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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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Geschirr festhalten, den ich gebaut hatte.
    Leonard lachte nur noch mehr.
    „Sie ist verlegen“, prustete er.
    „Und du bist bekifft“, bemerkte Neve ruhig und sachlich.
    „Würde dir auch mal ganz gut tun, Nevi“, gab er zurück.
    „Komm jetzt“, sagte Kay und zog Leonard am Ärmel. „Else stellt schon das Essen hin.“
    „Sie wird rot“, kommentierte Leonard meine Gesichtsfarbe. In mir brodelte es. Ich spürte diese Hitze in mir aufsteigen. Nein, bloß nicht wieder ohnmächtig werden. Nicht vor diesem Typen. Bei dem würde mich so eine Story bis an das Ende meiner Tage verfolgen. Ich ließ das Geschirr stehen und rannte einfach raus.
    „Schüchtern wie ein Mädchen in der ersten Klasse. Irgendwie süß“, rief er mir hinterher.
    „Halt die Klappe.“ zischte Neve.
    „Ein bisschen Wut steht dir!“, hörte ich ihn noch antworten. Dann war ich die Treppe hoch, wartete nicht die Drehtür ab, sondern sprang durch ein offenes Fenster neben der Tür und rannte in den Wald, einfach in das Gestrüpp hinein. Ich hasste diesen Typen und diese bekloppte Akademie. Jetzt, wo es mir an meiner Schule endlich gut ging. Wo man mich in Ruhe ließ und ich sogar so jemanden wie Tim hatte, landete ich plötzlich in dieser absurden Welt und musste mich wieder wie in der Grundschule fühlen? Am meisten hasste ich mich selbst, dass ich zu blöd gewesen war, mich gegen ihn zu wehren. Das konnte doch nicht wahr sein! Wie ein Mäuschen hatte ich da gesessen, war rot geworden, er hatte mit seinen Worten sogar recht, auch wenn seine ganze Art durch und durch arschig war. Ich hörte Neve von Weitem rufen. Ich kauerte mich ins Unterholz. Ich war mitten in die Dunkelheit hineingerannt und sah nichts. Ich wollte allein sein. Sie rief noch ein paar Mal. Die Rufe entfernten sich. Dann war es still. Ich wischte mir ein paar Tränen von den Wangen. Meine Stirn kühlte ab. Meine Bündchen an den Handgelenken waren allerdings seltsam heiß, und es roch ein bisschen angebrannt. Wahrscheinlich hatte das mit dem Elementen-Wahnsinn zu tun. Ich wollte das doch alles nicht. Ich wollte zu Tim. Ich wollte mit ihm zusammen sein, jeden Tag, ihn kennenlernen, alles. Stattdessen hockte ich hier, auf einem unbekannten Planeten und musste mich mit solchen Typen wie Leonard rumschlagen. Ich stand auf und lief einfach in die Dunkelheit hinein, die Arme nach vorn gerichtet, um den Bäumen auszuweichen. Es funktionierte ganz gut.
    Auf einmal wurde es heller. War das etwa schon die Morgendämmerung? Das konnte nicht sein. Die Umrisse der Bäume wurden deutlicher. Durch die Baumstämme glitzerte es. Ich bewegte mich darauf zu, trat in ein goldenes Licht und traute meinen Augen nicht. Vor mir stand auf einer kleinen Lichtung der Dom von Orvieto in Miniaturausgabe, vielleicht drei Meter hoch. Das Licht strahlte von seiner goldenen Fassade und den vielen bunten Steinen darauf ab. Das Eingangsportal stand offen. Ich ging hinein und fand mich in einem mit Blumen geschmückten Raum mit einigen Kirchenbänken wieder. Er war vielleicht 20 Quadratmeter groß und ähnelte der Inneneinrichtung des italienischen Doms. Der Ort, an dem ich zur Ruhe kam und jeden Sommer neue Kraft tankte. Spielte mir meine Fantasie einen Streich? Ich setzte mich auf die letzte Bank und fühlte das kühle Holz. Das hier war echt. Ich konnte es anfassen. Auf einmal klopfte es an das offen stehende Miniaturportal, durch das ich gerade gekommen war. Ich fuhr erschrocken herum. Die Schatten! , schoss es mir als erstes durch den Kopf. Aber die würden doch nicht klopfen und dann stand Neve vor mir und sagte:
    „Das ist ja zauberhaft! Wo hast du das her?“
    Sie machte eine ausladende Handbewegung, die den ganzen Dom meinte.
    „Wie, woher?“ Ich verstand nicht. Neve setzte sich neben mich und sagte:
    „Ach, das habe ich dir ja noch gar nicht erklärt. Also, die Gegend um die magische Akademie ist begrenzt, aber eben auch nicht begrenzt. Jeder hat so einen Ort wie diesen hier, den er aufsucht, wenn er allein sein muss. Es ist ein Ort, den man im Realleben am meisten mag, an dem man gerne ist, an dem man seinen Frieden findet. Man muss nur in den Wald gehen und an ihn denken. Dann gelangt man dahin. Man kann auch Leute dorthin mitnehmen. Du hast mich nicht freiwillig mitgenommen. Ich bin dir gefolgt, sorry. Aber ich muss auf dich achtgeben, weißt du, gerade am Anfang.“
    Neve sah mich reumütig an. Ich umklammerte die Bank vor mir. Sie war und blieb echt.
    „Und das verschwindet wieder, wenn

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