Himmlische Leidenschaft
verzerren. Es war, als erhaschte man einen flüchtigen Blick auf den Mann, zu dem er mit der Zeit heranwachsen würde, eine Mischung aus Aufrichtigkeit und Kraft und Stärke zu gleichen Teilen.
»Was glaubst du wohl, warum meine Schwester ihn geheiratet hatte?« fragte er kalt.
»Aus Not.«
»Verdammt richtig. Sie war damals knapp vierzehn, und ich war neun. Unsere sämtlichen Verwandten waren bei der Flutkatastrophe umgekommen. Wir hungerten. Dann kam Sarah auf die Idee, auf eine Anzeige in der Zeitung zu antworten.«
»Und daraufhin hat sie Hal geheiratet?«
Conner nickte. »Der alte Hurensohn konnte noch nicht mal eine Indianerin finden, die es mit ihm ausgehalten hätte.«
»Wie hast du Hal getötet?« fragte Case unvermittelt.
Die einfache Frage überrumpelte Conner. Er sah sich hastig nach allen Seiten um.
Aber es war niemand zu sehen.
»Woher hast du das gewußt?« fragte er.
»Ich habe es nicht gewußt, bis jetzt.«
»Sag es um Gottes willen nicht meiner Schwester«, sagte Conner eindringlich. »Ich will dein Wort darauf.«
Ich soll vor Conner geheimhalten, daß mir bald die eine Hälfte der Ranch gehört, dachte Case trocken, und jetzt gibt es ein zweites Geheimnis, von dem wiederum Sarah nichts wissen darf
»Bist du sicher, daß sie das nicht schon längst weiß?« fragte er.
»Ja!«
»Was ist damals passiert?«
Conner machte eine brüske, abweisende Handbewegung.
»Was spielt das schon für eine Rolle? Er ist tot.«
»Ein Schuß mit der Schrotflinte aus dem Hinterhalt?« fragte Case in beiläufigem Tonfall.
»Nein. Verdammt noch mal, ich hatte noch nicht einmal vor, den alten Bastard umzubringen.«
Case zog nur fragend eine Braue hoch und wartete.
Seufzend strich sich Conner mit der Hand durchs Haar, setzte sich mit einer knappen Bewegung den Hut auf den Kopf und begann zu sprechen.
»Er war in der Nacht zuvor wieder hinter ihr hergewesen. Es war eines der wenigen Male, daß er sie erwischte.«
Cases Lider zuckten. Er haßte den Gedanken an Sarah und einen alten Mann, der so grausam gewesen war, daß er noch nicht einmal eine ausgestoßene Indianerin dazu hatte überreden können, mit ihm zu leben.
Soweit ich weiß, hat meine Schwester ihren ersten Kuß in jener Nacht bekommen, als du sie zu unserer Ranch zurückbegleitet hast.
»Er war auf einer gewaltigen Sauftour«, fuhr Conner fort. »Er trank noch immer, als er am nächsten Morgen losritt, um nach Bodenschätzen zu suchen. Ich bin ihm heimlich gefolgt.«
»Zu Fuß?«
»Hals Pferd war ein altes Tier, auch nicht viel jünger als er selbst. Und er war ein richtiger Wandernarr. Es war Nachmittag, als ich ihn eingeholt hatte.«
Case beobachtete den Jungen aus schmalen Augen.
»Ich stellte Hal zur Rede und sagte ihm, er solle auf hören, meine Schwester zu mißhandeln«, fuhr Conner fort.
»Er fing an, mit seiner Pistole auf mich einzuschlagen. Es war nicht das erste Mal, aber es war todsicher das letzte Mal.«
»Du hast ihn erschossen?«
»Wir kämpften um die Pistole, ein Schuß löste sich, und Hal klappte einfach in sich zusammen.«
Trotz Conners nüchterner Ausdrucksweise konnte Case die Schatten von altem Zorn und Grauen in den grünen Augen des Jungen erkennen.
»Danach habe ich versucht, ein schlechtes Gewissen zu haben«, fügte Conner leise hinzu. »Aber ich habe mich weitaus elender gefühlt, als ich einmal einen Mustang erschießen mußte, der sich ein Bein gebrochen hatte.«
»Wie alt warst du, als Hal starb?«
»Zwölf.«
»Eine harte Art, erwachsen zu werden.«
»Ich bin erwachsen geworden, als ich neun war«, erwiderte Conner. »Danach war Sarah das einzige, was für mich wichtig war.«
»Und du bist das einzige, was ihr wichtig ist.«
»Ich und das Land. Und jetzt du.«
Case wich der versteckten Frage aus.
»Was ist mit Ute und Lola?« wollte er wissen.
»Das ist nicht das gleiche. Oh, sicher, wir kommen alle prima miteinander aus, und Ute würde bis zum letzten Atemzug für Sarah kämpfen, aber ...« Conner zuckte die Achseln. »Meine Schwester macht sich nicht solche Sorgen um die beiden, wie sie sich um mich oder dich sorgt.«
»Vielleicht sorgt sie sich um mich, aber ich glaube, sie schätzt dein Fell tausendmal mehr als meines.«
Conner zögerte einen Moment, dann zuckte er die Achseln. »Mag sein.«
Dennoch verrieten die ruhigen grünen Augen des Jungen, daß er der Ansicht war, der ältere Mann müsse sich irren.
Ich hätte gehen sollen, als ich noch die Möglichkeit dazu hatte, sagte
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