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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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verbissenen Gesichtsausdruck.
    Sturm fegte herein. Neve stand immer noch ungerührt hinter der Scheibe im Flur. Sie wich nicht von meiner Seite. Auch wenn sie nichts tun konnte. Das ist meine Aufgabe , hörte ich sie innerlich sagen. Vielleicht wartete sie auch auf einen günstigen Moment, an dem sie irgendwas unternehmen konnte. Leo ließ mich ein wenig los. Clarissa flirrte um mich herum wie ein Schleier aus Phosphor und zischte in mein Ohr: „Jetzt! Flüchte! Nimm den Wind. Du kannst das!“ Ich war unschlüssig. Ich hatte keine Kraft für komplette Planänderungen in jeder Minute. Hatte Clarissa für dieses Sauwetter gesorgt? Die Frage wurde mir im Handumdrehen beantwortet, ehe ich überhaupt den Entschluss fassen konnte, mich auf das Element Wind zu konzentrieren und mich vielleicht wieder in einen steuerlosen Kaugummi zu verwandeln. Ich starrte in den aufgewühlten Himmel und sah, dass der Rat der magischen Akademie im Anmarsch war.
    Ranja stürmte wie ein Kugelblitz herein, sog den verbleibenden Qualm auf, der Jerome und Leo noch bis zu den Knien aufgelöst hielt. Igor konnte ich nicht mehr ausmachen. Er schien bereits verschwunden,  weil er niemanden mitnehmen musste und dadurch Zeit sparte. Jerome dagegen hatte gewartet, um zu sehen, dass Leo alles richtig machte. Jerome und Leo knallten auf den Boden. Sie waren nur bis zu den Knien vorhanden und ohne Waden und Füße völlig hilflos. Sie sahen grässlich aus und hatten Schmerzen. Ich erkannte es an ihren Gesichtern. Der alte, aber unglaublich wendige Jolly brachte eiskalte Luft mit hinein, zog mit einem pfeiffenden Geräusch an mir vorbei in den Flur und versetzte Neve in eine Starre, die sie wie eingefroren aussehen ließ. Kurz hinter ihm erschien Sulannia in ihrem langen, tiefblauen Kleid. Ihre fließenden Haare griffen nach mir und schlangen sich um alle meine Körperteile, so dass auch ich hinfiel. Zuletzt wurde Kim, der schwarze Engel, neben Sulannia sichtbar, warf mir einen zornigen Blick zu und sah sich um. Ihre Gesichtszüge entgleisten, als sie Clarissa erbkickte. Natürlich konnte Kim sie wahrnehmen.
    „Ich fass es nicht. Sie haben einen Geist hier. Und was für einen! Das ist ja eine ganz feine Verschwörung!“
    Kim spreizte ihre Finger und richtete sie auf Clarissa.
    „Clarissa. Der Geist von Clarissa. Er steht vor mir.“
    In Bruchteilen von Sekunden ließ sie einen blauen Lichtbogen um die Konturen von Clarissa schießen. Das Licht strömte aus ihren Fingerspitzen.
     „Clarissa. Tatsächlich. Ich sehe sie“, erklärte Jolly. Ranja nickte bestätigend.
    Clarissa wand sich in dem blauen Lichtrahmen, in den Kim sie eingeschlossen hatte. Zum ersten Mal erlebte ich, was für Mächte der Rat besaß. Ich hatte keine Ahnung gehabt. Clarissa stieß quälende Laute aus. Kim tat ihr augenscheinlich weh.
    „Nein!“, schrie ich. Sulannia knotete mir eine dicke Haarsträhne um den Mund. Sie rührte dabei keinen Finger. Sie sah mich nicht mal an. Ihr Haar duftete nach irgendeinem Lagunenshampoo. Mir wurde schlecht davon.
    Jerome, Leo und ich lagen am Boden. Clarissa flimmerte in einer Ecke. Jerome und Leo starrten sie an. Jetzt konnten auch sie sie wahrnehmen. In ihre schmerzverzerrten Gesichter mischte sich Ehrfurcht und Staunen. Neve kauerte neben Jolly. Er hatte sie scheinbar aus der Starre entlassen. Neve war zu sanft und ergeben, um sich gegen irgendwas zu wehren.
    Sie schlossen uns alle in ihrem Kreis ein, mitten im Wohnzimmer meiner Eltern, die nicht meine Eltern waren. Mein Kopf fühlte sich an, als wenn er auch ein paar Sprünge abbekommen hatte.
    Ranja löschte die letzten Flammen auf ihrem langen Rock und baute sich vor uns auf:
    „Das ist ja eine delikate Gesellschaft, die wir hier haben. Ich wusste, dass man dir nicht trauen kann, Jerome. Ich wusste es. Schon immer.“
    „Du dumme, alte, mittelalterliche Hexe. Wegen solchen wie dir schaffen es wichtige Entwicklungen einfach nicht aus dem Mittelalter heraus“, keuchte Jerome.
    Da war wieder dieser fiese, garstige Ton, der ihm manchmal herausrutschte. Die Seite in ihm, die er meist so gut zu verbergen verstand.
    „Hör endlich auf!“, brüllte ich Kim an. „Es ist nicht so, wie ihr denkt. Clarissa ist auf unserer Seite. Sie hat mit Jerome nichts zu schaffen. Genau so wenig wie ich.“
    „Ja, genau so sieht das hier auch aus“, feixte Kim.
    „Es stimmt“, schaltete sich Neve ein. „Kira ist ihre Tochter.“
    Jolly hob die Augenbrauen. Sulannia machte ein erstauntes Gesicht und

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