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Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)

Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)

Titel: Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Harris
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…«
    »Dann weiß ich, an wen ich mich wenden kann«, sagte Mahjoubi.

13

    Freitag, 27. August
    Ich wurde von einem ungewohnten Geräusch geweckt. Jemand klopfte an das Metallgitter oben in der Wand. Ich kletterte auf die Kisten, die inzwischen fast ganz unter Wasser standen.
    »Vianne?«
    Aber natürlich war es nicht Vianne, sondern Maya, und sie hatte eine Freundin mitgebracht. Das hätte mich hoffnungsvoll stimmen können, aber die Freundin war Rosette, die fast stumm ist, und wenn sie etwas sagt, ist es unsinniges Zeug.
    Ich bemühte mich, meine Enttäuschung nicht zu zeigen. »Maya. Hast du Vianne gesagt, dass ich hier bin?«
    Sie nickte. Rosette stand neben ihr und staunte. Ihre Augen waren so groß und rund wie die Sammelteller in der Kirche. Durch das Gitter hindurch erinnerten die beiden Mädchen an zwei Katzen, die in einem Comic einer großen Maus auflauern.
    »Warum hast du Vianne dann nicht mitgebracht?«
    Sie verzog das Gesicht. »Du schuldest mir noch zwei Wünsche.«
    Am liebsten hätte ich sie angeschrien, aber ich unterdrückte den Impuls. »Weißt du, Maya, ich kann dir deine Wünsche viel besser erfüllen, wenn ich nicht hier unten eingesperrt bin.«
    Die Mädchen schauten einander an. Maya flüsterte Rosette etwas ins Ohr. Rosette flüsterte zurück, glucksend und kichernd. Dann wandten sie sich wieder mir zu.
    »Mein zweiter Wunsch ist, dass du die Katze zurückbringst«, verkündete Maya.
    »Welche Katze, um Himmels willen?«
    »Du weißt doch, die Katze, die immer zu uns kommt. Unsere Hazi.«
    »Maya, Hazi ist eine Katze«, sagte ich. »Woher soll ich wissen, wo sie ist?«
    Maya blickte ernst durch das Gitter. »Du hast gemacht, dass es meinem jiddo bessergeht«, sagte sie. »Aber er ist immer noch traurig – wegen der Katze. Kannst du also bitte Hazi zurückbringen? Dann lassen wir dich frei.«
    Père, ich hätte sie erwürgen können! Es war, als würde ich mit Henriette Moisson reden. In meiner Verzweiflung jaulte ich laut auf, und die zwei Kätzchengesichter fuhren zurück, als wäre ein Hund auf sie losgegangen.
    »Maya … Rosette … Es tut mir leid«, stammelte ich. »Aber ich muss hier raus!«
    Maya kam wieder näher, ihre Miene immer noch skeptisch. »Erst wenn du mir meinen Wunsch erfüllst.«
    Es gibt nichts Vergeblicheres, als mit einer Fünfjährigen zu verhandeln, zumal durch ein Metallgitter, das nicht viel größer ist als ein Briefkastenschlitz. Ich ging zurück zu meinem Platz auf den Treppenstufen – drei sind jetzt überflutet – und gab mir größte Mühe, nicht in Selbstmitleid zu versinken. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis jemand von Mayas neuem Spiel erfährt und den Dschinn sehen möchte. Bis dahin muss ich mich in Geduld üben und versuchen, einen Sinn in dieser absurden Situation zu finden. In einer Woche blicke ich hoffentlich auf das alles zurück und kann über die ganzen Missverständnisse lachen. Noch sehe ich allerdings kein Licht am Ende des Tunnels. Und das Wasser steigt, nicht so schnell, dass es eine ernsthafte Bedrohung darstellt, aber doch schnell genug, um meine Nerven zu strapazieren. Selbst wenn ich hier nicht ertrinke, mon père, hole ich mir unter Garantie eine Lungenentzündung. Ist es das, was mein Gott mit mir vorhat?
    Wieder ertönt der Gebetsruf. Allahu akbar. Unter der Erde hat dieser Ruf einen seltsamen Widerhall. Ich sitze in einer Muschelschale fest, um mich herum das Rauschen der Brandung. Die Stimmen des Alltags schwappen über mich hinweg, als wäre ich Strandgut. Und durch das Gitter dringt Licht, helles, festliches Licht, das tanzt und blinkt wie hundert Glühwürmchen. Der Wind hat nachgelassen. Der Regen ebenfalls. Vielleicht hat sich der Schwarze Autan endlich verabschiedet.
    Allahu akbar. Der Klang der Muschel ist gewaltig, die Stimme so beharrlich wie die Erinnerung. Ich muss an die riesige Düne denken, die große weiße Düne bei Arcachon, wo wir immer hingefahren sind, als ich noch klein war. Wie geblendet bin ich zum Meer gerannt. Endlos dann der Weg zurück auf den Gipfel der Düne. In der Sonne sah der Sand aus wie gehämmerte Bronze, und beim Klettern rötete sich mein Nacken.
    Und nun kommt mir zum ersten Mal der Gedanke, dass ich hier unten sterben könnte – allein, vergessen, unerwünscht. Wer würde mich vermissen, wenn ich nicht mehr da bin? Ich habe keine Familie, keine Freunde. Meine Mutter, die Kirche, mag Père Henri lieber als mich. Niemand wird groß nach mir suchen. Und wer würde um Reynaud

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