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Himmelsmechanik (German Edition)

Himmelsmechanik (German Edition)

Titel: Himmelsmechanik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio Maggiani
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es aus Holz. Als sie uns nach dem Ablauf zweier Jahrhunderte von Revolten schließlich vernichteten und zerstreuten, wollten die Befrieder, dass wir jegliche Demütigung unterschrieben, einschließlich des Verbots, jede Art von Waffen zu tragen. Und so kam es, und das Verbot besteht auch heute noch, von vielen Imperien und Präfekturen geerbt, die seitdem aufeinandergefolgt sind. Aber unsere Vorfahren, das, was nach der Katastrophe von ihnen geblieben war, zeigten sich gewitzt und fanden einen Weg, es zu umgehen. Sie wurden gewitzt aus Verzweiflung, denn es liegt viel Metapher im Schwert und zu viel in seinem Verlust. Sie baten darum, wenigstens eine kleine Sichel für die Arbeit im Wald und auf den Feldern benutzen zu dürfen, damit sie nicht an Hunger starben, und die Gnade des Imperiums gewährte sie ihnen. Sie nahmen also ihre Schwerter und bogen die Spitze um. Formal war es eine Sichel, da war nichts zu sagen, doch in ihren Händen war es noch ihr Schwert. Und heute tragen wir die Hippe genau wie sie damals: für die unzähligen Fälle der Arbeit im Wald und auf dem Feld, und wegen der Metapher, die sie noch in sich trägt. Und die wir pflegen.
    Die schönste Hippe des Reviers wurde vom Zunftmeister der Schmiede in einer Werkstatt in Metello geschmiedet, zu den Zeiten, als Napoleon auf St. Helena war; sie wurde im Namen aller Zunftbrüder dem Ururgroßvater von Aristo geschenkt, und nun ist er in ihren Genuss gekommen; und sein Sohn und dann wer weiß, er hat nur eine Nichte. Meine gehörte keinem, den man kennen würde; ich habe sie vor vierzig Jahren auf der Werkbank eines Schmiedes gefunden, der sich mit Zirrhose umbrachte, damit ihm nicht das Zimmer gepfändet wurde, in dem er schlief. Sie ist so gut wie so viele andere und wird nur deshalb nicht in die Geschichte eingehen, weil sie meinen Namen trägt. Die Hippe des Omo Nudo war von seinem Vater Otello, und davor war sie offenbar für Ontano geschmiedet worden, den Mann, den der Anarchist Bresci von Amerika bis nach Soraggio gebracht hatte, um sich darauf vorzubereiten, den König hinzurichten. Ontano ließ die Hippe in der Obhut von Otellos Vater zurück, um den königlichen Garden nicht die Gelegenheit zu geben, auf ihn zu schießen, während er infolge der wohlbekannten Ereignisse die Flucht ergriff. Dank Melina hatte die Hippe den Krieg unter dem Misthaufen, in einen Fetzen mit Schmalz eingefetteten Wollstoffs gewickelt, überstanden, und dort hatte der Omo Nudo sie gefunden, als er in den Trümmern wühlte. Sie wird zwar nie wie die von Aristo sein, aber es fehlt nur wenig. Wenn er stirbt, dann glaube ich, dass sie mir, seinem Lieblingsneffen, zusteht, und dann wird es an mir sein, meine einzuschmelzen oder sie irgendwo hingeworfen vergehen zu lassen. Nicht schlimm, denn letztendlich ist sie aus einem Fiasko hervorgegangen.
    Ich glaube, wir bekommen bald eine Tochter, und ich weiß schon, dass wegen meines Erbes Probleme auftauchen werden. Wie ich Nita kenne, wird sie unweigerlich Fragen über die unterdrückerischen Sitten und Traditionen stellen, und sie wird es nicht ohne einen Grund tun. Das wird mich in Versuchung führen, denn es ist nicht gut, dass man eine Hippe verkommen lässt, vor allem, wenn sie jemandem mit einem Namen gehörte, und es ist eine Todsünde, dass die Hippe des Omo Nudo im Nichts enden soll. Wenn es also eine Tochter sein wird, möchte ich jetzt gern die Hippe, die schon dem Omo Nudo gehört hat, ihr überlassen. Ihr sagen, wie man sie benutzt und wie man sie hält, sie in den Wald führen, um es ihr beizubringen. Für sie einen Ledergürtel finden, in dem sie sie ihrer Gestalt als Frau entsprechend aufbewahren kann, ihr vermutlich eine anpassen müssen, denn es werden keine Hippengürtel eigens für Frauen angefertigt.
    Mir gefällt diese Vorstellung von ihr, wie sie eine Amtsstube betritt und ihre Hippe irgendwohin legt, damit klar wird, dass sie nicht vorhat, dort irgendjemanden zu provozieren. Ich würde gerne wissen, ob sie es versteht, zur Saison den Nussbaum im richtigen Maß zu entlauben, ohne einen Schrecken zu bekommen, wenn die Hexen zu brüllen anfangen. Aber damit das geschieht, muss ich besondere Vorkehrungen treffen, und sie noch davor in den Gebrauch ihrer Hippe einführen. Mich gegen die Sitten und Gewohnheiten dieses Reviers stellen, gegen das, was es in ihrem unterdrückerischen Charakter an Gutem gibt. Was eine erprobte lindernde und besänftigende Funktion dieser ganzen großen Freiheit hat, die uns seit

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