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Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Titel: Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Quarch
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wir nicht, wie bald das, was damals Ahnung und Hoffnung war, Wirklichkeit werden sollte. Wie hätten wir ahnen können, dass du so früh diese Welt verlassen musstest – dass du so bald die Menschen, die dich lieben, zurücklassen musstest?
    Doch genauso ist es gekommen. Ich habe um dich geweint, ich habe mit dem Schicksal gehadert, ich habe den Schmerz deiner Liebsten geteilt. Was für eine Scheiße! Dein Tod war so unnötig und sinnlos, wie er unnötiger und sinnloser nicht sein könnte. Und trotzdem wurde er zur wichtigsten Lektion meines Lebens. Denn aus der jugendlichen Ahnung wurde eine Gewissheit: Die Liebe, die uns verbindet, die einst unseren Draht zum Glühen brachte – sie besteht fort. Sie ist stärker als der Tod. Mein Herz weiß es, auch wenn mein Intellekt dafür zuweilen wenig Verständnis aufbringt. Dieser Draht, er glüht noch immer. Und er wird immer glühen.
    Doch die Angst vor dem Tod ist mächtig. Und immer dann, wenn das Meer der Liebe mich zurückspült an den Strand meines nüchternen Ego,kehren auch die Zweifel zurück. Dann frage ich mich, ob es nicht doch stimmt, dass unsere Liebe keineswegs ewig ist, sondern nur ein Tanz der Hormone und Endorphine war, genauso flüchtig wie dein leibliches Leben. Dann tue ich das, was alle anderen auch tun: Ich suche anderswo Halt und Trost – in materiellen Dingen, in religiösen Verheißungen, in neuen Partnerschaften und Gemeinschaften. Doch das Wissen des Herzens kehrt so nicht zurück. Die Ahnung der Unsterblichkeit, dieser Geschmack der Ewigkeit – sie scheinen in einem solchen Moment für immer verloren.
    „Nicht doch“, spüre ich dich sagen. „Nicht doch“, spricht mein Herz zu mir. „Nein“, tönt es in mir, „sie sind nur so lange verloren, wie du nicht in der Liebe bist. Denn was du schon ahntest, als du das erste Mal in die Liebe fielst, wird dich immer wieder erfüllen, wenn du in der Liebe bleibst: das Wissen, die Ahnung deiner Seele, dass sie unsterblich ist; dass die Liebe niemals endet; dass sie mit allem verbunden ist – in einer Einheit jenseits von Zeit und Raum.“
    Du starbst in einer Vollmondnacht im Dezember. Du warst keine 40 Jahre alt. Dein Tod kam unerwartet, tragisch, unfassbar. Das neue Jahr zog herauf, und eine große Gemeinde hatte sich zur Trauerfeier versammelt, um Abschied von dir zu nehmen. Der Schock über deinen Tod lag spürbar in der Luft. Die Menschen waren bewegt, berührt, erschüttert. Die Pastorin rang mit den Tränen. Sie machte aus ihrem Schmerz keinen Hehl. Es war ein echter Schmerz, der vor Liebe bebte. Und alle, die in dieser Friedhofskapelle versammelt saßen, spürten dieses Beben in sich. Es war, als ergieße sich eine Woge der Liebe durch den Raum, und mitten in ihr warst du. Ohne Zweifel. Niemand, der später nicht gesagt hätte: „Sie war bei uns.“ Du warst spürbar da – spürbar für alle, die ihr Herz berühren ließen, die sich geöffnet hatten für die Präsenz der Liebe. Für dich.
    Auch wenn es mir noch immer Tränen in die Augen treibt, diese Erfahrung verdanke ich dir. Und nur ihretwegen getraue ich mich, zu anderen von der Liebe zu reden. Denn seither habe ich einen ganz neuen Blick auf die Liebe gewonnen. Seither verstehe ich, was die Alten meinten, als sie sagten, die Liebe öffne das Tor zum Jenseits. Seither weiß ich, wiewahr dieses Gefühl unserer einstigen Verliebtheit war – dieses Gefühl, unsere Liebe währe ewig. Ja, es ist so: Die Liebe schmeckt nach Ewigkeit. Sie lässt uns Unsterblichkeit ahnen. Wir brauchen dafür keine Erleuchtungserlebnisse oder Nahtod-Erfahrungen; wir müssen auch nicht in langjähriger Meditationspraxis unser Ego abstreifen. Wir brauchen allein ein offenes Herz – ein Herz, so offen, wie es damals war, als wir im Taumel der ersten Leidenschaft sagten: „Ich liebe dich für immer und ewig“; so offen, wie es an deinem Grab war, als es wusste, dass unsere Verbundenheit auch über diese Schwelle hinweg Bestand haben würde.
    Solange diese Ahnung von Ewigkeit und Unsterblichkeit mein Bewusstsein durchdringt, erscheint mir das Leben wie ein Fest. Dann bin ich mutiger, gelassener, heiterer. Dann kann ich leichter Ja sagen zum Leben – und zum Tod. Danke, meine Liebe, danke.

Hier und Jetzt
Sei gegenwärtig. Tauche mit deiner
Aufmerksamkeit immer tiefer ins
Jetzt ein. Das bleibt der Schlüssel,
ganz gleich ob du allein lebst oder mit
einem Partner. Damit die Liebe sich
entfalten kann, muss das Licht deiner
Gegenwärtigkeit stark genug

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