Himmelspfade - Engel weisen uns den Weg
Schultern!« Ich erschrak fürchterlich. Wie sollte ich mit einem kranken Kind über die Bretter und die Leiter nach unten kommen? Der Engel verschwand. Ich drehte Megan auf den Rücken. Sie war sehr heiß und ganz nassgeschwitzt vom Fieber. Ich griff nach der Taschenlampe und den Autoschlüsseln. Als ich die Zimmertür öffnete, konnte ich nicht das Geringste sehen. Es war stockfinster. Auch der Mond schien nicht. Ich blieb stehen und wartete, bis meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
Der Engel, der mich aufgeweckt hatte, erschien wieder und sagte: »Ich gehe vor dir her. Hab keine Angst, Lorna. Megan wird wieder gesund.«
»Aber ich habe große Angst«, erwiderte ich. »Megan ist so schwer, und sie glüht förmlich.« Die Dunkelheit hüllte uns ein. Im Strahl der Taschenlampe sah ich lediglich die Holzbretter und den Engel vor mir. Das schwache Licht, das von dem Engel ausging, wurde nirgendwo zurückgeworfen. Doch plötzlich waren die Bretter in ein Licht getaucht, das von den Füßen des Engels ausgestrahlt wurde. Die Engel halfen mir.
»Das ist wirklich unheimlich«, sagte ich zu dem Engel, der vor mir herging. Ich hatte Angst davor, das Gleichgewicht zu verlieren und hinabzustürzen.
Der Engel drehte sich um und sagte: »Folge mir!« Langsam ging ich über die Bretter. »Du fällst nicht, Lorna«, sagte der Engel. »Mach einen Schritt nach dem anderen!«
Bei der Leiter angekommen, fragte ich den Engel: »Und wie soll ich jetzt da runterkommen?«
Der Engel sagte: »Leg Megan auf die Bretter und geh dann auf alle viere!« Ich legte Megan so nah wie möglich an der Leiter auf die Bretter und atmete tief durch, während ich auf alle viere ging. Ich spürte, wie mir der Engel die Taschenlampe aus der Hand nahm. Dann setzte ich einen Fuß auf die Leiter. »Jetzt leg dir Megan über die linke Schulter!«, forderte der Engel mich auf. Zitternd brachte ich Megan in die entsprechende Position. Ich hatte große Angst, hinunterzufallen.
Nun erschien der Engel Hosus neben mir. »Halte den Atem nicht so stark an, Lorna. Du machst das sehr gut.« Jetzt, wo Hosus da war, wurde ich ruhiger und brachte mich auf der Leiter in Position. Zentimeter für Zentimeter und Schritt für Schritt tastete ich mich nach unten. Hosus war dicht bei mir. Währenddessen wachte Megan keinen Moment völlig auf. Ich wusste, dass sie halluzinierte, da sie Selbstgespräche führte, die keinen Sinn ergaben.
Als wir am Fuß der Leiter angekommen waren, war ich unglaublich erleichtert. Ich ging durch die anderen Zimmer in den Stall. Dabei ging mir der Engel die ganze Zeit voraus und leuchtete mir auf dem Weg. Hosus stand an der provisorischen Tür und hielt sie auf. Als ich hinausging – Megan immer noch auf der Schulter –, drehte ich mich noch einmal um und dankte dem Engel mit dem schönen Licht. Lächelnd sagte er: »Ich heiße Avajil.« Und damit verschwand er.
Ich durchquerte den Garten und legte Megan auf den Autorücksitz. Als ich den Zündschlüssel umdrehte, sah ich im Rückspiegel, dass sich das Licht um Megans Schutzengel eine Sekunde lang öffnete. Voll tiefer Liebe und Fürsorge strich er Megan über die Stirn. »Nun fahr schon los, Lorna«, ermahnte mich Hosus vom Beifahrersitz aus. Als ich in Mauras Einfahrt bog, war im Haus bereits Licht. Erleichtert sah ich, dass die Eingangstür aufging. Maura half mir, Megan ins Haus zu tragen. Wir legten sie in eine Badewanne mit kühlem Wasser und rieben sie mit einem Schwamm ab. Dann gaben wir ihr einen Löffel Medizin und legten sie in ein Bett. Megan lächelte uns an und schlief dann schnell wieder ein. Am nächsten Morgen untersuchte der Hausarzt Megan. Ihre Drüsen waren geschwollen, und sie hatte einen entzündeten Rachen, aber – so versicherte er mir – in ein paar Tagen würde es ihr wieder besser gehen. Diese paar Tage blieben wir bei Maura.
Die Nachricht von meinem Umzug sprach sich herum, und immer mehr Leute fanden heraus, wo ich wohnte. Manchmal konnten die Leute wegen des Bauschutts und des Matsches nicht einmal in den Garten kommen, aber im Großen und Ganzen machte ihnen das wohl nichts aus. Manchmal fuhr jemand vor und erschrak, wenn er aus dem Auto stieg und in den Matsch trat. Deshalb ging ich dazu über, den Anrufern zu sagen, dass sie Gummistiefel mitbringen sollten. Ich sagte ihnen auch, es gebe noch keine Toilette und sie müssten auf die Felder gehen, genau wie ich auch. Meistens lachten die Besucher nur und verschwanden für ein paar Minuten
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