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Himmelstal

Himmelstal

Titel: Himmelstal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hermanson
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dass Max abgehauen ist und ich sein Zwillingsbruder bin?«
    Daniel war so erregt, dass er versuchte, aufzustehen, aber die Schmerzen im Bein ließen ihn wieder auf den Stuhl sinken.
    Gisela Obermann drückte vorsichtig die Leinenserviette an den Mund.
    »Ich glaube, dass diese Geschichte für dich wahr ist, Daniel«, sagte sie diplomatisch. »Du erinnerst dich nicht an dein Leben als Max. Gedächtnisverlust ist bei dissoziativen Identitätsstörungen eher die Regel als die Ausnahme.«
    Daniel hätte vor Verzweiflung am liebsten geweint.
    »Aber Sie lassen mich von hier wegfahren, nicht wahr?«
    »Wegfahren?«
    Gisela Obermann betrachtete ihn schockiert.
    »Nein, mein Lieber. Wirklich nicht. Du bist unser Goldhahn. Unser erster Fortschritt. Wir werden Tag und Nacht über dich wachen und dich verwöhnen wie einen Prinzen. Möchtest du eine Tasse Kaffee?«
    Sie streckte sich und griff nach der Thermoskanne und zwei Tassen auf dem Wagen.
    Daniel schüttelte den Kopf. Sie schenkte sich ein und sagte:
    »Morgen werde ich eine Besprechung mit meinen Kollegen haben, und meine Theorie über deinen Fall präsentieren. Und dieses Mal werden sie mir glauben.«
    Sie lächelte in die Kaffeetasse. Ihre Wangen waren gerötet, die Stimme stieg hinauf ins Falsett.
    »Ich hoffe, ich muss bei dieser Zusammenkunft nicht anwesend sein.«
    »Anwesend sein? Daniel, du wirst die Hauptperson sein.«
    Sie reichte ihm einen Teller mit kleinen Schokoladentörtchen. Er bemerkte es nicht.
    »Und wann kann ich abreisen?«
    »Wenn wir das Rätsel gelöst haben«, sagte Gisela und steckte schnell ein Törtchen in den Mund, bevor sie den Teller wieder auf den Wagen stellte. »Du könntest unser erster abgeschlossener Fall werden. Der erste geheilte Psychopath. Wenn wir dich nicht mehr für unsere Forschungen brauchen, dann …« Sie zuckte mit den Schultern. »Ja, es könnte gut sein, dass du der Erste bist, der aus dieser Klinik entlassen wird.«
    Sie machte eine Pause, schaute nachdenklich vor sich hin, als würde sie selbst nicht glauben, was sie da gesagt hatte. Dann erhellte sich ihr Gesicht.
    »Entlassen? Ja, warum nicht? Warum nicht ?«
    »Wann?«
    »Oh.« Ihr Lächeln verschwand. »Natürlich nicht in den nächsten Jahren. Seriöse Forschung braucht Zeit, wie du weißt. Aber wir werden dich hier sehr gut behandeln, da kannst du sicher sein.«
    Sie streckte die Hand über den Tisch aus und strich ihm leicht über die Wange. Daniel drehte den Kopf weg.
    Sie ist verrückt, dachte er. Ich brauche mich nicht um ihr Gerede zu kümmern. Er hatte es schon gemerkt, als er sie das erste Mal sah. Ihr Blick hatte etwas Dunkles, Zerstörtes.
    Dann fiel ihm etwas anderes ein.
    »Sie sprechen die ganze Zeit von Psychopathen. Wollen Sie damit sagen, dass Max ein Psychopath ist?«
    »Sonst wäre er wohl nicht nach Himmelstal gekommen, oder?«
    »Aber es gibt doch keine Hinweise für so eine Diagnose? Er ist ausgebrannt. Manisch-depressiv. Manchmal ein bisschen verrückt. Aber das macht einen Menschen doch nicht zum Psychopathen?«
    Gisela Obermann lachte laut.
    »Manisch-depressiv und ein bisschen verrückt? Vielleicht. Aber das ist nicht der Grund, warum du hier sitzt, mein lieber Max-Daniel. Einen Moment, ich zeige dir etwas.«
    Gisela Obermann stand auf und ging zu einem Schrank hinter dem Schreibtisch. Sie zog eine Schublade auf und kam mit einem Stoß Fotos zurück, den sie vor Daniel auf den Tisch legte.
    »Sagen dir diese Bilder etwas?«
    Er schaute auf das oberste Foto. Ein halbnackter Mann, der in einer Blutlache auf einem Badezimmerboden lag. Und das nächste: eine Nahaufnahme vom Gesicht des Getöteten, es war halb zu Brei geschlagen. Ein Auge starrte leer und weit aufgerissen aus dem geronnenen Blut. Entsetzt und angeekelt schaute Daniel zu Gisela hoch, die ihn konzentriert beobachtete.
    Das nächste Foto zeigte eine Frau mit nacktem Oberkörper. Sie war nicht tot, aber übel zugerichtet. Sie saß halb abgewandt auf einem Stuhl und zeigte Rücken und Oberarm, die mit Wunden und Blutergüssen übersät waren. Eine fremde Hand streckte sich ins Bild und hielt ihre langen, dunklen Haare hoch, damit man die Verletzungen sah. Es gab auch ein Ganzkörperbild von vorne und eine Nahaufnahme ihres blau geschlagenen Gesichts. Es handelte sich um Polizeibilder.
    Daniel hob das Bild hoch und betrachtete es genau.
    Gisela beugte sich über ihn.
    »Erkennst du jemanden?«, flüsterte sie.
    »Nein. Wer ist das?«
    »Zwei Personen, die von Max so zugerichtet

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