Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)
Maya. Das darfst du nicht. Omi nicht und auch nicht jiddo, deinem Großvater. Wir behalten es ganz für uns, einverstanden?«
»Nicht mal Du’a darf ich es sagen? Sie ist meine beste Freundin.«
Wieder schüttelte ich den Kopf. »Nein, du darfst es keinem sagen. Alyssa ist hier bei mir. Sie will nicht, dass jemand es weiß.«
»Warum nicht?«
»Das will sie auch keinem sagen.«
»Ach so.« Maya überlegte kurz. »Kann ich auch hier bei dir wohnen?«
»Ich glaube, das ist keine gute Idee. Du kannst immer hierherkommen, wenn du Lust hast. Du darfst nur keinem was von Alyssa sagen. Und wenn du ganz, ganz brav bist …«
Sie kam ins Haus. »Was machst du?«
Ich sagte es ihr.
»Oh! Kann ich probieren?«
»Ja, klar, wenn alles fertig ist. Du und Rosette, ihr könnt die Etiketten auf die Gläser kleben. Möchtest du?«
»Kann Du’a auch kommen? Sie ist älter als ich. Sie kann auch schon ein Geheimnis für sich behalten.«
Ich seufzte. So langsam wurde die Sache kompliziert. Aber Maya ist erst fünf, und vielleicht kann Du’a ja dafür sorgen, dass sie wirklich stillhält. Außerdem will ich die Tochter von Inès Bencharki sehr gern kennenlernen, um vielleicht auf die Weise etwas über ihre Mutter zu erfahren.
»Wo ist Du’a jetzt?«, fragte ich Maya.
»Zu Hause, bei ihrer Mutter, sie hilft ihr in der Küche. Sie kommt nur raus, wenn ihre Mutter schläft.«
»Wo wohnen sie?«
»Bei Sonia natürlich! Aber amma sagt, ich kann da nicht spielen. Deshalb spielen Du’a und ich immer woanders. Wir haben einen ganz besonderen Platz …« Sie unterbrach sich. »Aber das ist unser Geheimnis.«
Während wir redeten, war Alyssa heruntergekommen und saß jetzt auf der Treppe. Ganz still, die Arme um die Knie geschlungen, das blasse Gesicht angespannt.
»Ich verrat’s keinem, dass du hier bist, Alyssa, versprochen«, sagte Maya.
Alyssa zögerte kurz, aber dann entspannte sie sich ein bisschen. »Gut, ich glaub’s dir. Wie geht’s den anderen?«
Maya zuckte die Achseln. »Okay. Aber alle suchen dich. Mein jiddo und mein Onkel Saïd reden überhaupt nicht mehr miteinander. Omi sagt, sie sind beide furchtbar. Und für heute Abend macht Omi Tamina-Kuchen. Sie sagst, es ist okay, wenn man ihn probiert, weil man ja wissen muss, ob er fertig ist. Aber mein jiddo sagt, sie probiert ihn viel zu oft. Die Hälfte ist schon weg.«
Ich lächelte, weil ich mir die Szene gut vorstellen konnte. Ob es bei dem Streit zwischen dem alten Mahjoubi und Saïd wohl darum ging, wer in der Moschee das Sagen hat? Omi hat ja auch schon angedeutet, dass es zwischen den beiden Spannungen gibt. Es ist wirklich eine Ironie des Schicksals, dass Reynaud und der alte Mahjoubi letztlich in der gleichen Situation stecken: verdrängt von einem jüngeren Mann, der aufgeschlossener ist für neue Ideen.
Das sagte ich auch zu Alyssa, als Maya weg war. Sie wirkte überrascht.
»Glauben Sie das wirklich? Aber es stimmt nicht. Mein Großvater ist gar nicht das Problem. Er findet, dass wir nicht zurück ins Mittelalter sollen. Er ist nicht derjenige, der mir sagt, was ich tun soll oder was ich anziehen muss oder mit wem ich befreundet sein darf. Er dreht auch nicht durch, wenn ich mit einem Jungen rede, der auf der anderen Seite des Flusses wohnt …«
Sie unterbrach sich und wandte den Blick ab.
»Macht dir dein Vater deswegen Vorschriften?«, fragte ich sie.
Sie zuckte kurz mit den Achseln, wie junge Mädchen das gern tun. »Keine Ahnung.«
Ich sagte nichts mehr. Das war doch immerhin schon ein kleiner Fortschritt. Ich widmete mich jetzt wieder meinem Kupfertopf mit der Pfirsichmarmelade und dem wunderbaren Herbstgeruch. Pfirsiche sind vielleicht das Obst, das sich am allerbesten für Marmelade eignet: süß, aber fest, und das Gold des Fruchtfleischs verwandelt sich beim Kochen in ein wunderschönes dunkles Orange. Bei meiner Methode bleiben die Obststücke intakt und behalten ihr ganzes Aroma. Heute lassen wir die Mischung aus Pfirsichen und Zucker ja nur ziehen, bedeckt mit einem Musselintuch. Und morgen kochen wir alles, aber nur ein paar Minuten, wie gesagt, bevor wir es dann in saubere Gläser füllen für den Winter.
Das Ritual des Marmeladekochens hat etwas Beruhigendes und Tröstliches. Man denkt dabei an Vorratskeller, an fein säuberlich auf den Regalen aufgereihte Marmeladengläser. Man denkt an Wintervormittage und an Schalen mit chocolat au lait, an dicke, frisch geschnittene Brotscheiben, man denkt an die Pfirsichmarmelade vom
Weitere Kostenlose Bücher