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Himmlische Juwelen

Himmlische Juwelen

Titel: Himmlische Juwelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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mit Wein tun sollte. Einem Mann, dem das Elend der Menschen so
naheging, war man das schuldig.

[138]  14
    Sie lachten während des Essens noch viel miteinander;
Caterina protestierte aber, als Andrea unbedingt die Rechnung übernehmen
wollte. Erst als er versprach, das Essen als Spesen aufs Konto seiner Klienten
zu setzen, gab sie sich geschlagen. Das sei absolut legitim, erklärte er,
schließlich hätten sie beim Essen über Musik und Manuskripte gesprochen. Dass
die Cousins diesmal bezahlen sollten, amüsierte Caterina sehr; ob legitim oder
nicht, war ihr egal.
    Zur Stiftung waren es nur wenige Minuten; Caterina hätte nichts
dagegen gehabt, wenn der Weg länger gewesen wäre. Vor der Haustür sah Andrea
auf seine Uhr – aus Gold und flach wie eine Münze. Die hätte bestimmt Signor
Scapinellis Interesse geweckt. »Ich muss zurück«, sagte er. »Ich freu mich
drauf, von dir zu hören.«
    Sie schaute immer noch seine Uhr an, hob aber nun lächelnd den Kopf,
während er seine Brieftasche herauszog. Er überreichte ihr seine Karte und
sagte: »Da steht meine E-Mail-Adresse drauf. Wenn du mir die Ergebnisse deiner
Untersuchungen mitteilst, leite ich sie an die Cousins weiter.« Sosehr es sie
freute, dass er ihre Angewohnheit übernommen hatte, von Signor Stievani und
Signor Scapinelli als den »Cousins« zu sprechen, so enttäuscht war sie jetzt –
gestand sie sich ein –, dass sein Verlangen, von ihr zu hören, sich nur auf
ihre Arbeit zu beziehen schien.
    »Ist gut«, sagte sie mit einem, wie sie hoffte, entspannten [139]  Lächeln.
»Ich mach gleich weiter und schick dir am Abend eine Zusammenfassung.«
    »In Ordnung«, erwiderte er und gab ihr die Hand. Sie steckte seine
Karte ein, schloss die Tür auf und ging ins Haus. Im Korridor kam ihr Roseanna
entgegen.
    »Da bist du ja«, rief Caterina erfreut. Inzwischen waren sie fast
schon Freundinnen, aber sie wusste nicht so recht, ob sie Roseanna mit einem
Wangenkuss begrüßen sollte, und überließ lieber der Älteren die Entscheidung.
    Im Näherkommen erkannte sie allerdings, dass von Wangenküssen keine
Rede sein konnte. Roseanna machte ein ausgesprochen unfreundliches Gesicht;
Caterina konnte nur hoffen, dass nicht sie, sondern jemand anders ihr
Missfallen erregt hatte.
    »Wo warst du?«, fragte Roseanna vorwurfsvoll.
    »Essen«, antwortete Caterina. Wo und mit wem verschwieg sie.
    »Das Büro stand offen.«
    »Ich dachte, ich hätte die Tür zugemacht«, sagte Caterina, ohne
lange nachzudenken.
    »Ja, die Tür war zu. Aber nicht abgeschlossen.« Roseanna wartete,
doch da Caterina nichts sagte, entfuhr es ihr: »Die Dokumente lagen auf dem
Tisch, und der Tresor stand offen.« Was sie sagte und wie sie es sagte, konnte
Caterina ihr nicht verübeln. Vor Freude über Andreas Vorschlag hatte sie das
Zimmer verlassen, ohne einen Gedanken auf die Papiere und ihre Verantwortung
für sie zu verschwenden – ein Versäumnis, das Andrea freilich auch nicht
aufgefallen war.
    »Bitte entschuldige.« Was konnte sie sonst schon sagen? »Ich hab’s
vergessen.« Als sie an der Tür zum Treppenhaus [140]  nach den Schlüsseln in ihrer
Tasche suchte, berührten ihre Finger Andreas Karte. »Es wird nicht wieder
vorkommen.«
    Roseanna taute ein wenig auf, sagte aber immer noch ziemlich barsch:
»Das will ich hoffen. Immerhin haben wir keine Ahnung, was für Werte da oben
lagern.«
    Ihr Ton ließ Caterina aufhorchen. Hatte Roseanna womöglich etwas
über den Wert der Papiere in Erfahrung gebracht? Wollte sie danach gefragt und
für ihren Einsatz gelobt werden?
    »Hast du etwas herausgefunden?«, fragte Caterina und trat ein paar
Schritte näher.
    Roseanna ging in ihr Büro zurück, ließ aber die Tür offen, was
Caterina als Einladung auffasste. Als sie einander am Schreibtisch
gegenübersaßen, schob Roseanna ein Blatt Papier zu Caterina hinüber. Sie
erkannte den Briefkopf eines Londoner Auktionshauses; darunter waren drei
Musikhandschriften aufgelistet mit der Summe, die man bei der Versteigerung
erlöst hatte.
»Qui la dea cieca« (1713)
9040 Euro
»Notte amica« (erstes Blatt) (1714)
4320 Euro
»Padre, s’è colpa in lui« (Fragment) (1712)
1250 Euro
    Caterina sah auf und strahlte. »Da hat aber jemand seine
Hausaufgaben gemacht.« Sie warf noch einen Blick auf die Zahlen. »Wie hast du
es bloß angestellt, an diese Informationen heranzukommen?«, fragte sie und
klopfte anerkennend auf das Papier. »Complimenti.«
    Roseanna strahlte nun auch übers ganze Gesicht, Zorn

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