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Himmelsspitz

Himmelsspitz

Titel: Himmelsspitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Tramitz
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Nippel waren dunkel und standen steil nach oben. Dem Bauern wurde schwarz vor Augen, mit einer Hand hielt er sich am Zaun fest, die andere ging eilig der Aufgabe nach, die ihr die Lust gebot. Hin und her, wild und schnell, so wollte es der Kraxner, dabei bemerkte er nicht, wie seine Hose nach unten glitt und zwischen Holz-und echtem Bein in der selbst gemachten Pfütze landete. Doch so heftig Urbans Hand das Glied im Takt seiner Fantasie auch bearbeitete – die Feiste saß nun rittlings auf ihm – der Alkohol hemmte den Höhepunkt der Wollust. Und so dauerte alles länger als gewohnt, und der Kraxner stöhnte und schwitzte.
    In dem Moment öffnete sich hinter ihm die Zeltwand. Eine Küchengehilfin trat heraus. Sie schüttete einen Eimer Restbier neben die Füße des Bauern. »Pinkelst du etwa direkt hinter unserer Küche? Schau, dass du weiterkommst, Ferkl!«, schrie sie ihn an.
    Urban öffnete die Augen und wusste einen kurzen Moment nicht, wo er sich befand. Das Bildnis der Drallen war zerplatzt wie eine Seifenblase. Er stopfte sein Glied zurück in die Lederhose. »Blöde Pritschn«, gab er grantig zurück.
    Ihm war heiß, nicht nur innerlich. Außerdem juckte der Gurt, an dem sein Holzbein befestigt war. Was ihn aber am meisten störte, war die Bisswunde am Arm, die durch die begierigen Bewegungen zu pulsieren begonnen hatte. Urban setzte sich hinter einer Pferdekutsche, an der ein grasender Haflinger angebunden war, auf einen Kübel, zog den Janker aus und wickelte den Verband ab. Die Wunde hatte noch ziemlich nachgeblutet. Ein Wunder, dass er trotz der Schmerzen heute Morgen so gut hatte zielen können. Er holte die Schnapsflasche aus der Tasche und goss ein wenig von dem Hochprozentigen über die Wunde. »Mistvieh, verdammtes«, fluchte er.
    Da saß er nun, mit einem Hundebiss. Wie vor vielen Jahren, im Krieg. Heute in der Hitze, damals in der Eiseskälte, wo ihm der Wind den harten Schnee ins Gesicht peitschte, dass es wehtat. Heute schmerzte der Arm, damals das Bein. Fast erfroren wäre er. Aber immerhin hatte er zu jener Zeit noch zwei ganze, echte, richtige Beine.
    Seine Beine!
    Urban schloss die Augen, seine Lippen begannen zu zittern. Mein Gott, hatte er damals Angst, als er sich zusammen mit dem Trempler Florian und einem Untergefreiten vor dem Feind in einer Höhle versteckt hatte. Bis sie von blutrünstigen Schäferhunden aufgespürt worden waren: er, vor Schwäche auf allen vieren kriechend, der Tremplerbauer am Kopf schwer verletzt, der Untergefreite halb tot. Doch als sie die Hundemeute sahen, die gierigen Mäuler mit ihren spitzen Zähnen, die aufgerichteten Felle, die flach angelegten Ohren, hatten sie ihre Gewehre gepackt und zugeschlagen, denn schießen konnte keiner mehr. Doch immer wieder hatten die blutrünstigen Tiere sie gepackt und gebeutelt wie totes Vieh, bis die Haut in Fetzen von den Körpern hing und alles blutgetränkt war, Gesicht, Arme, Hände, Beine und der Schnee um sie herum. Mit letzter Kraft prügelten sie auf die Tiere ein. Die einen verließen jaulend den Kampf, die anderen lagen irgendwann inmitten all der toten und halbtoten Leiber, kaum mehr atmend, winselnd, die Zungen hingen ihnen aus den eingeschlagenen Schädeln. Wohl wahr, der Anblick dieses tierischen Leidens und dieses Todes hatte Urban die größte Freude in all den unerbittlichen Kriegstagen bedeutet.
    Der Kraxnerbauer zog den linken Schuh und Socken aus. Dabei fluchte er, denn der untere Teil des Holzbeins war angenagt. Der Köter Wurzl. Am frühen Morgen. Urban war nur eben kurz zum Klo gehüpft. Als er zurückkam, hatte er den Hund gerade dabei erwischt, wie er das Holzbein im Maul aus der Schlafstube runter in die Küche apportieren wollte.
    Urban hatte dem Tier eins auf den Schädel gegeben.
    Winselnd und flach, wie eine Flunder war das Vieh dann rüber zum Stall gekrochen. Doch der Kraxner sollte ihm eine deftige Lektion erteilen, endlich war der Zeitpunkt gekommen.
    »Hab euch doch alle g’warnt. Und wer hat das Vieh ang’schleppt? Die Cilli, die Siebengscheite«, rief er schrill über die Festwiese.
    Der Haflinger hob den Kopf und spitzte die Ohren.
    »Da hörst du alter Gaul mehr als die depperte Taube, ha?«, sagte er zu dem Pferd. »Aber überall mitreden wollen, die Granbichlerin.«
    Urban stierte in die Ferne. Die Felswände der Berge flimmerten hinter der aufgeheizten Luft, ihre Konturen tanzten vor seinen Augen so sehr, dass er sie kurz schließen musste, damit ihm nicht schlecht

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