Himmlische Leidenschaft
fragte er statt dessen.
»Ich werde es finden.«
Ihr störrisch vorgeschobenes Kinn sagte ihm, daß sie sich über dieses Thema von Sonnenaufgang bis Sonnenaufgang streiten könnten, ohne daß sich etwas ändern würde.
Er seufzte kopfschüttelnd und ließ seine Hand wieder über die zimtbraune, seidige Fülle ihres Haares gleiten.
»Wenn Conner und Ute die Banditen doch bloß nicht so schikaniert hätten«, sagte Sarah nach einem Moment. »Vielleicht hätten sie uns dann in Ruhe gelassen.«
»Vielleicht, aber das bezweifle ich.«
»Warum?«
»Moodys Jungs sind zu faul und träge, um ihre Überfälle weit von ihrem Lager entfernt zu verüben.«
»Was ist mit den Culpeppers?« fragte sie.
»Früher waren sie auch so faul, aber es sieht ganz danach aus, als hätten die meisten der Halunken inzwischen gelernt, ihre Jauchegrube nicht zu nahe an ihrem Trinkwasserbrunnen zu graben.«
»Zur Hölle mit diesen Banditen.«
»Amen.«
Sarah schloß die Augen und saß eine Weile ganz still da.
Dann öffnete sie die Augen wieder und begann, von einer Idee zu sprechen, die in ihrem Kopf Gestalt angenommen hatte. Sie sprach schnell, denn es widerstrebte ihr zutiefst, bitten zu müssen.
Dennoch blieb ihr keine andere Wahl, wenn sie nicht hilflos die Hände ringen wollte, während Conner von Banditen ermordet wurde, die älter und weitaus gerissener als ihr impulsiver jüngerer Bruder waren.
»Wenn du mir die Banditen vom Hals hältst, während ich nach dem Silber suche, gebe ich dir die Hälfte von dem, was ich finde«, sagte sie hastig.
Case brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, wovon sie sprach. Als er schließlich verstanden hatte, schüttelte er den Kopf.
»Nein«, sagte er schlicht.
»Du glaubst nicht, daß ich das Silber finden werde?«
»Selbst wenn du es fändest, würde es keine Rolle spielen. Silber, Gold, Papiergeld - nichts davon ist es wert, dafür zu sterben.«
»Wofür lohnt es sich denn zu sterben?« fragte sie bitter.
»Für die Hälfte der Lost River Ranch.«
Sarah fühlte, wie alles Blut aus ihrem Gesicht wich.
Die Hälfte der Lost River Ranch.
Dann sah sie in Gedanken das grauenhafte Bild vor sich, wie ihr Bruder tot irgendwo lag, von Banditen in einen Hinterhalt gelockt und brutal ermordet.
Sie versuchte zu sprechen, aber sie brachte keinen Ton hervor. Sie schluckte hart.
»In Ordnung. Die Hälfte der Ranch«, stimmte sie schließlich mit rauher Stimme zu. »Aber du mußt mir versprechen, daß du Conner nichts davon sagst. Versprich es mir.«
»Schon versprochen.«
Sie saß ganz still da, horchte auf das Echo des Handels, den sie abgeschlossen hatte. Sie war froh, daß sie endlich all ihre Tränen vergossen hatte.
Nur sie würde wissen, wie unendlich schmerzlich der Verlust ihrer geliebten Ranch für sie war.
10. Kapitel
Der Atem der Pferde bildete kleine weiße Wölkchen in der frostklaren Luft. Obwohl der Himmel alle nur vorstellbaren Nuancen von Pfirsichrosa und blassem Blau aufwies, war es noch vor Tagesanbruch.
»Bist du noch immer nicht damit fertig, dein Pferd zu bemuttern?« fragte Sarah ungeduldig.
Case blickte von dem Sattelgurt auf, den er gerade um Crickets schlanken Rumpf festschnallte. Sarah saß rittlings auf einem der Mustangs, die er das erste Mal in Spanish Church gesehen hatte. Damals war das Pferd mit Paketen beladen gewesen.
Normalerweise ritt sie ohne Sattel. An diesem Morgen hatte Case jedoch darauf bestanden, daß die kleine Stute, die sie Shaker nannte, einen der Sättel trug, die die toten Banditen nicht länger brauchten. Case war der Ansicht, daß es zu gefährlich war, ohne Sattel über unwegsames, rauhes Gelände zu reiten.
Die Mustangs, die den Banditen gehört hatten, grasten jetzt entlang dem Ufer des Baches, zusammen mit Sarahs Vieh und ihren anderen Pferden. Die neuen Tiere waren schnell zu der Einsicht gekommen, daß das Gras auf der Lost River Ranch sehr viel besser war als das spärliche Futter im Spring Canyon.
»Also?« fragte sie beharrlich.
»Das Silber liegt nun schon seit Jahrhunderten irgendwo vergraben«, meinte Case vernünftig. Es wird wohl noch eine weitere Minute überstehen, während ich den Sattelgurt anziehe.«
Es kostete sie sichtlich Mühe, eine ungeduldige Erwiderung hinunterzuschlucken.
Mit zusammengepreßten Lippen blickte Sarah zu dem Felsrand hinüber. Sie konnte Lola zwar nicht sehen, wußte jedoch, daß die ältere Frau irgendwo dort oben saß, eine geladene Schrotflinte quer über ihrem breiten Schoß.
Ute
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