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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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erreichte das Gefährt ein Siebentel der Fluchtgeschwindigkeit, mit der es sich ganz aus dem Schwerkraftfeld von Janus befreit hätte. Auf Janus zu fahren war eine Kunst, die Parry vermutlich niemals meistern würde, also holte er alles aus seinen bescheidenen Fähigkeiten heraus, weil er seine Tour so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte. Schließlich kam er schlitternd an der Stelle zum Stehen, wo das Stromkabel in der teigigen Basis der Kuppel verschwand. Mehrere Ausrüstungspaletten standen neben dem sanft schimmernden Gebäude, doch es waren keine weiteren Fahrzeuge in Sicht.
    Er stieg aus dem Traktor und wischte sich die Eisschicht von der Helmscheibe. In allen Richtungen herrschte Dunkelheit. Nur die Kuppel und der Traktor erhellten eine kleine Lichtfläche. Crabtree war schon vor Stunden hinter dem Horizont verschwunden. Sein Helmdisplay hätte die Navigationssignale von den Transpondern anzeigen müssen, aber in letzter Zeit waren immer mehr ausgefallen. Ohne das Kabel hätte Parry während der Rückfahrt keine Orientierung. Die Vorstellung, hier draußen verloren zu sein, durch die finstere Janus-Nacht zu wandern, bis sein Anzug versagte und er den Kälte- oder Erstickungstod starb, lauerte bedrohlich im Hintergrund seiner Gedanken.
    Er fragte sich, wie lange Bella gebraucht hatte, um sich daran zu gewöhnen.
    Die Kuppel war vom Standardtyp, den sie auch während der Einsätze auf Kometen benutzt hatten. Man hatte sie mit Sprühstein fixiert und eine zusätzliche Isolierschicht aufgetragen, was im Grunde nur eine psychologische Maßnahme war. Die Strahlungsdosis auf der Rückseite von Janus war niedriger als sonst im interstellaren Raum, da sich die meisten kosmischen Strahlen zu langsam bewegten, um den ehemaligen Mond einholen zu können. Selbst die Gammastrahlung war in den Röntgen-Bereich verschoben. Und hier auf der Heckseite gab es keine interstellaren Staub- oder Gasmassen, die ihnen Schwierigkeiten gemacht hätten. Das Vakuum im Kielwasser von Janus war möglicherweise das reinste in der ganzen Galaxis.
    Parry hob eine Frachtkiste von der Ladefläche des Traktors auf und ging zur Luftschleuse. Er wartete, bis sein Anzug mit dem Schließmechanismus Kontakt aufgenommen hatte, und öffnete dann einen Kanal zur Kuppel.
    »Bella«, sagte er. »Hier ist Parry. Darf ich reinkommen?«
    Er musste längere Zeit warten, bis sie ihm antwortete. In ihrer trocken krächzenden Stimme schwang gleichzeitig Misstrauen und Hoffnung mit. »Parry?«
    »Lass mich rein, Bella. Ich habe etwas für dich.«
    Die rote Lampe über der Luftschleuse wechselte zu Grün. Er öffnete die äußere Tür und zwängte sich hinein. Die Automatik brauchte sehr lange, um Atmosphäre in die Kammer zu pumpen, und als er den Helm öffnete, roch die Luft stickig. Die Kuppel hatte offenbar eine Generalüberholung nötig, aber dazu müsste Bella eine Woche lang anderswo untergebracht werden.
    Das würde Svetlana niemals zulassen.
    Die innere Tür ging auf und gab den Blick auf einen schwach erleuchteten Raum frei. Zwischen den verschiedenen Bereichen der Kuppel waren Trennwände aus Papier aufgestellt. Leuchtknoten schimmerten in mattem Gold. Sie waren so sehr gedimmt, dass sie fast aus waren. Die wenige Energie, die Bellas Gefängnis zugeteilt wurde, diente hauptsächlich dazu, sie am Leben zu erhalten. Das Kabel, das von Crabtree herführte, war schon sehr alt und zu stark beschädigt, um im Schlund von Nutzen zu sein. Parry hatte es gewusst, aber es war trotzdem ein Schock, als er sah, wie wenig Strom es lieferte. Einen noch größeren Schock erlitt er, als Bella aus dem Zwielicht hinter einer zerrissenen Papierwand trat. Es war, als wäre sie selbst nur noch aus Papier. Sie wirkte abgezehrt und gealtert, als wären Jahrzehnte und nicht nur drei Jahre vergangen.
    »Bella«, sagte er und bemühte sich um ein Lächeln.
    »Warum bist du gekommen?«, fragte sie. »Ich weiß, dass sie nicht möchte, dass irgendjemand Kontakt zu mir hat. Schon gar nicht du.«
    Parry stellte die Kiste ab. »Darf ich mich setzen?«
    »Tu, was du willst. Das alles hier gehört dir.«
    Er setzte sich auf die Kiste und schaute sich um, während sich seine Augen widerstrebend an das schwache Licht gewöhnten. Der Raum war spartanisch eingerichtet, und nichts deutete darauf hin, dass Bella versucht hatte, ihn nach persönlichen Vorlieben zu gestalten. Eine Kiste mit Mahlzeiten in Silberfolie stand an einer Wand. Die meisten schienen nie angerührt worden zu

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