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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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sein. Aber ich habe es einfach nicht ausgehalten in der Anstalt. Ich bin mir sicher, ich bin nicht krank. Doch wer glaubt mir? Also, bin ich abgehauen, nach Indien. Ich helfe in einem Dorf, weitab in den Bergen. Ich werde nächstes Jahr das Abschlussjahr wiederholen, versprochen. Bitte sucht mich nicht. Mir geht es gut. Ich muss zu mir finden. Ich bin gesund. Vielleicht habe ich in zwei bis drei Monaten mal wieder Internet.
    Kira
     
     
    Ich las mir die E-Mail noch mehrmals durch. Kurz vor dem Abitur. Wie hart musste es für sie sein. Für Gregor härter als für Delia. Sie hatte ja auch kein Abitur und tröstete sich sicher damit.
    Die nächste E-Mail war schon schwerer.
     
    Hi Luisa,
    ein Lebenszeichen von mir. Endlich! Es hat ein bisschen gedauert, bis ich wieder an ein Netz rankam. Ich hab oft an dich gedacht und hoffe, du hast dich nicht zu sehr gesorgt. Ich bin nach Indien abgehauen. Ich weiß nicht, wie ich das geschafft habe, aber ich habe es geschafft. Es gab keinen anderen Weg. Ich bin nicht krank, weißt du. Du musst mir glauben. BITTE!
    Ich habe mich auch nicht mit Atropa getroffen, sondern den Kontakt zu ihr abgebrochen. Du hast mir mit deiner Diagnose am Telefon die Augen geöffnet, Atropa hat den Bezug zur Realität verloren und ihre Symptome auf mich übertragen, so muss es sein. Denn hier habe ich keine mehr. Hier geht es mir gut!
    Ich bin in den Bergen. Weit weg von den Großstädten, im Norden von Indien. Ich helfe in einem Bergdorf, gebe kleinen Indern Unterricht, bringe ihnen Rechnen bei. Stell dir vor, ich bin schon Lehrerin.
    Wenn ich achtzehn bin und meine Eltern nicht mehr über mich bestimmen können, komme ich zurück und hole das Abitur nach. Gründen wir dann wie geplant eine WG?
    Ich vermisse dich. Vielleicht habe ich in zwei bis drei Monaten wieder Netz. Schreib mir!
    Bis bald! Kira
     
    Jetzt kam die schwerste E-Mail. Die an Tim. Oder sollte ich erst Atropa schreiben? Nein, erst Tim. Wie oft hatte ich im Kopf bereits Mails an ihn formuliert. Und nun saß ich vor dem leeren Dokument und suchte nach dem richtigen Anfang.
     
    Tim,
    Ich weiß nicht, was ich schreiben soll. Ich bin ganz weit weg, weißt du. In Indien … Ich bin nicht krank. Luisa sagte, du wärst der gleichen Meinung. Ist das so? Wenn ich nur wüsste, was du denkst. Dann wäre es leichter für mich, dir zu schreiben. Vielleicht interessiert dich das alles auch nicht mehr. Dann lösch einfach meine E-Mail. Bestimmt komme ich erst in einem Jahr zurück. Ich muss ja das Abitur nachholen. Trotz allem, der Nachmittag bei dir, es war das Schönste, was ich bisher erlebt habe. Hoffentlich verdrehst du jetzt nicht die Augen. Danke für alles, dass du mich nach der Falke-Sache aufgesammelt hast. Ach, wäre doch alles nur anders gekommen. Die nächsten zwei bis drei Monate habe ich bestimmt kein Internet. Grüß Jonny! Kira
     
    Ich las meine Zeilen immer wieder. Sie waren blöd. Aber mir fiel nichts Besseres ein. Und jetzt zu Atropa. Zum Glück hatte ich ihre E-Mail im Kopf, seit sie das letzte Mal nicht im Chat war und ich per E-Mail versucht hatte, sie zu erreichen.
     
    hey atropa,
    mir geht es GUT! auch wenn das nicht ganz das richtige war, was du getan hast. es war gefährlich für mich, aber das konntest du nicht wissen …
     
    Ich tippte weiter, doch am Monitor erschienen ganz andere Sätze. Erst wollte ich Pio rufen, der jetzt versonnen kleine Murmeln auf einem der Papierstapel vor ihm hin-und her rollte und kein bisschen auf mich achtete, aber dann las ich, was sich vor mir von selbst auf den Bildschirm schrieb, ohne dass ich die Tasten berührte.
     
    ich bin‘s, atropa. mach pio nicht aufmerksam! endlich bist du hier und ich kann mit dir reden. glaub mir, es gab keinen anderen weg, dich hierher zu bringen. die schatten waren viel gefährlicher. wir müssen herausfinden, wer sie sind. ich habe jerome in verdacht, aber ich bin nicht sicher. sei vorsichtig mit ihm. er hat eine zwiespältige geschichte
     
    Ich starrte völlig perplex auf den Monitor. Nein, das war kein Chat. Ich hatte nur ein ganz normales E-Mail-Programm geöffnet. War Atropa inzwischen in der magischen Welt angekommen? Aber wo war sie? Es gab doch angeblich nur den einen PC bei Pio. In mir rasten die Gedanken, aber sie kamen nirgendwo an. Ich musste ruhig bleiben, damit Pio nichts merkte.
     
    atropa! wo bist du? bist du hier?
     
    Atropa: ich bin von hier, aber das konnte ich dir vorher nicht sagen. du hättest es mir nicht geglaubt …
     
    Atropa

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