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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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gingen. Parry stand vor ihnen, die Beine leicht gespreizt, um das Gleichgewicht zu wahren. Er zog einen Flextop aus dem Brusttornister seines Anzugs, wo sich das Gerät mit Energie aufgetankt hatte. Mit einer Drehung des Handgelenks ließ er den Flextop erstarren, sodass er nun die Festigkeit einer Schiefertafel hatte. Er hielt ihn vor seinen Helm und probierte verschiedene Winkel aus, bis er die Bildfläche gut erkennen konnte. Die Worte, die er vorbereitet hatte, waren in fetten schwarzen Buchstaben dargestellt.
    Seine Stimme kam von jeder Wand und jedem Flextop in der Rockhopper. Zuerst sprach er stockend, doch dann schien er eine Quelle der Selbstsicherheit gefunden zu haben.
    »John Chanticler und Connor Herrick, ihr wurdet hierher gebracht, um dafür bestraft zu werden, dass ihr vor acht Tagen den Tod von Thomas Crabtree herbeigeführt habt. Ein Geschworenengericht aus Kollegen eurer Besatzung hat euch für schuldig befunden.« Parry wartete, bis der Flextop zum nächsten Textblock weiterscrollte. Die kurze Pause schien dem Vorgang noch mehr Ehrwürdigkeit zu verleihen. »Der Justizausschuss der Interimsverwaltung hat entschieden, dass Mord mit dem Tod bestraft wird. An Bord unseres Schiffes lebten einhundertvierundvierzig Menschen, bevor ihr Thom Crabtree getötet habt. Jetzt werden es nur noch einhunderteinundvierzig sein. Euer Tod soll das Ende der Auseinandersetzungen markieren. Euer Tod soll nicht umsonst sein. Nach dem heutigen Tag wird es keine weiteren Tötungsdelikte geben.« Wieder hielt er inne und blickte von der hell erleuchteten Eisfläche zum Schiff hinauf, das die meisten von ihnen wiedersehen würden. »Wir müssen unsere Differenzen beilegen, wenn wir nicht alle sterben wollen.«
    Parry ließ den Flextop sinken. »Das Urteil soll vollstreckt werden.«
    Hank Dussen und Elias Feldman bauten sich links und rechts von John Chanticler auf. Gillan Shimozu nahm ein klobiges Bergbauwerkzeug vom Gürtel, einen rückschlaglosen Bohrhammer. Eine Energieleitung führte vom Bohrer zu ihrem Rückentornister. Sie hielt das Werkzeug mit beiden Händen und drückte die funkelnde scharfe Spitze gegen die Rückseite von Chanticlers Helm.
    Mit dem Daumen der rechten Hand lud sie die magnetischen Induktionsspulen des Bohrers. Rote Bereitschaftslämpchen leuchteten flackernd am Lauf des Geräts auf. Zu diesem Anlass hatte man es auf Hochglanz poliert.
    Parry ging in die Knie, sodass sein Helm auf gleicher Höhe mit John Chanticlers Gesicht war. Niemand sonst wusste davon, aber die Luftmischung in den Anzügen der verurteilten Männer war verändert worden, bevor sie aus dem Beiboot ausgestiegen waren, sodass sie nun im Sauerstoffrausch waren. »Es wird schnell und schmerzlos gehen«, sagte Parry, obwohl er bezweifelte, dass die Männer ihn verstehen würden.
    Dann blickte er über Chanticlers Helm zu Gillian Shimozu und nickte.
    Sie löste den Bohrhammer aus. Er ruckte in ihrer Hand, aber die Gegengewichte glichen den Impuls aus, als die scharfe Spitze in Chanticlers Helm schlug. Die Versiegelungsschicht auf der Innenseite sorgte dafür, dass es nur zu einem geringen Luftverlust kam, bis das Leck im Helm automatisch geschlossen war. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bohrer seine Aufgabe längst erfüllt. Eine blutige Masse bedeckte die Scheibe vor Chanticlers Gesicht.
    Shimozu zog den Bohrer heraus. Die Spitze war rot. Sie ging in die Hocke und rammte den Bohrer ins Eis, um sie durch die Reibung zu säubern. Chanticler blieb in kniender Haltung, da er von Hank Dussen gehalten wurde. Feldman ging zu Herrick und legte ihm eine Hand auf die rechte Schulter.
    Dann wurde die Prozedur wiederholt.
    Als Shimozu zum zweiten Mal den Bohrer herausgezogen und die Spitze gereinigt hatte, trat sie respektvoll einen Schritt von den zwei Männern zurück, die sie soeben exekutiert hatte. Parry nickte, darauf ließen Dussen und Feldman die knienden Gestalten los.
    Mit grausamer, beinahe komischer Gleichzeitigkeit kippten Chanticler und Herrick in Zeitlupe vornüber, bis ihre Helmvisiere auf das Eis schlugen.

 
ZWEITER TEIL
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2059+

 
Dreizehn
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    Svetlana bemühte sich, ihr ungutes Gefühl in der Magengegend zu ignorieren, während sie die rechte Hand fest um Parrys Arm geklammert hatte, sodass sich ihre Finger in den Stoff seines Ärmels gruben. Es war typisch für Parry, dass er sofort nach dem Start der Cosmic Avenger eingeschlafen war.
    Sie überflogen immer noch Eis. Nur das Triebwerk des Beiboots warf

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