Himmelsmechanik (German Edition)
die Santarellina über ihre Tragödie lacht, erscheint mir rätselhaft; ich weiß nicht, ob sie es so gelernt hat, ob sie sich dazu gezwungen hat, ob sie nichts Passenderes für sich und das Leben im Allgemeinen gefunden hat. Denn über all das, von dem sie erzählt, muss sie irgendwann lachen. Mit geschlossenem Mund, mit aufgerissenen Augen, gerade mit einem winzigen Speichelfaden, wenn ihr aus Versehen die Spitze eines Porzellanzähnchens zwischen den Lippen hervorschaut. Nita sagt, dass sie sich, so winzig sie ist, auf diese Weise in vielen schlimmen Situationen aus der Affäre gezogen haben muss. Indem sie lachte. Denn wenn es dir wirklich schlecht geht, ganz schlecht, um es mit ihren Worten zu sagen, und du keine Möglichkeit hast wegzulaufen oder etwas anderes zu tun, dann findest du heraus, dass Lachen funktionieren kann. Ich glaube, dass sie recht hat, wenigstens in Bezug auf die Santarellina, obwohl ich von ihr nur das weiß, von dem sie will, dass man es weiß, aus ihrem Mund oder damals von ihrer Freundin Duse, und den Rest könnte ich mir nur vorstellen. Und das hilft nicht.
Die Santarellina ist, außer dass sie Witwe ist, auch als Waise geboren. Jene Art von Waisen, die damals auf dem Altar von San Lazzaro in der Kapelle der Nonnen von Sassi zurückgelassen wurden. Ihr Name, Santarellina, ist genau diese Art von Namen, den die Nonnen den Findelkindern gerne gaben: Sie werden sie dort mehr tot als lebendig gefunden haben, sie werden mit Freude festgestellt haben, dass sie nicht so stark zitterte, dass man verzweifeln musste, dass sie sie mit wenig zufrieden stellen konnten, und dann haben sie ihren Wahlnamen gefunden. Ich weiß nicht, wie sie sich da oben in Sassi durchgeschlagen hat, aber auf jeden Fall ist sie nur kurz dort gewesen. Als sie acht Jahre alt war und schon die Schule beendet und gelernt hatte, Holzschuhe zu tragen, ohne zu stolpern, kamen Bauern, um sie zu kaufen, und nahmen sie mit. Damit sie sich später um nichts Sorgen machen müssten, baten sie die Nonnen, einen Pfarrer zu holen und sie die Erstkommunion empfangen zu lassen. So war das üblich. Es herrschte eine große Lust, die Kinder frühzeitig arbeiten zu lassen, damit sie lernten, ohne Widerworte bei den Arbeiten zu dienen, und damit sie zufrieden in der Knechtschaft aufwuchsen. Wenn in den Häusern der Tagelöhner nicht genügend Kinder waren, gingen die Landbesitzer zu den Nonnen, wählten aus, was sie brauchten, und boten dem heiligen Josef, dem erhabensten der vermeintlichen Väter, eine Gabe dar. Punkt und Schluss. Kein Einwand diesbezüglich: Es war ein gutes Werk; auf die eine oder andere Art schien es, als müsste es das sein.
Tatsächlich habe ich nie gehört, dass die Santarellina Kommentare zu ihren Eltern abgab oder Urteile über ihre Situation äußerte. Ob es ihr im Waisenhaus besser gegangen wäre? Sie erinnert lachend daran, dass sie, als sie anfing, in den Wäldern zu arbeiten, weniger wog als die Last, die sie tragen musste. 25 Kilo Kastanien. Oder ein Lamm, das etwas leichter war. Meiner Meinung nach, und ich stütze mich da nur auf das Gesetz der Schwerkraft und der Hebelkraft, musste sie eine Kleinigkeit mehr wiegen, um der Schwerkraft entgegenzuwirken und einen effektiven Hebel anzusetzen; doch das ist nur eine Detailfrage, und es ist nicht ausgeschlossen, dass die Santarellina ihre Arbeit entgegen den Naturgesetzen verrichten konnte.
Sie erinnert sich an das Leben, das sie lebte. An die Lieder, die sie sang; alles Kirchenlieder, die ihr die Nonnen beigebracht hatten. Die Lieder waren wichtig, denn sie leisteten ihr viel Gesellschaft in den Wäldern und auf den Weiden oberhalb des Turrite-Tals, die bis zu drei, vier Stunden von den Schäferhütten entfernt waren. Die Gespräche, die sie allein leise vor sich hin führte, um nicht gehört zu werden; auch die waren wichtig, denn wenn man nicht ein wenig plaudert, verliert man die Gabe, die Gott uns gegeben hat, sich mit Sprache auszudrücken, um also die Bestätigung zu bekommen, dass man anders auf der Welt ist als die Tiere. Sie redete nie mit den Tieren, denn sie erinnert sich, dass sie immer vor ihnen Angst gehabt hat; einschließlich der Lämmer und der Schafe, die erschraken, wenn sie nur ihre Gerte aus frischer Weidenrute sahen. Und doch war es so. Sie erzählt, dass sie diese Angst im Nonnenkloster bekommen hatte, und sie hat sie nie wieder verlassen. Denn wenn sie eine böse Waise war, sperrten die Nonnen sie zum Schlafen in den Stall mit dem Esel
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