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Himmelsvolk

Himmelsvolk

Titel: Himmelsvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Bonsels
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hast erfahren, wie gefährlich ihre Macht ist. Es ist nur einem Wunder zu danken, daß du nicht gestorben bist, aber fast so schlimm wie der Tod ist die böse Wirkung der Sonne, die die Elfen ihr ewiges Lichtreich vergessen macht und sie zum vergänglichen Geschick der sterblichen Wesen verzaubert. Aber meine Macht ist größer; hast du gehört, daß ich dich erlösen will? Bevor du aber nun aufs neue in unsere Gemeinschaft aufgenommen wirst, sollst du uns erzählen, wie es gekommen ist, daß du in deiner ersten Erdennacht am Morgen den Aufgang der Sonne nicht rechtzeitig gewahr geworden bist.«
    Da hob der Elf seinen Kopf, den er in unverstandener Traurigkeit gesenkt gehalten hatte, solange die Königin sprach, und begann seine Geschichte von der Biene zu erzählen, die er in der Sommernacht zu den Menschen geführt hatte. Es war unbeschreiblich still umher, während er sprach, denn die Elfen wissen nur wenig von den Menschen, es kommt nur alle hundert Jahre vor, daß ein Elf mit den Menschen in nähere Berührung tritt, deshalb sind sie sehr begierig, etwas zu erfahren. Vor der Sonne und den Menschen haben alle Elfen eine große Scheu.
    Der Elf erzählte zu Beginn nur langsam und schüchtern, aber je länger er sprach, um so fester und klarer wurde seine Stimme, und als er zum Schluß kam, erhob sie sich zu einem Jubeln, so daß alle mit pochenden Herzen lauschten und nicht begriffen, woher die Freude stammte, die aus den Worten des Elfen strahlte.
    Es war lange still, nachdem er seine Geschichte beendet hatte, endlich fragte die Königin erstaunt und besorgt:
    »Du sagst uns, die beiden Menschen seien glücklich gewesen, ich will es dir gerne glauben, aber wie kommt es, daß du darüber die aufgehende Sonne am Himmel nicht gewahr geworden bist? Das blendende Feuer der gewaltigen Sonne muß doch deine Sinne schon mit Angst erfüllt haben, als es sich am Horizont ankündigte, und da wäre es für dich noch Zeit gewesen.«
    Der Elf erhob seine Arme, und seine Augen glänzten:
    »Wie soll ich es dir beschreiben, mächtige Königin,« sagte er mit zitternder Stimme, »seit ich die Augen der beiden Menschen gesehen hatte, die sich im Glück ihrer Liebe umschlungen hielten, war mir ums Herz, als sei die ganze Erde hell. Ich habe geglaubt, das Licht käme aus ihren Herzen geströmt, wirklich ... und als ich dann aufschaute und die Morgensonne erblickte, war mir in meiner Verwirrung zumut, als käme alles Glück von ihrem Licht, und ich konnte nicht wie früher glauben, daß sie gefährlich und schrecklich sei. Ich vernahm um mich her die Stimmen der erwachenden Blumen und Tiere, und aus aller Mund klang der gleiche frohe Glaube.«
    Da sprang die Königin auf und schlug vor ihrer Stirn die Hände zusammen vor Zorn und Trauer.
    »Armes, verführtes Kind!« rief sie, »was hast du gegen das unvergängliche Dasein der Elfen eingetauscht! Weißt du denn nicht, daß alle Wesen, die der Sonne vertrauen, sterben müssen?«
    Erschrocken über den Zorn der Königin trat der Elf ein wenig zurück.
    »Das macht ja nichts ...« antwortete er schüchtern.
    Es war wirklich so, als sollte in dieser Nacht im Reich der Elfen ein Wunder nach dem anderen geschehen. Die Königin stand plötzlich merkwürdig still, sie schien ihre ganze Sorge vergessen zu haben, und indem sie sich langsam mit großen Augen vorbeugte, sagte sie in höchstem Erstaunen:
    »Wie, ist es wahr, du weinst? Seit wann kann ein Elf weinen?«
    »Ich weiß nicht,« antwortete der Elf leise, »ich kann es ...«
    Da raffte die Königin sich erschrocken auf, und indem sie ihre ganze Kraft zusammennahm, sagte sie:
    »Wie frei und herrlich war dein Leben vor deiner unseligen Schuld! Dir war Schönheit und Macht verliehen, und du hast im hellen Flügelkleid die Irdischen beglücken können, nach deiner Wahl. Schmerzen und alles Ungemach der sterblichen Wesen sind dir fremd und fern geblieben, und dein Tod war nur ein liebreicher Traum des Vergessens, durch den du in unser Reich zurückkehrtest, um einst aufs neue als Blumenelf aus einem reinen Kelch zu steigen, so hell und einsam wie das Licht aus den Sternen bricht, oder wie ein Quell aus den Felswänden. Dein Wort tat Wunder, alle Wesen der Schöpfung dienten dir und segneten dich. Die Erde nahm dich auf, um dich aufs neue zu erlösen; weißt du das alles nicht mehr?«
    Da rief der Elf laut:
    »Die Erde kann nicht erlösen, nie die Erde!«
    »Was soll dich denn erlösen, du Törichter«, entgegnete bestürzt die Königin. »So

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