Himmlische Leidenschaft
zurückzulassen.
Es hatte fast aufgehört zu schneien bis zu dem Zeitpunkt, als Case die schweren Satteltaschen auf Crickets Rücken hievte und sie sorgfältig festschnallte. Auch Sarahs kleine Stute trug ihren Anteil an dem Silber.
Die Packpferde hatten die Ohren flach angelegt. Das gewaltige Gewicht des Metalls war die schwerste Art von Last, die sie je getragen hatten.
Kälte legte sich über das Land wie eine Decke von Stille. Schneeschleier wirbelten im Wind und lösten sich auf, enthüllten die Landschaft eine Sekunde lang und verbargen sie in der nächsten wieder. Allmählich ließ der Schneefall nach. Der Mond stieg klar und hell genug am Himmel auf, um Schatten zu werfen. Die Hufabdrücke der Pferde hoben sich dunkel und scharf Umrissen gegen den glitzernden weißen Boden ab.
Am Eingang des Canyons war keine Spur von Banditen zu sehen.
Sarah seufzte erleichtert und begann sich zu entspannen. Als die freudige Erregung über den kostbaren Fund langsam verebbte, wich ihre Hochstimmung einem bittersüßen Gefühl der Akzeptanz.
Conners Zukunft war gesichert.
Und ihre Hälfte der Lost River Ranch gehörte nun Case Maxwell.
»Bist du sicher, daß du es dir nicht doch noch einmal überlegen willst und lieber die Hälfte des Silbers statt die Hälfte der Ranch wählst?« fragte sie nach einer Weile. »Das Silber ist sehr viel mehr wert.«
»Nicht für mich.«
Sie fragte nicht noch einmal.
Schweigend ritt Sarah zu dem Heim zurück, das nicht länger ihr Zuhause war. Ihr Blick schweifte wehmütig über das Land, während sie sich seine karge Schönheit unauslöschlich ins Gedächtnis einprägte.
Bald würden Erinnerungen alles sein, was ihr noch von der Ranch blieb, an der sie mit jeder Faser ihres Herzens hing.
21. Kapitel
Lauf weg! Schnell! Die Flut kommt, und er ist betrunken und bösartig und sucht nach dir!
Schneller, Conner! Ich kann dich nicht mehr tragen, du bist jetzt zu groß!
Sarah erwachte mit wild hämmerndem Herzen. Kalter Schweiß perlte auf ihrer Haut und ließ sie frösteln.
O Gott, diesmal wird Hal mich todsicher einfangen.
Von panischer Angst erfüllt sah sie sich um.
Obwohl sie im Freien war, wirbelte kein Flutwasser schäumend um sie herum. Es gab keine Wände, keine verschlossenen Türen, nichts, was sie daran hinderte, vor ihrem Ehemann zu fliehen.
Sie holte zitternd Luft und versuchte sich zu orientieren.
Am Himmel über ihr erstrahlten Millionen von Sternen in atemberaubender Pracht. Schnee lag silbern auf dem Land. Was nicht von Schnee bedeckt war, schimmerte in einem seltsam leuchtenden Ebenholzschwarz, so tief wie die Nacht selbst.
Abrupt erinnerte sie sich wieder daran, wo sie war und warum. Auf Hunters Vorschlag hin - tatsächlich war es eher ein Befehl gewesen - hatte sie beschlossen, nicht mehr im Inneren des Blockhauses zu schlafen, wie es ihre Gewohnheit war. Nachdem es so dunkel geworden war, daß mögliche Spione sie nicht mehr sehen konnten, hatte sie ihren Schlafsack mit hinausgenommen.
In ihrem Rücken war eine steile Canyonwand. Schützendes Gebüsch flankierte sie zu beiden Seiten. Pferde waren über die gesamte Fläche um die Ranch herum verstreut. Dank ihrer empfindlichen Sinne würden sie Eindringlinge wahrnehmen, lange bevor die Ranchbewohner auf sie aufmerksam wurden.
Und Case schlief irgendwo in der Nähe, unsichtbar in der Dunkelheit, um sie und den spanischen Schatz zu bewachen.
Sarah atmete erneut durch, tiefer diesmal. Die Nachtluft war kalt und süß und von dem Geruch nach Freiheit erfüllt.
Nur ein Alptraum, sagte sie sich immer wieder. Nichts, weswegen du gleich in Angstschweiß ausbrechen müßtest.
Hal ist tot.
Conner ist in Sicherheit.
Ich bin in Sicherheit.
Und dennoch, noch während ihr diese Gedanken durch den Kopf gingen, kroch beklemmende Furcht in ihr hoch, eine Furcht, die keine noch so beruhigenden Worte zu erreichen vermochten. Sie hatte diese Angst nicht mehr gefühlt, seit sie begriffen hatte, daß ihre Eltern und ihre Geschwister tot waren und daß einzig und allein sie für Conners nacktes Überleben verantwortlich war.
Das Silber bedeutet, daß Conner niemals Not leiden wird. Und ich auch nicht.
Ich werde niemals gezwungen sein, zu heiraten oder mich als Hure zu verkaufen, nur um zu überleben.
Warum fühle ich mich dann so ängstlich und niedergedrückt?
Dann fiel ihr wieder ein, daß der Preis des spanischen Schatzes immens hoch gewesen war - die Lost River Ranch.
Ich habe schon schlimmere Verluste
Weitere Kostenlose Bücher