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Himmelsvolk

Himmelsvolk

Titel: Himmelsvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Bonsels
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Licht!«
    »Ich kann es nicht,« sagte der Elf, »zeig’ mir den Weg zur Königin.«
    »Du bist der Waldwiesenelf, der von der Herrscherin erwartet wird?«
    Der Elf nickte. Auf ein Zeichen des Käfers flammten die Lichter aller anderen wieder auf, und es wurde unter der Wurzel der Eingang zu einer Höhle sichtbar. Die kleinen Wesen dienten scheu und gehorsam jedem Wink der Elfen.
    »Der Mondtanz auf der Wiese ist schon beendet,« sagte ein Käfer zum Elfen, als er neben ihm dahinflog, »alle erwarten dich im silbernen Saal. Es darf kein Elf mit dir sprechen, bevor es nicht die Königin getan hat.«
    Den Elfen ergriff mit heimlicher Macht der alte Zauber seines Heimatreichs, alles, was er seit der Nacht durchlebt hatte, in der er seiner Blume entstiegen war, erschien ihm plötzlich wie ein glühender Sonnentraum, in Gold und Grün und Wärme verwoben. Seine Hände zitterten, und er rief das Losungswort der Elfen vor dem Tor am Ende des Gangs mit bebender Stimme.
    Die nächtlichen Tore taten sich auf, ein Himmel von Licht und Glanz umfing den Elfen, als ob er in ein wogendes Meer von fließendem Silber untertauchte. Geblendet hielt er inne, während sich lautlos das Tor hinter ihm schloß, das die dunkle irdische Nacht vom Elfenreich trennte. Er sah über weite Gärten hin, die von Silber und durchschimmerndem Grün flammten und so hell waren, wie den Augen die Scheibe des Vollmonds erscheint, wenn sie weit aufgeschlagen mitten hineinsehen. Es ergriff ihn eine tiefe Rührung, die er nicht zu überwinden vermochte, es war die Gewalt der Heimat, die Einzug in sein Gemüt hielt. Sie ist die mächtigste aller Erinnerungen, schon viele Wesen sind ihr immer aufs neue erlegen und haben ihr das Opfer dessen gebracht, was die weite Welt sie gelehrt hat.
    Ein hoher Gesang schreckte den Elfen aus seiner Traumbefangenheit empor, er hob seine Augen und sah vor sich den Thron der Elfenkönigin. Über ihrem blonden Scheitel, auf dem ein Kronenreif aus Diamanten erglänzte, so rein und durchscheinend wie das Quellwasser der Waldtiefe, wölbte sich ein strahlender Baldachin, und zur Rechten und Linken ihres Throns, der aus Silber war, standen in weißen Reihen ungezählte Scharen von Blumenelfen, und alle hatten ihre Augen auf den Ankömmling gerichtet. Von ihren Lippen erscholl der Gesang, der die grüne Silberluft umher erfüllte, wie buntes Licht eine kristallene Kugel. Unwillkürlich ergriff die selige Schönheit des Gesangs den Elfen, und indem er sich tief verneigte, sang er mit den anderen das alte Elfenlied, den Gruß der Königin:
    »Du Lob des Lichts in mir,
du Leuchten, das ich bin!
In tiefer Demut deine Zier,
ewige Königin.«

    Als das Lied verklungen war, wurde es umher so still, als wäre der strahlende Lichtraum ein Bild, nur ein ganz leises, kaum vernehmbares Rauschen ging von den vielen Flügeln aus, als zöge ein heimlicher Windzug über eine Winterlandschaft, deren Bäume im Rauhreif glitzern. Da erklang die Stimme der Elfenkönigin, und ihre Lichtaugen ruhten auf den Zügen des Elfen wie zwei Sterne:
    »So bist du meinem Rufe gefolgt und zu mir gekommen, du verlorenes Kind? Ich will dich nicht fragen, ob es ein Unglück oder eine Schuld gewesen ist, die dich aus unserem Reich verbannt hat, aber du sollst heute wissen, daß meine Macht groß genug ist, dir deine alte Freiheit wieder zu erwirken, und du darfst in unsere Gemeinschaft und in deine alten Elfenrechte zurückkehren, wenn du allem absagen willst, was dich in der vergänglichen Welt der Menschen, Tiere und Pflanzen gefesselt hat, und wenn du deine Schuld von Herzen bereuen kannst.«
    Es ging eine frohe Bewegung durch die Reihen der Elfen, alle schienen beglückt zu sein, daß einer der Ihren, den der Tag der Erde ihnen geraubt hatte, wieder in ihr Zauberreich zurückkehren sollte. Aber die feine Stirn der Königin umwölkte sich plötzlich unter dem Licht ihrer Krone, und sie sagte:
    »Kommst du ungeschmückt zu deiner Königin?«
    Da merkte der Elf, daß der Schein auf seiner Stirn erloschen war, seit er das Elfenlied gesungen hatte, und die seltsame Trauer, die sein Gemüt bewegte, nahm zu. Ihn ergriff jählings ein Heimweh nach dem warmen grünen Erdenreich der Sonne, und er begriff zum erstenmal die Bedeutung des alten Gesetzes des Elfenvolks, daß kein Elf die Sonne sehen durfte.
    Es schien, als ob die Königin seine Gedanken erriete, sie sagte ernst und mit feierlicher Stimme:
    »Dein Geschick hat dich in das Bereich der Sonne verschlagen, und du

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