Himmlische Leidenschaft
kostbaren Fund.
»Es sind noch mehr davon da«, sagte Case.
»Noch mehr«, wiederholte sie wie in Trance, voller Angst, daß sie ihn nicht richtig verstanden hatte. »Ich kann es einfach nicht glauben.«
»Geh ein Stück zurück, damit ich graben kann. Dann wirst du es glauben.«
»Ich werde dir helfen.«
»Liebes, wir sind hier so eingekeilt, daß der Platz noch nicht einmal reicht, um ein Streichholz anzuzünden, geschweige denn, um gemeinsam zu graben.«
»Aber ... ach, verdammt, du hast ja recht.«
Sie zog den schweren Silberbarren aus dem Geröll heraus und kroch durch den engen Gang zurück. Dann kauerte sie sich einen Schritt vom Fuß des Geröllhaufens entfernt auf den Boden und balancierte den Barren in beiden Händen.
»Ich reiche dir die Barren hinüber, sobald ich sie gefunden habe«, sagte Case.
»Wie viele sind es?«
»Das weiß ich nicht.« Er knurrte und schob ihr gleich darauf einen zweiten Barren in die Hand. »Fang an zu zählen.« »Huch!«
»Huch?« meinte er trocken. »Das macht bis jetzt zwei Barren. Hier kommt Nummer drei.«
Ein gedämpftes, fast melodisches Klirren ertönte, als Sarah die ersten beiden Barren an der Rückwand des Felsspalts ablegte. Sie zog ihren Handschuh wieder an und streckte erneut beide Hände in die Dunkelheit.
»Fertig«, sagte sie.
Wieder klatschte ein schwerer, schwarz angelaufener Silberbarren in ihre Handfläche.
»Drei«, sagte sie.
Ohne innezuhalten warf sie den dritten Barren auf die Seite.
»Fertig.«
Nach dem fünften Barren entwickelten Case und Sarah einen gleichmäßigen Rhythmus, der nur dann variierte, wenn er besondere Mühe hatte, das Silber aus dem Geröll herauszuziehen. Dann pflegte Sarah einen Moment auszuruhen, während Case vor sich hin schimpfte und ein Streichholz anzündete und Trümmer beiseite schob, bis er weitere Barren freilegen konnte.
Vor Kälte zitternd, ohne sich dessen bewußt zu sein, wartete sie darauf, daß Silberreichtum in ihre Hände geschoben wurde, damit sie ihn zur Seite werfen und ihre Hände nach mehr ausstrecken konnte.
Steine verlagerten sich polternd und rumpelnd und füllten das Loch, wo Case gegraben hatte.
»Wie viele?« fragte er.
»Vierzig.«
»Das ist mehr, als wir in unseren Satteltaschen transportieren können. Besonders, wenn das hier noch dazukommt.«
Er wich rückwärts aus dem Loch heraus und drehte sich um. Schwarz angelaufene Münzen ergossen sich aus seinen Händen. Der trübe Belag änderte nichts an dem herrlich melodischen Klang von Silber auf Silber, als die Münzen auf den Boden fielen.
»Genug, um meine Satteltaschen zu füllen und deine noch dazu«, sagte Case. »Wir werden die Barren zurücklassen müssen, um sie später zu holen.« »Was ist mit den Packpferden?«
»Keine Zeit«, erwiderte er.
»Aber wir können die Barren nicht einfach hierlassen.«
»Warum nicht?«
»Jemand könnte sie finden«, erklärte Sarah ungeduldig.
»Bis jetzt hat sie ja auch keiner gefunden.«
»Ich werde das Silber bewachen. Du gehst zurück, um ...«
»Nein«, unterbrach er sie. »Überall, wohin ich gehe, gehst du mit.«
»Wir können nicht beide hierbleiben.«
»Richtig. Das bedeutet, daß wir beide gehen werden.«
»Aber der Rest des Silbers ...«
»Wir sollten uns besser beeilen«, sagte Case, während er sich wieder zu den Ledersäcken mit reales umwandte, die noch in dem Geröll lagen. »Es wird eine höllische Kletterpartie werden, Satteltaschen voller Silber diese schneeglatten Felsen hinunterzuschleppen.«
Sarahs Zähne schlugen aufeinander, als sie den Mund zuklappte. Etwas von ihrer Erregung verebbte, während sie den Stapel von Barren und die brüchigen, halb verrotteten Ledersäcke betrachtete, die Case vorsichtig aus dem Schutt herauszog.
Silber war unglaublich schwer.
Wie Blei.
»Worauf wartest du noch?« fragte er.
»Darauf, daß mir Flügel wachsen.«
»Vorher wirst du erst noch erfrieren. Komm, beweg dich, Liebes. Du zitterst jetzt schon wie ein kranker Hund.«
Zuerst unbeholfen und steif vor Kälte, dann etwas geschickter, half sie ihm, ein paar der Barren die steile Flanke des Canyons hinunterzuschaffen und anschließend die leeren Satteltaschen wieder hinaufzutragen.
Case wollte mit den Satteltaschen aufhören.
Sarah weigerte sich.
Sie würde nicht eher gehen, bis auch der allerletzte der Barren, die sie gefunden hatten, aufgeladen war. Sie hatte zu lange und zu angestrengt nach dem Schatz gesucht, um auch nur einen winzigen Teil davon
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