Himmelspfade - Engel weisen uns den Weg
zwei Engel neben mir. Ich gehe weiter und kann nun einen kleinen runden Hügel erkennen, in dem sich eine Höhle befindet. Ich komme immer näher. Und ich frage mich: »Bewege ich mich auf die Höhle zu, oder kommt sie mir entgegen?« Dann bleibe entweder ich stehen, oder die Szenerie steht still, und ich kann plötzlich die Höhle klarer erkennen, als hätten die Engel ein Licht angeschaltet, um mir das zu ermöglichen. Zahlreiche Engel fliegen über den Hügel hinweg und umkreisen ihn. Dabei erzeugen sie das sanfte flackernde Licht, das mir den Weg bahnt. Diese Engel tragen keine Lichtkugeln wie diejenigen, die zuvor an mir vorbeigeeilt sind. Sie sind hier, um die Höhle zu erleuchten und sie vor dem eisigen Wind zu schützen. Vor der Höhle steht ein kleiner windschiefer, von Menschen errichteter Unterschlupf. Er ist etwa einen Meter tief und besteht aus glatten, abgerundeten, grauen Steinblöcken von je etwa 30 Zentimetern Länge. Das Dach ist aus trockenen Rindenstücken, Stroh und Moos angefertigt, so wie man es manchmal auch bei Komposthaufen sieht. Beim Näherkommen sehe ich, dass die Höhle größer ist, als es zunächst den Anschein hatte – sie ist etwa sieben Meter breit und zehn Meter tief. Ich spüre, dass im Dunkeln tief im Inneren der Höhle Leben ist, ein paar kleine Tiere. Ich kann sie riechen. Manche Tiere sind etwa so groß wie Ziegen, aber meine Aufmerksamkeit gilt nicht ihnen. Die Engel in meiner Nähe sagen mir, dies sei der Geburtsort Jesu.
Die junge Frau, Maria, sehe ich zuerst. Sie steht in der Mitte der Höhle, den Kopf leicht geneigt. Ihr langes dunkles Haar ist mit einem weißen Schal zusammengebunden. Sie kümmert sich um ihr Baby – und zutiefst verblüfft bemerke ich, wie jung sie ist! Sie ist ein junger Teenager mit einem runden, hübschen, mädchenhaften Gesicht. Gerade möchte sie es ihrem Baby etwas bequemer machen. Das Baby – jetzt sehe ich es – liegt in einer Art steinernem Futtertrog. Ein paar lose Tücher sind hineingelegt, damit das Kind es etwas weicher hat, und die Mutter streicht sie glatt. Sie faltet ein weiteres Tuch, ein Leintuch wohl, und kniet dann nieder, um es dem Baby unterzuschieben. Es liegt sehr viel Liebe und Fürsorge in ihrem Tun.
Jetzt sehe ich den Vater. Er ist größer und viel älter, vielleicht Ende 20 oder sogar Anfang 30. Er geht zu Maria hinüber und wendet sich ihr und dem Kind ganz zärtlich zu. Josef hat ein wettergegerbtes Gesicht und einen dunklen Bart, nicht schwarz, sondern braun, der kurz und ein wenig ungenau geschnitten ist. Aber er hat ein freundliches Gesicht, und man erkennt auf den ersten Blick, dass er ein guter Mann ist. Maria und Josef reden miteinander, aber ich verstehe nicht, was sie sagen, und auch sie bemerken meine Anwesenheit nicht. Mir kommt es so vor, als könnten sie jeden Augenblick aufschauen und mich sehen, aber aus irgendeinem Grund lässt Gott das nicht zu.
Das Baby greift nach Marias Finger. Dabei dreht es den Kopf ein wenig und lächelt. Es ist etwa drei Monate alt. Es hat keinen dichten Haarschopf, sondern einen zarten, hellbraunen Flaum. Und mit zum Ersten, was mir auffällt – so etwas fällt einer Frau immer auf –, gehören seine wunderschönen langen Wimpern. Seine Augen sind hinreißend, das Weiße ist sehr weiß, die Pupillen sind dunkel. Zwei Mal wendet das Kind seinen Kopf in meine Richtung, und ich bin mir sicher, dass es mich sieht. Jede Mutter weiß, warum ich mir dessen so sicher bin. Ich möchte zu ihm gehen, es hochnehmen und im Arm halten, aber etwas hält mich davon ab. Alles an ihm ist wie bei allen anderen Babys auch, abgesehen davon, dass ein zarter goldener Schimmer von ihm auszugehen scheint.
Ich merke, dass seine Aufmerksamkeit von anderen Dingen angezogen wird, und kann allmählich die Engel erkennen, die das Kind sieht. Etwa 20 Engel stehen im Kreis um Jesus, Maria und Josef herum. Natürlich sind sie ihnen zugewandt. Diese Engel sind anders als die beim Tor und auch anders als die Engel, die die Höhle von oben erleuchten, sie warm halten und beschützen. Sie sind groß und schön und haben sanft schwingende Flügel, deren Farbton sich ständig verändert. Sie sind von einem durchsichtigen gelblichen Gold. Ihre Gewänder fließen an ihnen herab wie ein Wasserfall. Jeweils vier oder fünf von ihnen singen eine Zeitlang zusammen. Sobald sie aufhören, heben vier oder fünf andere zu singen an, als würden sie das Lied untereinander weiterreichen. In ihren Händen halten sie lange,
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