Himmlische Versuchung - Engelsjägerin #1 (German Edition)
Stirn glühte heiß. Das konnte nur ein schlechtes Zeichen sein. Ich streckte ihn lang auf dem Boden aus, als mir am Bund seiner Hose etwas auffiel. Dort befand sich eine nässende Stelle. Die Haut war an den Kanten dunkelrot verfärbt. Als ich mein Gesicht weiter hinabbeugte, roch es nach verfaultem Fleisch. Hektisch zog ich am Bund der Hose und erkannte, dass die Wunde noch sehr viel größer war. Warum hatte er nichts gesagt?
Es half nichts, ich würde ihm die Hose ausziehen müssen, um mir die Verletzung genauer ansehen zu können. Ich öffnete den Gürtel und verbot mir gleichzeitig darüber nachzudenken, wie das Schauspiel für Außenstehende wohl aussehen könnte. Geschweige denn, für diesen sturen Engel, sollte er jemals wieder zu sich kommen. Der Reißverschluss klemmte ein wenig, doch dann hatte ich es geschafft.
Erst, als ich ihm die Hose bis auf die Knie heruntergezogen hatte, erkannte ich das ganze Ausmaß der Katastrophe. Eine tiefe Fleischwunde reichte von seinem Beckenknochen hinunter bis zum Knie. Sie begann stark zu bluten, weil ich den Jeansstoff entfernt hatte. Schmutzpartikel mischten sich mit dem Blut. Ich wusste nicht viel über Wunden, doch dass Schmutz sehr schädlich war, klang logisch. Wie sollte ich die Verletzung reinigen? Durfte ich Wasser dafür nehmen? Oder sollte ich sie lieber nur mit einem Tuch säubern?
Ich sprang auf die Füße, mein Herz hämmerte gegen die Innenseite meines Brustkorbs. Er würde an der Wunde sterben und er wollte es mir doch glatt verheimlichen. Ich sah auf ihn hinunter, und mein Bauch krampfte sich schmerzhaft zusammen. Obwohl seine Lippen bleich waren, seine Haut ungesund grau und er immer noch dreckig und blutverkrustet war, war ich sicher, dass ich niemals zuvor ein Wesen so attraktiv gefunden hatte.
Verzweifelt stürzte ich zu meinem Computer und gab »Blutung« und »Wunde reinigen« ein. Es erschienen ein paar medizinische Seiten der Menschen, die von einem Stoff namens »Antibiotikum« berichteten. Die meisten digitalen Informationen waren allerdings zerstört und die Internetseiten bauten sich nicht mehr richtig auf. Schließlich fand ich eine Seite, die über die Heilkunst aus der lang zurückliegenden Geschichte der Menschheit berichtete. Hier las ich über das einzige Mittel, das scheinbar noch übrig blieb. Ausbrennen. Ich würde etwas Metallenes zum Glühen bringen müssen und ihm auf die Wunde pressen. Nun würde sich zeigen, wie zäh er wirklich war. Doch die schwerste Aufgabe stand mir noch bevor. Ich musste es ihm sagen. Ich ging zurück und berührte vorsichtig seine nackte Schulter. Er rührte sich nicht. »Engel, wach auf, es ist wichtig.«
Wieder nichts. Stattdessen sah ich kleine Schweißperlen auf seiner Stirn. Sein körperlicher Zustand wurde von Minute zu Minute schlechter. Ich berührte seine hellen Haare, doch er zuckte nicht einmal.
Gut, dann musste ich jetzt etwas Metallenes finden, das ich zum Glühen bringen konnte. Als ich jedoch vor meiner schmalen Küchenzeile stand, löste sich mein zarter Optimismus in Wohlgefallen auf. Meine Küchenmesser waren alle zu groß für den schmalen Aggregatwandler. Ich brauchte aber mindestens eine handgroße Fläche, um genügend Fleisch auf einen Streich auszubrennen. Sonst würde es keine Quälerei, es würde reine Folter werden. Was machte ich bloß? Vor lauter Nervosität rannte ich hektisch durchs Zimmer. Als ich kurz ins Bad schielte, lag der Engel auf dem Boden und atmete flach. Ich drehte erneut ein paar kopflose Runden in meinem Zimmer, während ich mich wieder Mal fragte, warum ich das alles getan hatte. Und nun wollte ich ihm helfen und mir fehlte das passende Werkzeug. Bei dem Stichwort »Werkzeug« blieb ich abrupt stehen. Der Hausmeister. Er hatte bestimmt eine Feuerquelle, denn er dichtete regelmäßig das Gebäude mit Teer gegen den gefährlichen Regen ab.
»Bin gleich wieder da, halte durch«, rief ich Levian zu und stürzte aus der Wohnung. Hoffentlich war der Hausmeister in seinem Büro. Ungeduldig drückte ich immer wieder den Knopf des Aufzugs, bis endlich ein Signal ertönte und die schweren Türen sich öffneten.
Das Büro des Hausmeisters lag am Ende eines spärlich beleuchteten Ganges neben den Werkstätten und einem Materiallager. Ich schubste die nur angelehnte Tür auf und begann schon zu sprechen, als ich eine schemenhafte Gestalt hinter einem niedrigen Schreibtisch klemmen sah. Als meine Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, wünschte ich mir,
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