Himmlische Leidenschaft
meinte sie.
»Ich kenne den Spring Canyon besser als jeder andere.«
Lola grunzte nur.
»Ab Culpepper mag zwar so bösartig wie eine Schlange sein, aber er ist nicht blind«, sagte Sarah. »Ute wird ihn nicht lange täuschen können.«
»Muß er ja auch nicht. Kugeln sind ziemlich schnell.« »Fleisch nicht«, gab Sarah zurück. »Nun komm endlich. Wir haben nicht viel Zeit.«
Rasch schwang sich Sarah auf Shakers Rücken.
Mit einem gedämpften Fluch kletterte Lola auf ihr Pferd. Der stämmige Mustang sah aus, als wäre einer seiner Vorfahren ein Ackergaul gewesen.
»Was ist mit den Packpferden?« fragte Lola.
»Nimm sie mit. Ich habe einen Plan für die Silberbarren.«
»Genau das habe ich befürchtet. Pläne, was für ein Schwachsinn.«
Es war Lolas letzte Klage. Ohne ein weiteres Wort folgte sie dem Pfad durch kalte Dunkelheit und noch kälteres Mondlicht.
Sarah war ebenfalls nicht nach Reden zumute. Je näher sie dem Spring Canyon kam, desto törichter erschien ihr ihr Plan. Das einzige, was sie mit Sicherheit wußte, war, daß ihr Ziel schneller zu erreichen war als der östliche Rand des Canyons, wohin die Männer ritten.
Ganz gleich, wie töricht mein Plan sein mag, alles ist immer noch besser, als verzweifelt die Hände zu ringen und abzuwarten, ob Conner und Case noch leben, sagte sie sich energisch.
Außerdem brauchen sie mich. Niemand sonst kann jenen Teil des Canyons erreichen. Von dort aus kann ich direkt in das Lager hinunterschießen.
Mein Eingreifen kann darüber entscheiden, ob Conner lebt oder stirbt.
Ob Case überlebt oder sterben muß.
Es ist kein törichter Plan. Nicht wirklich. Nicht, wenn man ihn von allen Blickwinkeln aus betrachtet.
Sie redete sich dies immer wieder ein, während Shaker den Aufstieg aus dem Canyon heraus begann und weiter hinauf zu dem riesigen, windumtosten Plateau kletterte. Der Lost River hatte sich durch das massive Gestein des Plateaus gegraben, um das Tal zu bilden, wo üppiges Gras und Weiden und Pyramidenpappeln gediehen. Das Lost River Valley war der größte Canyon, den Wassermassen aus dem Körper des Plateaus herausgemeißelt hatten, aber nicht der einzige. Es gab Hunderte von anderen, schmaleren Nebencanyons.
Der Spring Canyon war einer davon.
Bevor sich die Banditen dort niedergelassen hatten, war dieser Canyon Sarahs Zuflucht gewesen, ein geheimnisumwitterter Ort voller Frieden und Träume. Unzählige Male war sie dort herumgeklettert. Entlang der nach Süden blickenden Wand des Canyons gab es Ruinen in einer großen Nische, knapp fünf Meter unterhalb des Randes des glatten Felsmassivs. Die uralten Räume zerfielen langsam und lautlos wieder zu Ewigkeit und Staub. Nur ein paar von Hand erbaute Steinwände standen noch, zerbröckelnde Schutzwälle gegen einen Feind, der lange tot war.
Sechs Meter weiter die steile Felswand hinunter entsprangen die Quellen, die es den alten Stämmen ermöglicht hatten, ihre Festung zu erbauen. Drei Meter unterhalb des moosüberwucherten Felsspalts, wo Gestein kühles, süßes Wasser absonderte, hatten die Banditen ihr Lager aufgeschlagen.
Sarah zögerte kein einziges Mal auf ihrem Weg zu den Ruinen. Viele Male hatten sie und Conner sich in den zerfallenen Räumen versteckt, wenn Hal wieder einmal sinnlos betrunken gewesen war und wie ein Besessener getobt und auf alles eingeschlagen hatte, was ihm in die Quere kam.
Ganz gleich, wie angestrengt ihr Ehemann nach ihr gesucht hatte, er hatte sie niemals gefunden. Obwohl schmal für einen Mann, war er immer noch zu dick gewesen, um sich durch den verborgenen Gang zu zwängen, der vom oberen Teil des Plateaus zu den Ruinen hinunterführte und den sie durch Zufall bei einer ihrer Erkundungstouren entdeckt hatte.
Conner ist inzwischen zu groß geworden, dachte Sarah. Ich bin die einzige, die in den Spalt hineinpaßt.
Es gab keinen anderen Weg in die Ruinen, außer man kletterte an einem Seil die steile Felswand hinunter. Hal hatte dies einmal getan, als er nach Silber gesucht hatte. Er hatte nichts als jahrhundertealten Staub und Tonscherben gefunden.
Sarah lenkte ihre Mustangstute auf einen Pfad, den sie seit Hals Tod nicht mehr benutzt hatte. Unter normalen Umständen hätte sie davor zurückgescheut, diese spezielle Route auf das Plateau hinauf zu nehmen, weil sie zu steil, zu gefährlich war.
Besonders bei Nacht.
Aber es war Nacht gewesen, wenn Hal gewütet hatte. Nacht, wenn der schnellste Weg, um an einen sicheren Ort zu gelangen, jedes Risiko wert
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