Himmelssöhne - Das Erbe der Asaru (German Edition)
knapp über die Schulter.
„Grace, ich freue mich so, dass du hier bist. Deinen roten Schopf habe ich sofort wiedererkannt. Ich hätte mir nie träumen lassen, dich jemals wiederzusehen. Was verschlägt dich denn in unsere Gegend?“
„Das ist eine lange Geschichte. Aber sag mir erst mal, wie es dir geht!“
„Bei mir läuft alles bestens. Ich habe einen lieben Mann, eine dreijährige Tochter und den schönsten Job der Welt. Und bei dir?“
„Na ja, mit einer eigenen Familie kann ich noch nicht aufwarten, aber von Berufs wegen laufe ich gerade auf Hochtouren. Deshalb sind wir hier. Ich hoffe, du kannst uns helfen.“
„Na, mal sehen, was ich für dich tun kann.“
Grace machte ihre Kollegin mit Jack und Willy bekannt und zusammen begaben sie sich in Emilias Büro. Dort erzählten sie ihr von dem entlegenen Indianerstamm und dem Forscher, der ihn schon einige Male besucht hatte. Grace äußerte den Wunsch, einen eigenen Artikel über diese scheuen Urwaldbewohner herausbringen zu wollen. Als Begründung benutzte sie den Vorwand, gegen die fortschreitende Abholzung des Regenwaldes zu kämpfen, um dessen Bewohnern ihren vertrauten Lebensraum zu erhalten.
„Und jetzt wären wir bei meiner Bitte“, sagte Grace.
„Könntest du uns bei der Durchführung behilflich sein? Du weißt schon, die ganzen Genehmigungen und der Behördenkram. Mein Spanisch lässt sehr zu wünschen übrig, und außerdem brauchen wir einen ortskundigen Führer. Ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden könnte.“
„Natürlich helfe ich euch, keine Frage! Wie wärs, wenn wir etwas essen gehen? Dann könnten wir uns weiter unterhalten. Ich kenne ein wunderschönes Restaurant hier ganz in der Nähe. Argentinische Spezialitäten, ihr werdet staunen!“
„Gute Idee, mir knurrt sowieso schon der Magen.“
Sie verließen das Gebäude und Emilia führte sie zwei Straßen weiter ins El Goucho. „Ich hoffe, ihr mögt Gegrilltes. Asado heißt das bei uns. Ein eigens ausgebildeter Grillmeister, der Asador , bereitet die Speisen vor deinen Augen zu. Das ist nicht nur Essen, das ist ein Erlebnis.“
Emilia ging voraus und die vier wurden nach freundlicher Begrüßung eines Kellners an einen Tisch geführt. Er ging weiter zur Serviceecke und brachte ihnen die Speisekarten.
Grace überflog die spanischen Bezeichnungen und blickte dann zu ihrer Kollegin. „Gibt es hier auch Gerichte ohne Fleisch?“
„Du bist Vegetarierin?“ Emilia starrte Grace verwundert an.
Grace wusste momentan nicht, was daran so eigenartig sein sollte. „Ist das ein Problem?“
„Nein, kein Problem, versteh mich bitte nicht falsch! Aber doch ziemlich ungewöhnlich. Du bist die erste Vegetarierin, die ich persönlich kenne. In Argentinien isst jeder Fleisch!“
„Dann ist das hier wohl ein hartes Pflaster für mich?“
„Ach was, das kriegen wir schon hin. Auf jeden Fall ist das bewundernswert. Ich könnte auf mein Asado nicht verzichten. Und wie siehts mit euch aus?“ Dabei ging ihr Blick zu Jack und Willy.
„Fleisch gibt Kraft … und wärmt!“, sagte Jack. Er blinzelte Grace mit einem Auge zu. „Ich mag gerne Gegrilltes!“
„Ich ebenfalls“, fügte Willy hinzu. „Ob die auch Bier haben?“
„Natürlich!“, antwortete Emilia. Sie sah zu Grace. „Und für dich finden wir bestimmt auch etwas Ordentliches. Rein vegetarisch, versteht sich. Damit du uns nicht verhungerst.“
Während des Essens erklärte ihnen Emilia, welche Genehmigungen sie bräuchten und wo sie diese bekämen. Auch mit der Verständigung würde es wohl keine größeren Probleme geben, da in der Stadt in allen wichtigen Ämtern auch Englisch gesprochen werde. Im Anschluss daran machte sie die drei Abenteurer mit den Gepflogenheiten der hiesigen Behörden bekannt. Bestechung und Korruption seien an der Tagesordnung, erklärte sie. Seitens des Gesetzes sei diese Praxis zwar strafbar, werde aber eher als eine Art Kavaliersdelikt behandelt.
Es könne aber auch Vorteile bringen. Vor allem, wenn man außergewöhnliche Wünsche habe oder unter Zeitdruck stehe. Solange also jeder seine Anliegen bewilligt bekomme, werde dieses Vorgehen von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert und weiterhin ungeniert Schmiergeld bezahlt.
„Eigentlich hasse ich Korruption wie die Pest“, sagte Grace. „Ich bekämpfe diese Vorgehensweise, wo ich nur kann. Und was ist, wenn man nichts bezahlt?“
„Wenn du genügend Zeit hast, dann ist das kein Problem. Du musst nicht bezahlen,
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