Himmelsmechanik (German Edition)
höchster Qualität.
Sie steht auf und geht in die Welt der Produktion essenzieller Güter mit einem Schwung voll zuversichtlicher Erwartung. Katzenhaft geht sie zu ihrem Karmann, indem sie den langen Weg über den Vorplatz nimmt, während sich der Nebel um sie herum lichtet und sie, die die Szene liebt, sich verneigt, während sie die Tasche in den winzigen Innenraum des Coupés wirft, zuerst vor dem Tal und dann vor dem Haus, und sich in einer unverständlichen Sprache verabschiedet.
Das katarrhartige Dröhnen dieses großartigen Autos reißt die letzten Fetzen des Raureifs, die noch um den Nussbaum herumtrödeln, in tausend Stücke. Zwischen den vom Eis ausgetrockneten Zweigen erschaudern die alten Hexen, mehr tot als lebendig, beim unerträglichen Gestank des Auspuffs. Ich glaube nicht, dass sie jemals wieder von diesem Baum heruntersteigen werden. Und doch habe ich noch irgendwo das alte Akkordeon meiner Mutter, und wenn ich wollte, könnte ich versuchen, damit sie etwas weniger alt und traurig werden, für sie sowohl den Rumba als auch die Passacaglia zu spielen. Die Tänze, die die Duse mir mit Leidenschaft in der klaren Überzeugung beibrachte, dass sie mir einmal nützlich sein würden; denn, so urteilte sie über meinem Hals, während sie versuchte, ihn so zu beugen, dass ich nicht im Balg ersticken würde, es kommt immer die Zeit für den Rumba, und es kommt die für die Passacaglia. Die Zeit, ach ja; aber das ist gerade die Zeit, in der die Hexen viel zu taub und rheumatisch geworden sind, um mit mir zu tanzen; und sie haben keine Lust mehr auf einen Mann, sie haben keinen Sinn mehr für Musik.
An wen denke ich, wenn ich, im Begriff, das Buch wegzuwerfen, das mir schwer in der Hand lastet, mich zu Nita wende und sie ansehe, schielend, um mit einem einzigen Blick die Konsistenz ihrer Milchbrüste und die Fülle ihrer Hüften zu bewundern? Ich denke an die Duse, ich denke an meine Mutter. Ich denke an die Tatsache, dass ich auch geboren wurde. Und an meinen Vater, den legendären, der, was immer er auch getan hat, offenbar nie dageblieben ist, um die Milchbrüste seiner Frau zu betrachten. Bestimmt nicht, um sanft den Hals seines Sohnes zu drehen, der lernen musste, außer dem Akkordeon auch sein eigenes Schicksal geneigt zu halten. Doch mein Vater ist eine Geschichte, meine Mutter ist Fleisch, das Fleisch der Duse. Sie ist auch jetzt Fleisch, und sie ist schon seit einem Jahr tot, sie ist Fleisch, auch wenn sie ihre ganze Zeit damit verbracht hat, mir die Dinge des Geistes beizubringen.
Sie war die Lehrerin.
Wie sehr ich die Lehrerin Duse lieb hatte, weiß ich noch nicht, und wie sehr sie mich lieb hatte, ist ein Geheimnis, das sie mir nie offenbaren wollte. Aber eigentlich ist Liebhaben zwischen einer Mutter und einem Sohn nicht nichts. Sie können nur dann lernen, sich lieb zu haben, wenn einer von beiden davongegangen ist, üblicherweise für immer. Doch solange sie sich ansehen, und sie können sich auch anfassen, gibt es nur Liebe und Verachtung für die Liebe. Sie hat mir nicht nur den Rumba und die Passacaglia beigebracht, sondern mehr oder weniger alles, was sie wusste. Sie hat mit mir gesprochen, sie hat immer über alles mit mir gesprochen, ohne irgendwelche Zurückhaltung. Und sie hat mir immer die tollsten Dinge gesagt.
Wie auch sonst immer, hat mir die Duse ohne Verlegenheit die Umstände meiner unbefleckten Empfängnis und der darauffolgenden Geburt erzählt. Sie wartete nicht, bis ich sie danach fragte.
Vor allem sagte sie mir eines Tages, wie schön es gewesen war. Ich hätte es nie geglaubt, aber als sie es mir erzählte, dachte ich, es müsse wahr sein. Als sie mir das Foto eines wunderbaren Mädchens zeigte, das sich an ein Fahrrad lehnte, mit langen, lockigen Haaren, die bis zur Stange reichten, empfand ich zum ersten Mal etwas für meinen Vater: wütende Eifersucht.
An einem Sonntag, als ich noch nicht die vierte Grundschulklasse beendet hatte, nahm sie mich beiseite, es war fast Sommer. Sie wusch mir sorgfältig die Hände. Ich erinnere mich an jede Einzelheit, als wäre es eine Frage von Leben und Tod: Es war schon Abend und meine Hände rochen nach Säure, weil mein Spiel gewesen war, so viele Ameisen wie möglich zu töten. Hinten im Garten war ein riesiger Ameisenhaufen mit großen schwarzen Ameisen im verfaulten Stamm einer Platane; im Herbst wuchsen in der Rinde Hallimasch-Pilze. Mit ganz sauberen Händen ließ sie mich auf dem Sofa mit den Eisenfedern Platz nehmen, wo
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