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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Schnaufen aus, von dem sie wahrscheinlich hoffte, dass Svetlana es nicht bemerkte. Nadis musste sich noch daran gewöhnen, Befehle von jemandem anzunehmen, der im alten Regime auf gleicher Stufe mit ihr gestanden hatte. Aber sie war gut. Sie würde es lernen.
    Also richteten sie die Kameras auf die Shenzhou Fünf, auf sie sie zuvor die Kanonen gerichtet hatten, und diesmal schossen sie mehrere Aufnahmen im mittleren Infrarotbereich. Als sie auf Svetlanas Flextop erschienen, hatten sie die superreale Klarheit von Bildern, die durch ein vollkommenes Vakuum aufgenommen worden waren. Das Schiff strahlte immer noch Wärme ab, genauso wie Nadis gesagt hatte. Das Triebwerk glühte in kirschroter Falschfarbe, während es sich langsam auf die Umgebungstemperatur von Janus abkühlte. Aber es gab ein Muster in der Wärmeverteilung, bei dessen Anblick Svetlanas Herz einen Satz machte. Die Heizelemente zeichneten ein Neongitter über die freiliegende Oberfläche des Schiffs, aber nur dort. Die sichtbaren Seitenwände waren dunkel. Genauso wie die Unterseite, wo sich die Wärme anderweitig bemerkbar machen müsste.
    »Er ist am Leben«, sagte sie aufgeregt. »Er hat die Heizelemente abgeschaltet, die Kontakt mit dem Eis haben. Wenn er es nicht getan hätte, würde sich das Schiff durch den Gletscher schmelzen. Maschinen hätten so etwas nicht getan. Dazu war ein menschlicher Eingriff nötig, nachdem das Schiff zur Ruhe gekommen war.«
    »Warum hat er uns dann keine Nachricht geschickt?«, fragte Nadis.
    »Er hat eine geschickt«, sagte Svetlana. »Das ist sie.«
     
    Sie flogen mit der Cosmic Avenger hinunter und schwebten neben dem abgestürzten Wrack der Shenzhou Fünf. Dann schickten sie Roboter los, die es von mehreren Seiten beobachten sollten. Auf den ersten Blick sah es schlimm aus, aber das lag nur daran, dass bei der Bruchlandung jedes empfindliche Teil des Schiffs verbogen oder abgebrochen worden war. Die luftdichte Hülle hatte den Absturz mit ein paar leichten Dellen überstanden. Selbst mit bloßem Auge waren die Heizelemente als ziegelrote Schnörkel auf der Oberseite zu erkennen. Im blassgrünen Metall gab es keine Fenster. Niemand konnte sagen, ob die Besatzung noch am Leben war.
    Die Avenger landete in der Nähe. Erneut brachen Roboter auf und suchten in der vereisten Hülle nach einem Eingang.
    Die Chinesen benutzten genauso wie alle anderen eine vereinfachte Variante der Luftschleusentür, wie sie seit Anfang des Raketenzeitalters gebaut wurde. Aber von außen war nicht zu erkennen, ob eine bestimmte Tür wirklich in eine Luftschleuse führte oder direkt in einen Innenraum, der unter Luftdruck stand. Also mussten sie eine externe Notluftschleuse von der Avenger holen und mit schnell aushärtendem Vakuumepoxid ankleben. Sie versiegelten das Ganze mit einer Dichtung aus Sprühstein und pumpten es mit Trimix voll, dessen Druck und Mischungsverhältnis ungefähr dem entsprach, was nach ihrer Vermutung von den Chinesen bevorzugt wurde.
    Selbst die beste Luftschleuse knackte, wenn der Druckunterschied auf beiden Seiten ausgeglichen wurde. Parry hatte den Helm an die Tür gelegt und hörte die Geräusche wie ferne Hammerschläge. Es klang danach, dass auf der anderen Seite tatsächlich Luft vorhanden war.
    Er klopfte gegen die Tür. Er wartete und klopfte erneut, während ihm bewusst war, dass ein Überlebender einige Zeit brauchen würde, um in einen Anzug zu steigen und die Verriegelung zu öffnen. Selbst wenn er sich beeilte, konnte es fünf oder sechs Minuten dauern. Er klopfte wieder und wartete ab – fünf Minuten, zehn Minuten. Sicherheitshalber machte er fünfzehn daraus. Schließlich waren sie nicht in Eile, wenn er bedachte, wie lange sich die Chinesen schon hier aufhalten mussten.
    Aber es kam immer noch niemand.
    Parry griff nach der manuellen Verriegelung und zog die Tür auf. Mit dem Trimix hatten sie richtig gelegen, und obwohl es immer richtig war, vorsichtig zu sein, stellte sich heraus, dass es auf der anderen Seite eine Luftschleuse gab. Gute Vorzeichen. Vielleicht war sein Klopfen durch die vielen Schichten aus Metall und Isoliermasse gar nicht zu hören gewesen.
    Er öffnete die innere Tür und trat hindurch. Es war stockdunkel – wieder ein Braille-Tauchgang. Doch als er seine Helmlampe einschaltete, wusste er Bescheid.
    Das Schiff war nur noch ein Wrack. Ein Haufen aus allen möglichen Einrichtungsgegenständen war unter der Gewalt des Aufpralls zu einer kompakten Masse im Bug zusammengestaucht

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