Himmelspfade - Engel weisen uns den Weg
erklären. So seltsam sind Gottes Wege. Manchmal verwirrte mich das zutiefst, und eines Tages zog ich mich zurück, um alleine zu beten. Die Engel verschwanden, und ich fragte Gott: »Warum das alles?« Und die Antwort, die Er mir gab, lautete: »Warum nicht, wenn sie es so wollen?«
So ging es die ganzen sieben Jahre, die ich zusammen mit meinen Eltern in dem Haus wohnte – immer wenn ich die Treppe hinauflief, sah ich Edward und spürte all seinen Schmerz. Hin und wieder zeigte er mir bestimmte Abschnitte der Geschichte.
Eines Abends, als ich die Treppe nach oben lief, um ins Bett zu gehen, zeigte er mir, wie er ins Haus seiner Eltern kam. Er erlaubte mir, seine Gedanken zu lesen. Er wollte seinem Vater von Marie erzählen. Ich sah, wie er seinen Vater rief und dann in einen Raum ging, der wie eine Bibliothek aussah. Ein großes Kaminfeuer brannte darin. Dort stand sein Vater mit zwei weiteren Männern, Edwards Onkeln Martin und James. Edward war überrascht, sie dort zu sehen. Er wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Er ging zu ihnen, begrüßte sie und schüttelte ihnen die Hand. Sie wirkten sehr abweisend. Dann kam ein weiterer Mann herein, den Edward nicht kannte, und sein Vater bat den Mann, Edward zu sagen, was er den anderen bereits erzählt hatte. Der Mann war sehr nervös beim Sprechen. Er hielt seine Mütze in den Händen und knetete sie fest. Er sagte, er habe Edward mit einem jungen Mädchen namens Marie im Wald gesehen. Edwards Vater befahl dem Mann mit wutentbrannter Stimme, den Raum zu verlassen. Ich konnte hören, wie der Vater und die beiden Onkel im Zorn die Stimmen erhoben. Edwards Vater brüllte ihn an, er habe Schande über die Familie gebracht. Er beschimpfte ihn auf eine sehr verletzende Weise und machte sich darüber lustig, dass Edward ein bürgerliches Mädchen heiraten wollte, ja, dass er überhaupt auf die Idee gekommen war, dass ihm so etwas je gestattet würde.
Dann kehrte alles wieder zum Normalzustand zurück. Ich rannte nach oben, fasste um die Ecke und zog an der Schnur im Badezimmer. Ich war völlig niedergeschlagen. Ich setzte mich auf den Toilettendeckel und weinte ein paar Minuten lang. Dabei wusste ich, dass auch meine Tränen Gebete waren. Dann betete ich laut in dem Bewusstsein, dass ich die Torhüterin von Marie und Edward war. Ich schimpfte mit Gott und den Engeln und sagte ihnen, wie ungerecht ich das alles fand. »Ich habe bei Edward und Marie so viel Liebe und Freude gesehen – und jetzt muss ich zusehen, wie ihre Liebe auseinandergerissen wird.« Noch während ich auf dem Toilettendeckel saß, linderten die Engel meinen Schmerz, sodass ich schlafen konnte, als ich schließlich doch ins Bett ging.
Sehr oft zeigte mir Edward die Liebe, die Marie und er füreinander empfanden. Aber immer wenn Edward mich auf der Treppe bei der Hand nahm, wusste ich, dass er mir etwas sehr Schmerzhaftes zeigen wollte. Bei einer solchen Gelegenheit ließ er mich sehen, wie sein Vater und seine beiden Onkel darüber berieten, was sie mit Edward tun sollten. Ihrer Meinung nach war Edward eine Schande für die Familie. Es war seine Pflicht, ein Mädchen mit Landbesitz zu heiraten, damit die Familien reicher würden. Wenn er sich mit einem armen Mädchen einließ, gefährdete er den Wohlstand der ganzen Familie.
Edward wurde wieder zu einem Gespräch mit seinem Vater gerufen. Dieses Mal war seine Mutter mit dabei. Sie versuchte, den Frieden zu wahren, aber ihre Mühe war vergebens. Edwards Vater eröffnete ihm Folgendes: Er werde jeden, der für diese Frau oder ihre Familie eintrete, aus dem Haus jagen, und er werde dafür sorgen, dass diese Leute hungern müssten. Dann sagte er, Edward sei nicht länger sein Sohn. Er werde fortan nicht mehr mit ihm sprechen und ihn verbannen. Edward flehte seinen Vater an, jedoch vergeblich. Innerhalb weniger Stunden wurde er von seinen beiden Onkeln fortgebracht. Bevor er gehen musste, hatte Edward jedoch noch die Gelegenheit, einem treuen Diener einen Brief für seinen Freund und Vertrauten Daniel zu geben. Darin bat Edward Daniel, sich um Marie zu kümmern, ihr zu sagen, warum er fortgehen musste und dass er ihr schreiben würde.
Die beiden Onkel brachten Edward auf ein heruntergewirtschaftetes Landgut, das einem der beiden gehörte. Dort sollte er arbeiten. Edward arbeitete sehr hart, weil er glaubte, wenn er sich in den Augen seines Vaters bewährte, dann würde dieser Marie schließlich doch akzeptieren. Jeden Tag schrieb er Marie einen Brief,
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