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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Rechts von ihnen hörte der Sims in zwei- oder dreihundert Metern Entfernung abrupt auf. Dahinter lag nur die totale Finsternis des Eisernen Himmels. Die Wirkung war genauso beunruhigend, wie Bella befürchtet hatte. Sie sollte durch die Desorientierung benachteiligt werden. Kein Wunder, dass Svetlana ihre Einladung abgelehnt hatte, nach Crabtree zu kommen.
    In Neustadt wurden Bella, Shen und das Phantom von Einheimischen zu einem Raum eskortiert, in dem Svetlana bereits auf sie wartete. Die luxuriöse Ausstattung bestand aus kontrastreich gemustertem Wangholz, in das lebensechte holografische Ansichten des Mars eingelassen waren. Wenn man davon absah, dass die Schauplätze über den ganzen Planeten verstreut waren, hätte man den Raum für einen Aussichtspunkt auf einem höheren marsianischen Gebirge halten können. Die Horizonte und Lichtverhältnisse waren sorgfältig aufeinander abgestimmt worden, um die Illusion eines zusammenhängenden Panoramas zu erzeugen. Als Bella Platz nahm, stürmten Staubteufel gegen die Wetterschilde einer namenlosen Oberflächenkolonie, deren hohe Wände Minarette und Moscheen einschlossen, die im Herbstlicht eines marsianischen Spätnachmittags in Bronze- und Goldtönen schimmerten.
    Sowohl Svetlana als auch Bella waren nach ihren Maßstäben anständig gekleidet, Bella in eine schwarze Jacke über einem schlichten schwarzen T-Shirt und einer engen schwarzen Jeans, Svetlana in einen marineblauen Abendanzug mit hohem Kragen und schwarzen Handschuhen. Sie war mit ihren eigenen Beratern und einem Wachroboter gekommen. Es handelte sich nicht um ein Phantom, sondern um eine chromglänzende FI, die wie eine hässliche Lampe von der Decke hing, eine Masse aus Klingen und waffenstarrenden Armen. Die Gerüchte, dass Svetlana mindestens über einen funktionierenden Schmiedekessel verfügte, schienen also zu stimmen. Auf dem Tisch standen Gläser und eine Wasserkaraffe.
    »Danke, dass du dich einverstanden erklärt hast, dich mit mir zu treffen«, sagte Bella.
    Svetlana öffnete die Hände und schloss sie wieder. »Ich weiß nicht genau, was du von mir zu hören erwartest.«
    »Dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche, mehr nicht.«
    »In diesem Fall hast du dir einen sehr unpassenden Moment ausgesucht.« Svetlana tippte auf den Flextop, der vor ihr stand. Genauso wie Bella hegte sie eine Vorliebe für altertümliche Technik. »Ich habe gerade die Gerichtsnachrichten gesehen. Das Urteil wurde gesprochen. Parry hat fünfzig Jahre bekommen, gefolgt von einer gerichtlich verfügten Verjüngung.«
    Bella musste darum kämpfen, sich zu beherrschen. Der Prozess war nicht so günstig gelaufen, wie sie gehofft hatte, aber sie hatte nie damit gerechnet, dass die Strafe so hoch ausfallen würde. Das Urteil musste gesprochen worden sein, während sie mit dem Zug unterwegs gewesen war. Sie warf einen Seitenblick auf Liz Shen, die ihre unausgesprochene Frage mit einem mikroskopischen Nicken beantwortete.
    »Das tut mir leid«, sagte Bella. »Das ist viel mehr, als ich erwartet hatte. Ich hatte empfohlen, mildernde Umstände …«
    »Das ist mehr, als man normalerweise für einen Mord bekommt.« Svetlana strich mit einem Handschuh über den Flextop. »Es heißt, das Strafmaß wurde der längeren Lebensspanne angepasst, der wir uns erfreuen. Nachdem wir länger leben, hat ein Mord größere Bedeutung bekommen. Aber er hat niemanden ermordet, Bella.«
    »Ich weiß. Ich kann nur wiederholen, dass es mir leidtut.« Sie war nervös und desorientiert. Die Nachricht hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt kommen können. »Ich werde das Gericht unter Druck setzen …«
    »Das würde nichts nützen. Man hat beschlossen, an ihm ein Exempel zu statuieren. Das letzte der großen Verbrechen.«
    »Wir alle wissen, dass er nur unser aller Wohl im Sinn hatte«, sagte Bella. »Könnte das vielleicht ein kleiner Trost für uns sein?«
    »Ich verstehe nicht, wie du jetzt von Trost sprechen kannst. Er ist mein Ehemann, Bella. Man nimmt ihn mir für fünfzig Jahre weg. So lange sind wir noch nicht einmal hier.«
    »Sie werden das Urteil revidieren. Das geschieht immer. Vielleicht noch nicht dieses Jahr, aber wenn die Stellen neu besetzt werden …«
    »Dann werden sie es auf vierzig Jahre verringern, vielleicht dreißig, wenn er Glück hat. Bildest du dir ernsthaft ein, dass es dadurch besser wird? Irgendwann hast du mir einmal gesagt, dass er vielleicht ganz ohne Haftstrafe davonkommt.«
    »Ich konnte dir keine Garantien

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