ohne auch nur einen Tag Pause von einem Schmerz, der sie von innen auffraß, wie eine Spinne, die sie in ihrem Netz fing und sie in aller Ruhe verschlang und sie dabei jahrzehntelang mit dem Tod kämpfen ließ. Die Hälfte derer, die an Zirrhose starben, hingen dabei an der Flasche mit
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, nur um diesen Schmerz zu stillen, und ich glaube sogar, die Hälfte derer, die sich an die Schwarzen Brigaden verkauften. Die lästige Freiheit, das Unangebrachte zu denken, die unerklärliche Freiheit des Geistes, die sich im Halbschatten des Zweifels umtreibt, die göttliche Eingebung, die die Hände in einer wunderbaren Bewegung befreit; diese Freiheit, die weder Namen von Freunden noch von Feinden hat, kann eine allzu grausame Folter, eine zu schwere Arbeit sein.
Viel einfacher, eine Laune zu befriedigen und sich den Unterdrücker zu greifen und ihm mit einem Schnitt der Hippe die Kehle durchzuschneiden, den Ausbeuter zu packen und ihn in den Schacht einer Höhle hinabzustoßen. Noch einfacher, die zu verhöhnen und aufzuknüpfen, die dir ihren Kummer, ihr rasendes Fieber, um das du sie beneidest, ins Gesicht schleudern. Aus diesem Grund kultivieren wir mit solcher Hingabe unsere Traditionen und die dummen Pflichten, die damit zusammenhängen. Um uns zu beruhigen.
Wenn ich jetzt dieser gesegneten Tochter die Hippe überlasse, dann weiß ich, dass ich ein unglückliches Wesen auf die Welt bringen werde, das dazu bestimmt ist, sich eine zusätzliche Freiheit auf den Rücken zu laden, neben der, die durch die Gepflogenheiten des Ortes vereinbart ist. Und vielleicht nicht nur eine, und vielleicht nicht nur diese. Denn wenn einmal eine Ordnung der Dinge verletzt ist, bleibt nichts mehr unbeschädigt. Tatsache ist, dass ich das gut fände, dass ich bei allem Sklave meiner Gene, des Ur-Egoismus bin, der die Fortsetzung der Erbschaft verlangt; und bis zur Nacht der Wahl des 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten wusste ich das nicht. Und mein Unglück ist es, dass, wenn der Omo Nudo tot ist, niemand mehr da sein wird, der verhindert, dass ich meinen inneren Trieben nachgebe, niemand, der dafür stark genug ist: Ich bekleide hier die Position, die die eines Königs wäre, ein unbestreitbares Privileg, das mich mehr zum Sklaven als zum Herren macht. Gott möge mir vergeben.
Und nicht alle alten Gepflogenheiten sind erhalten geblieben, weil die Zeit die Grobheiten gemildert hat, weil die Menschen ärmer an unmäßigem Stolz geworden sind, der sie in den barbarischsten und wahrsten Gewohnheiten beherrschte. Es gab einmal eine Zeit, da brachten sich die Könige zum vereinbarten Zeitpunkt gegenseitig um. Wer den Titel eines Königs genießen wollte, wusste, dass das Glück, nach dem damaligen groben Kalender, ein Dutzend Jahre dauern würde. Das wurde aufgrund der bitteren Erfahrung berechnet, dass zehn Jahre genügten, damit jeder, auch der redlichste Mensch, zum Hochmut verleitet würde. Weswegen man nicht fehlgehen konnte und es klar war, dass, wer König werden wollte, auf jeden Fall mit dem falschen Fuß begann, da sein Nachfolger mit dem Königsmord beauftragt wurde. Das war ein gutes System.
Es werden zehn Jahre vergehen, und niemand wird mich umbringen, auch nicht der ehrgeizigste Thronaspirant. Und niemand wird es gar wagen, mich dafür zu kritisieren, dass ich die Hippe, die Bresci gehörte und davor Otello und noch davor
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